Die Vonovia ist ihrer Größe nicht gewachsen

Zur heute veröffentlichten Jahresbilanz 2017 der Vonovia SE erklärt Knut Unger, Plattform kritischer Mieteraktionär*innen und MieterInnenverein Witten:

- Der Vonovia-Vorstand plant eine Dividendensteigerung um 18 %, obwohl das Ergebnis vor Steuern nur um 3,8 %  verbessert wurde. Das um die bilanziellen Bewertungsgewinne der Immobilien (3,4 Mrd. €) bereinigte Ergebnis vor Steuern sank sogar um 9 %.  Die Vonovia schüttet Gewinne auf der Grundlage von erwarteten Mieterhöhungen aus, die erst noch realisiert werden müssen.  Der Umfang der damit verbundenen systemischen Risiken für die Gesellschaft wird mit jedem Jahr größer.

- Die ständigen Käufe und Verkäufe von Immobilien und Immobilienunternehmen zeigen, dass die Wohnungen für die Vonovia ein reines Handelsgut sind, das allein nach seinen finanziellen Kennziffern bewertet wird. Das bekommen die MieterInnen anhand von Mieterhöhungen, schlechtem Service und undurchsichtigen Abrechnungen im ganzen Land zu spüren.

- Die Vonovia hat Ihre Mieten 2017 um weitere 4,2 % (Bundesindex: 1,7 %) gesteigert und ist damit der bundesweit größte Mietpreistreiber. Starke Mieterhöhungen setzt die Vonovia vor allem durch sogenannte Modernisierungen durch, die zu einem von der Vonovia systematisch unterschätzten Teil der Instandsetzung der Wohnungen dienen.

- Die Modernisierungsinvestitionen sind von 472,3 Mio. € auf 778,6 Mio. € gestiegen. Etwa 43.000 Wohnungen waren betroffen. Für die MieterInnen bedeutet das in den meisten Fällen: Jede Menge Strass und nicht akzeptable Mieterhöhungen, die nicht selten zur Verarmung, Verdrängung, Zerschlagung von Nachbarschaften und höheren Sozialleistungen führen. Die Mieterhöhungen stehen für die Mieter in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den Energiekosteneinsparungen. Die Leistungs- und Leidensfähigkeit der MieterInnen hat Grenzen, die die Vonovia überspielt.

-  Bei 43.000 Modernisierungen im Jahr wäre das im letzten Geschäftsbericht bekannt gegebene Portfolio für die Gebäudemodernisierung (125 Tsd. WE)  in zwei Jahren aufgebraucht. Dieser entscheidende Mietentreiber wäre damit ausgereizt. Die Vonovia hat deshalb im Geschäftsbericht 2017 Gebäude- und Wohnungsmodernisierungen zusammengefasst und die Anzahl auch insgesamt auf 217 Tsd. gesteigert.  Diese Rechentricks können nicht ändern, dass das Ende des  massiven Mietenwachstums durch Modernisierung nah ist.

- Die Vonovia setzt deshalb jetzt verstärkt auf gentrifizierende „Nachverdichtungen“ (2000 Neubauten geplant) , die Gründung weiterer Tochtergesellschaften mit teuren Zwangsdienstleistungen für die Mieter und die Expansion ins Ausland:  Nach dem Aufkauf von Conwert und BUWOG dominiert die Vonovia die private unternehmerische Wohnungswirtschaft in Österreich. Der nächste Schritt ist Frankreich, wo die Vonovia in Joint Venture  mit dem großen Sozialvermieter SNI eingegangen ist und auf Privatisierungen des stark regulierten Sozialbausektors spekuliert. Ohne Export ihres Geschäftsmodells reichen die Wachstumsphantasien offenbar nicht mehr aus, um die Kapitalgeber bei Laune zu halten.

- Die  Abrechnungen von Nebenkosten und Modernisierungsmieterhöhungen werden durch die zusätzlichen eigenen Töchter (z.B. Vonovia Wohnumfeld GmbH)  für die MieterInnen noch intransparenter.  Manche abgerechnete Dienste (Winter, Hauswart) finden nach Mieterbeobachtungen gar nicht statt. In den Mieterhöhungen scheinen Modernisierungskosten  überhöht. Der jeweilige Instandhaltungsaufwand wird  nicht konkret ermittelt, geschweige denn genügend berücksichtigt.

- Auf vielen Baustellen herrscht aus Mietersicht Planungschaos. Moderniserungsankündigunegn enthalten nicht ausreichend konkrete Angaben zu dem Inhalt und der Dauer der einzelnen Maßnahmen. MieterInnen erhalten Mitteilungen über belastende Baumaßnahmen mit Fristen von wenigen Tagen. Fenster werden mitten Im Winter ausgetauscht. Schreiben der Mietervereine werden nicht beantwortet. Zwischen den Baufirmen, den Vonovia-Töchtern und dem Vermieter scheint es keine ausreichende Kommunikation zu geben. Wenn Mieter konsequent ihre Recht wahrnehmen, kann die Vonovia diesen Planungsstil nicht durchhalten.

Die Vonovia ist ihrer eignen Größe nicht gewachsen. Ihre weitere Expansion wird den MieterInnen, der Gesellschaft und am Ende auch dauerhaft orientierten AktionärInnen teuer zu stehen kommen.


Knut Unger, Plattform kritischer Mieteraktionär*innen und MieterInnenverein Witten, 6.3.2018