Echzell / Wetterau: Grätsche gegen Rechtsaußen

erstellt von ANK / BI "Grätsche gegen Rechtsaussen" — zuletzt geändert 2010-08-27T11:46:16+01:00
Am kommenden Samstag, 28.8., veranstaltet ein antifaschistisches Bündnis in Echzell / Wetterau ein Festival gegen Rechtsaußen, das jegliche Unterstützung verdient. Die Anti-Nazi-Koordination Frankfurt veröffentlicht zum Hintergrund die Ergebnisse einer Recherche über die dortige Naziszene: "Echzell und seine Nazis: Patrick „Schlitzer“ Wolf, die „Old Brothers“ und eine Gaskammer als Partygag"

"Echzell, November 2009 - wieder einmal wird auf der Hofreite des Neonazis Patrick Wolf gefeiert. Mittelpunkt des Geschehens ist die sogenannte "Brausekammer", hinten im Hof des Anwesens gelegen. Hinter einer unscheinbaren Tür mit einem kleinem Drahtglasfenster ein Raum von etwa 45 qm, schmucklos, einige Tische, gemauerte Bänke mit hölzerner Sitzfläche, eine vertikale „Table Dance“-Stange. Menschen an einer L-förmigen Theke, es wird viel getrunken, leere Schnapsflaschen stehen herum. Über der Bar ist eine dünne Rohrleitung montiert, daran befestigt einige Brauseköpfe, die Leitung ist an eine Nebelmaschine aus dem Disco-Zubehör-Handel angeschlossen. Zur Erbauung der Gäste legt der Hausherr selbst Hand an: Wolf schaltet die Maschine ein, Nebel strömt aus den Brauseköpfen, Gaskammer-Atmosphäre macht sich breit. Das zentrale Angstszenario des industriellen Judenmords, die "Vergasung", wird zum Partygag.

Der Schlitzer
Patrick Wolf, der Mann an der Nebelmaschine, ist seit 2007 Eigentümer des Anwesens in der Wiesengasse 6 in Echzell, Ortsteil Gettenau.
Sein Spitzname ist „Schlitzer“, Wolf brüstet sich gerne damit, als Jugendlicher einen Migranten mit dem Messer niedergestochen zu haben. Seit vielen Jahren ist er Beobachtern der Neonazi-Szene als Aktivist bekannt. Fotos zeigen ihn als Teilnehmer eines neonazistischen Aufmarsches in Frankfurt am Main im Juli 2007, dann wieder als Gast bei „ganz normalen“ Partys im östlichen Wetteraukreis, jedoch mit Parolen auf seinem T-Shirt, mit denen er die Freilassung des bis vor kurzem inhaftierten Nazis und Auschwitzleugners Ernst Zündel fordert, dann mit dem Schriftzug „Sonnenstudio 88“ (8 für den achten Buchstaben im Alphabet, HH, „Heil Hitler“), oder mit der Parole „Schöner leben mit Naziläden". Wolf gefällt sich in der Pose des Neonazis.

Old Brothers
Die Gruppe, die sich um ihn gebildet hat, tritt unter dem Namen „Old Brothers“ auf. Beobachter gehen davon aus, daß es sich um einen harten Kern von etwa 15 Personen handelt, die durchweg der Neonazi-Szene zuzurechnen sind. Das Umfeld der Gruppe wird auf etwa 30 weitere Menschen geschätzt: Einfache Dorfjugendliche, junge Menschen aus der Auto- und Tuningszene, Männer und Frauen.

Nach eigenen Angaben hoch verschuldet, ist Wolf in einer Reihe von Geschäften mehr oder weniger erfolgreich aktiv:

- Wolf betrieb ein Tattoo-Studio in Wölfersheim, dieses zog 2008 ebenfalls in die Wiesengasse nach Echzell, die Einweihungsparty fiel beinahe auf den „Führergeburtstag“ am 20. April.

- An das Tattoo-Studio angegliedert war ein Versandhandel für Kleidung, das Angebot richtet sich speziell an Neonazis, angeboten werden T-Shirts mit Aufdrucken wie „C 18 (Combat 18, Kampf Adolf Hitler, der bewaffnete Arm des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“), „Arische Kämpfer“ oder „Hunting Season“ (Jagdsaison, mit Aufdruck einer Grafik, in der schwarze Menschen von weißen Menschen gejagt und niedergeschossen werden).

- Unter dem Namen „Old Brothers“ tritt die Gruppe um Wolf hin und wieder als Security-Dienst, z.B. bei Konzerten, auf. Hier werden auch schon mal die Personalausweise von KonzertbesucherInnen kontrolliert.

