va-reihe zum treffen ehemaliger igfarben-zwangsarbeiter in ffm

erstellt von holde maid — zuletzt geändert 2007-10-07T04:21:27+02:00
<p>bekannterweise haben sich im letzten jahr die ig farben i.a. in aller stille aufgelöst. die ig farben waren in den 30er jahren der größte chemiekonzern der welt und zugleich der größte konzern in deutschland. ihr großes aber unvollendetes projekt war die errichtung einer monströsen firma für künstlichen gummi, sogenannten buna, im dorf monowitz nahe auschwitz.
dazu verpflichtete sie zwangsarbeiter aus dem größten arbeits- und vernichtungslager, eben auschwitz. beim versuchten bau der fabrik wurden zwischen 25- bis 30.000 häftlinge ermordet. teilweise nahmen die manager der ig farben selbst die selektionen vor und schickten sogenannte arbeitsunfähige direkt ins gas.

nach dem alliierten sieg über deutschland stand die leitung der ig farben in einem der nürnberger prozesse vor gericht, von 23 angeklagten wurden nur 13 zu haftstrafen verurteilt und bereits 1951 wieder freigelassen. im anschluss konnten sie ihre karriere als aufsichtsräte oder berater von flick und adenauer ungebrochen fortsetzen.

der konzern selbst wurde in seine einzelbestandteile - basf, bayer, höchst etc. - zerlegt und die ig farben i.a. gegründet, die für die regelung von offenen vermögensfragen zuständig sein sollte.

die eingesetzten liquidatoren verschleppten die auflösung jahr um jahr, um noch ausstehends geld aus osteuropa heranzuschaffen. die gesamte geschichte der proteste gegen ig farben könnt ihr unter www.kritischeaktionaere.de nachlesen.

im letzten jahr erklärten sich die ig farben offiziell für aufgelöst, betreiben allerdings immer versuche, weiter an hunderte millionen euro zu kommen, die seit 1945 bei der schweizer bank ubs gelagert sind, perfiderweise über die tochterfirma einer stiftung, die zur entschädigung der zwangsarbeiter gedacht war, die zum großteil nie einen müden cent gesehen haben.

die wenigen noch lebenden zwangsarbeiter, mittlerweile über die ganze welt verstreut, wurden jetzt vom fritz-bauer-institut und der initiative studierender im ig farben-gebäude zu einem zweiten und vermutlich letzten treffen nach frankfurt eingeladen. über 80 ehemalige werden ende märz zusammenkommen, um sich auszutauschen und ihre erfahrungen weiterzugeben.

die universität, die seit mehreren jahren in der ehemaligen verwaltungszentrale der ig farben residiert, kann sich an ihr einstmals gegebenes versprechen, ein solches treffen zu organisieren, leider nicht mehr erinnern. dieses "vergessen" steht in einer linie der offiziellen uni-politik, die stets ihre verantwortung vor der geschichte zurückweist und immer nur auf druck von außen bereit war, zugeständnisse zu machen. so wurde nur nach langem hin und her und auf initiative der überlebenden eine gedenktafel angebracht, die auf die aktive teilnahme der vormaligen hausbewohner an der judenvernichtung und zwangsarbeiterbeschäftigung hinweist.

im vorfeld des treffens werden von der initiative und der sinistra! gemeinsam drei veranstaltungen organisiert, die eine kritische einordnung ermöglichen

Deutschland spricht sich frei - Über "Vergangenheitsbewältigung" und Entschädigungsverweigerung

Vom 24.-28. März organisieren das Fritz Bauer Institut und die Initiative Studierender im IG Farben-Gebäude ein Treffen ehemaliger Häftlinge des seitens der IG Farben betriebenen KZ`s Buna-Monowitz. Hier sollen vor allem die Überlebenden Gelegenheit erhalten sich untereinander zu begegnen und auszutauschen, aber auch ihre Erfahrungen in Form von Zeitzeugengesprächen an nachfolgende Generationen zu vermitteln.

Bereits im Vorfeld finden drei Diskussionsveranstaltungen statt, die verschiedene inhaltliche Aspekte des Themenkomplexes näher beleuchten sollen.

9. März 2004 | 19:30 Uhr | KoZ (Uni-Campus Bockenheim)
Klaus Körner (Konkret Verlag): Zwangsarbeit und Entschädigung in Deutschland - Von Norbert Wollheim bis zur Entschädigungsdebatte

Der Publizist Klaus Körner (Hamburg) wird über die (Nicht-) Entschädigung der ehemaligen Zwangs- und SklavenarbeiterInnen berichten, die seit ihren Anfängen in den 50er Jahren von Zahlungsverweigerung und Schuldabwehr gekennzeichnet war. Die auf der deutschen Seite stets präsente Schlussstrichmentalität gipfelte in der 1999 - erst nach massivem Druck von außen - beschlossenen Einrichtung der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", die die wenigen Überlebenden mit geringfügigen Almosen abspeist, während allein die Summe der immer noch nicht ausbezahlten Löhne 90 Milliarden Euro beträgt, ganz zu schweigen von anderen aus der Zwangsarbeit resultierenden Schadensersatzansprüchen.

16. März 2004 | 19:30 Uhr | KoZ (Uni-Campus Bockenheim)
Katharina Hamann/Jochen Faun (Phase 2): Nach dem Schlussstrich - Vergangenheitspolitik in der Berliner Republik

Katharina Hamann und Jochen Faun (Berlin) werden sich der Frage nach dem gegenwärtigen Umgang mit dem Nationalsozialismus widmen und untersuchen - unter anderem am Beispiel der Entschädigungsdebatte - die Restrukturierung der Nation in der Berliner Republik.

Die systematische Verdrängung der Erfahrungen der NS-Opfer geht hierbei mit der gleichzeitigen Etablierung eines zivilgesellschaftlichen Betroffenheitsdiskurses einher, der mittels eines (Teil-) Eingeständnisses der Schuld die Schrecken der Vergangenheit ein für alle Mal vergessen machen will,wenn die NS-Täterschaft nicht wie im Falle Ex-Jugoslawiens gleich zur Legitimation neuer Kriege dient.

18. März 2004 | 19:30 Uhr | KoZ (Uni-Campus Bockenheim)
Dorothee Wein/Tobias Ebbrecht (gruppe offene rechnungen): Deutsche Entschädigungsverweigerung am Beispiel der IG Farben

Letztes Jahr ging der einstige Chemieriese IG Farben - Betreiber des werkseigenen KZ Buna-Monowitz (Auschwitz III) und Beteiligter der Zyklon B-Produktion - still und heimlich endgültig pleite. Nach 58 Jahren "in Abwicklung" , die genutzt wurden um verbliebene Vermögenswerte an Tochterfirmen zu verschieben und an RentnerInnen und AktionärInnen - nichts jedoch an ehemalige Zwangsarbeiter - auszuzahlen, war dies der Schlusspunkt einer langen und leider "erfolgreichen" Geschichte der Verhöhnung der Opfer, denen nun jede Aussicht auf Entschädigung genommen scheint.

Dorothee Wein und Tobias Ebbrecht (Berlin) zeichnen die Geschichte der Entschädigungsverweigerung in Deutschland am Beispiel der Nachkriegsgeschichte der IG Farben nach.

veranstaltet von der Initiative Studierender im IG Farben-Gebäude und sinistra!

unterstützt vom Asta der Uni Frankfurt und dem Asta der FH Frankfurt

Homepage:: www.copyriot.com/sinistra