Attac wieder gemeinnützig

erstellt von Doña Carmen e.V. — zuletzt geändert 2016-11-11T12:42:08+01:00
Frankfurter Finanzamt kassiert Niederlage vor Hessischen Finanzgericht.

Der Verein Dona Carmen begrüßt das Urteil des Hessischen Finanzgerichts, das dem Verein Attac die Gemeinnützigkeit wieder zuerkannt hat. Damit sind die haltlosen Anschuldigungen des Frankfurter Finanzamts, Attac handle aufgrund seines politischen Engagement außerhalb der gemeinnützigen Zwecke gemäß Abgabenordnung Paragraf 52, gegenstandslos.

Dona Carmen erwartet, dass infolge des heutigen Kasseler Urteils auch die seit über einem Jahr bestehende Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Dona Carmen umgehend aufgehoben wird. Dona Carmen wird seine legitimen gemeinnützigen Ziele einer rechtlichen Enddiskriminierung von Sexarbeit auch weiterhin mit politischen Mitteln verfolgen.

DONA CARMEN E.V. , PM 10.11.2016

 

Pressemitteilung vom 8.11.2016:

Kasseler ATTAC-Prozess: „Gebt uns unser Recht zurück!“

Anerkennung der Gemeinnützigkeit!

Protest gegen die Behinderung zivilgesellschaftlichen Engagements

Den Vereinen ATTAC Deutschland e.V. und Doña Carmen e.V. ist seit geraumer Zeit mit windigen Begründungen vom Frankfurter Finanzamt der Status der Gemeinnützigkeit entzogen worden. Doña Carmen e.V. begrüßt daher die Klage von ATTAC gegen das fragwürdige Gebaren der Frankfurter Finanzbehörde! Die Verhandlung ist am 10.11.2016 vor dem Hessischen Finanzgerichtshof in Kassel.

Der plötzliche Entzug einer zuvor jahrelang gewährten Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist unverkennbar eine politisch motivierte Behinderung kritischen zivilgesellschaftlichen Engagements. Das ist schändlich! Diese Praxis der Einschüchterung - sollte sie Schule machen - hat Duckmäusertum und eine nachhaltige Beschädigung der politischen Kultur in Deutschland zur Folge.

 

Frankfurter Finanzbehörde: Schlimmer als Putin!

Das Frankfurter Finanzamt begründet seine Ablehnung der Gemeinnützigkeit im Falle von ATTAC damit, dass dieser Verein „auf die politische Willensbildung und die Wirtschaft einzuwirken beabsichtigt“, noch schlimmer, dass er „versucht, die Meinungsbildung in der Gesellschaft und damit die von staatlichen Organen zu treffenden Entscheidungen (z.B. Abschluss internationaler Verträge, Finanz- und Steuerpolitik) mit einer bestimmten Zielsetzung zu beeinflussen.“ Ungeheuerlich! Was für eine Anmaßung von ATTAC!

Das Frankfurter Finanzamt hat bei seinen Recherchen herausgefunden, dass die Aktivitäten von ATTAC „auch auf das politische Geschehen und die staatliche Willensbildung gerichtet“ sind. Unglaublich! Das kann doch nicht ‚gemeinnützig‘ sein! Meint die Behörde. Man hat sogar herausgefunden, dass ATTAC seine politischen Forderungen „im Rahmen von öffentlichkeitswirksamen Aktionen (z. B. Blockupy) an die politischen Entscheidungsträger transportiert“ und – als wäre all das nicht schon genug – dazu auch noch „Unterschriftenaktionen“ durchführt! Damit – so die Finanzbehörde – sei der „Rahmen der gemeinnützigkeitsrechtlich zulässigen politischen Betätigung“ weit überschritten.

Der Gipfel ist: ATTAC sieht sich als „Teil einer neuen sozialen Bewegung“ und als „Gegenmacht zu den Kräften des globalen Marktes“. Das geht ja gar nicht!

(alle Zitate aus dem Schreiben des Frankfurter Finanzamts an ATTAC vom 25.01.2016)

 

Auf dem Weg in den autoritären Obrigkeitsstaat

Die Frankfurter Finanzbehörde zieht mit dieser abstrusen Position nicht nur gegen ATTAC zu Felde. Als nächstes ist der Verein Doña Carmen dran. Weitere bislang noch als ‚gemeinnützig‘ anerkannte Organisationen werden folgen, nicht nur in Frankfurt, sondern in der ganzen Republik, wenn diese Sicht der Dinge Schule macht.

In Russland würde Herr Putin vor Neid erblassen, wenn er erfahren würde, mit welchem Eifer und welcher Akribie man hier kritischen NGOs das Leben schwer macht. Sicherlich auch ein interessanter Exportschlager für die politische Klasse in China und der Türkei!

Mit ihrem vorsintflutlichen Politik-Verständnis will die Frankfurter Finanzbehörde offenbar dazu beitragen, dass die politische Elite in Zukunft vor Kritik und Protest verschont bleibt. Offenbar will man dem Volk nicht mehr aufs Maul schauen, sondern als hermetisch abgeriegelte politische Kaste vor den „Zumutungen“ sozialer Bewegungen bewahrt bleiben. Vorsorglich werden kritische NGOs mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit schikaniert.

So presst man Bürger/innen in das Korsett des braven Untertanen und eilt mit Siebenmeilenstiefeln in den autoritären Obrigkeitsstaat.

Recht und Gesetz bleiben dabei schon mal auf der Strecke. So konstruiert die Frankfurter Finanzbehörde einen künstlichen Gegensatz zwischen ‚politischer Betätigung‘ und ‚gemeinnütziger Zweckverfolgung‘ – ein Gegensatz, den es so im Gesetzeswortlaut des § 52 der einschlägigen „Abgabenordnung“ überhaupt nicht gibt! Aber der Zweck heiligt ja die Mittel.

 

Das Beispiel Doña Carmen

Mehrfach wurde dem Verein Doña Carmen in den Jahren seit 1998 von der Frankfurter Finanzbehörde die Gemeinnützigkeit bestätigt. Nach 18 Jahren stellt man plötzlich fest, unsere Vereinsatzung sei „fehlerhaft“! Doña Carmen „unterstützt und fördert Aktivitäten, die sich gegen die Diskriminierung von Prostituierten wenden“ – so steht es in unserer Satzung.

Jetzt wirft uns das Finanzamt die „Unterstützung der Frauen aus der Prostitution in steuerlichen Fragen“ (!), das „Eintreten für die Anerkennung von Prostitution“ (!) und das „Anbieten von Bordellführungen“ (!) vor. Angeblich soll all das plötzlich unserer Vereinssatzung und der Abgabenordnung widersprechen. Unglaublich! Solche konstruierten Vorwürfe wären vor 10 Jahren noch undenkbar gewesen.

So wird aus der ‚Gemeinnützigkeit‘ ein reaktionärer politischer Kampfbegriff gegen regierungskritisches zivilgesellschaftliches Engagement!

Doña Carmen e.V. fordert deshalb:

Eindeutige Klarstellung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung: Der Abschnitt „AEAO zu § 52, Absatz 15“ muss dringend überarbeitet werden!

Rücknahme der Aberkennung der ‚Gemeinnützigkeit‘ bei ATTAC, Doña Carmen e.V. und allen anderen Betroffenen!

Schluss mit der Behinderung des Eintretens für die Rechte von Sexarbeiter/innen!

Freie politische Betätigung - keine Behinderung des kritischen zivilgesellschaftlichen Engagements von NGOs!

DONA CARMEN E.V., PM, 8.11.2016