Ärzte wenden sich gegen traumatisierende Abschiebungsversuche

erstellt von IPPNW — zuletzt geändert 2017-05-09T18:09:41+01:00
Die Ärzteorganisation IPPNW verurteilt die Verletzungen von Grundrechten wie das Recht auf Leben und die körperliche Unversehrtheit sowie den Schutz der Familie.

In den letzten Wochen haben Abschiebungsversuche in Bayern zu massiven Verletzungen der seelischen Gesundheit bei den betroffenen Familien geführt. Mehrfach mussten laut der Bayrischen Ärzteinitiative für Flüchtlingsrechte Kleinkinder kinder- und jugendpsychiatrisch behandelt werden, weil sie durch Versuche der bayerischen Behörden, ihre Familien abzuschieben, massiv traumatisiert wurden.

Besonders dramatisch ist der Fall der kleinen I., deren albanische Familie am 21. März 2017 unangekündigt aus der Aufnahme- und Rückführungseinrichtung Manching abgeschoben werden sollte. Dabei erlitt die Mutter einen Zusammenbruch. Sie befürchtet, in ihrer Heimat Opfer von Blutrache zu werden. Dem Vater und dem 14jährigen Bruder, die ihr zur Hilfe eilten, wurden Hand- und Fußfesseln angelegt. Die Abschiebung scheiterte, und die Mutter musste über vier Wochen in der geschlossenen Psychiatrie behandelt werden. Die knapp zweijährige Tochter I. Reagierte auf dieses Erlebnis mit Nahrungsverweigerung und selbstverletzendem Verhalten. Die konsultierte Kinder- und Jugendpsychiaterin veranlasste eine stationäre Behandlung im Kinderzentrum München, sie sah das Kind ohne Therapie als vital gefährdet an. Am 12. April 2017 veranlasste die Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern erneut die Abschiebung der Familie - dieses Mal ohne die Mutter. Das vom Vater vorgelegte Attest wurde von den Polizisten ignoriert, erst ein Flughafenarzt in Frankfurt stoppte die Abschiebung.

Anfang März war ein 32-jähriger suizidgefährdete Mann aus dem Kosovo, der wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung an der Uni-Klinik Gießen in Behandlung war, in das Landratsamt des Wetteraukreises gelockt worden, um ihn von dort aus abzuschieben. Der Chefarzt der Uni-Psychiatrie in Gießen, Professor Bernd Gallhofer, versuchte vergeblich, die Abschiebung seines schwer traumatisierten Patienten per Eilantrag und Verfassungsbeschwerde zu verhindern. Der Landrat stellte daraufhin wegen angeblicher Beihilfe zum Verstoß gegen das Abschiebegesetz Strafanzeige gegen Professor Gallhofer. Im gleichen Landkreis wurde Im November letzten Jahres eine 16-jährige Schülerin direkt aus dem Unterricht von zwei Polizisten abgeholt und mit ihrer Mutter, Angehörige der Minderheit der Roma, nach Serbien abgeschoben.

Mit diesem unmenschlichen Vorgehen verletzen die Ausländerbehörden Grundrechte wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie den Schutz der Familie. Die bayrische Ärzteinitiative für Flüchtlinge hat wegen des Falles der albanischen Familie Dienst­aufsichtsbeschwerde gegen die verantwortlichen Mitarbeiter der Zentralen Ausländerbehörde Oberbayern gestellt.

Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), PM 9.5.2017

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