- Ein lokales Taxiunternehmen wird ebenfalls dem Milieu um Wolf zugerechnet. Regelmäßig werden Personen aus seinem unmittelbaren Umfeld und auch er selber als Fahrer zweier Mercedes-Taxis gesehen, die Fahrzeuge stehen immer dann, wenn sie nicht genutzt werden, an Wolfs Anwesen. Häufig wird der Taxi-Service wohl für einträgliche Dialyse-Fahrten gebucht, bei denen Patienten teilweise bis nach Frankfurt am Main zu ihrer medizinischen Maßnahme und wieder zurück gefahren werden.

- Wolf ist wohl auch als Hundezüchter tätig geworden: Am 17. Juli 2010 werden auf seinem Anwesen sieben Tiere sichergestellt, die von den Behörden als "mutmaßlich gefährlich" eingestuft werden und die nicht angemeldet waren. Zudem hatte Wolf wohl nur für ein Tier Steuern entrichtet. Außerdem mangelt es ihm nach Darstellung der Behörden auch an der zur Haltung dieser Tiere notwendigen Zuverlässigkeit, da er wegen Körperverletzung vorbestraft sei. Er selber versucht, die Wegnahme der Tiere zu verhindern, indem er "körperlich gegen einen Behördenmitarbeiter" vorgeht. Hier droht ihm eine Anzeige, zudem muß er ein Ordnungsgeld wegen der illegalen Tierhaltung bezahlen.

Jugendarbeit
Besonders am Herzen scheinen Wolf und den "Old Brothers" vor allem die Jugendlichen der Gemeinde und des Umlandes zu liegen. Immer wieder wird berichtet, daß junge Menschen von Wolf und seinen Gefährten zu „Kammerpartys“ (siehe oben), „Sex- und Gang-Bang-Partys“ oder anderen Events eingeladen werden. Dafür werden auch verschiedene Old Brothers-Gruppen auf dem Social Network „Wer kennt wen“ genutzt, wortreich wird beschrieben, daß man sich umeinander kümmert, aufeinander aufpaßt und auch sonst am Wohlergehen der jungen Menschen interessiert sei. Die Old Brothers präsentieren sich hier als SozialarbeiterInnen, tatsächlich jedoch sollen Jugendliche und junge Erwachsene gezielt für einen Neonazi-Lifestyle gewonnen und an die Szene gebunden werden.
Eine wichtige Rolle spielt bestimmt auch, daß Wolfs anfängliche Großzügigkeit schnell erschöpft ist, zunehmend werden seine "Gäste" für die Getränke und die Teilnahme an den Partys zur Kasse gebeten.

Übergriffe
In der Nacht vom 30. auf den 31.11.2009 werden die AnwohnerInnen der Wiesengasse gegen 01:15 Uhr aus dem Schlaf gerissen, eine Personengruppe zieht von Wolfs Anwesen ausgehend pöbelnd und Parolen schreiend durch die schmale Straße. Eine Anwohnerin öffnet ihr Fenster, bittet um Ruhe. Der Mob beschimpft die Frau, randaliert an ihrem Hoftor. Es ist zu hören, wie eine Person aus der Gruppe in ein Handy spricht und den vermeintlichen Gesprächspartner auffordert, Benzin zu besorgen, man müsse jetzt ein Haus anzünden.
Anwohner rufen die Polizei, es dauert beeindruckende 45 Minuten, bis ein Streifenwagen mit zwei BeamtInnen eintrifft. Diese werden sofort von der randalierenden Neonazi-Meute angepöbelt und beschimpft. AnwohnerInnen werden von den PolizistInnen aufgefordert, sich von den Fenstern zu entfernen und nicht weiter zu provozieren, die PolizistInnen verlassen dann die Straße, sie hielten ihre Mission wohl für erfüllt. Kaum ist der Streifenwagen verschwunden, eskaliert die Situation. Der Mob dringt in den Hof der Frau ein, die anfangs um Ruhe gebeten hatte. Ihr Mann tritt auf seinen Hof, dort wird er von vier Personen, darunter Patrick Wolf, festgehalten und zusammengeschlagen.
Während einer weiteren Party auf dem Anwesen von Wolf im Jahr 2010, pikanterweise am 8. Mai, kommt es zum vorläufigen Höhepunkt der Gewalt in der Wiesengasse. Ein Anwohner stellt fest, daß eine Überwachungskamera an seinem Haus von einem Besucher der Party in der Wiesengasse 6 verstellt wurde, er holt eine Leiter, geht zu Wolfs Haus und beginnt, sich an dessen Video-Überwachungsapparatur zu schaffen zu machen. Das war nicht klug und unbesonnen, die Reaktion ist jedoch unerwartet heftig: Die Gäste aus der Hofreite bemerken den Mann sofort, zerren ihn von der Leiter, schlagen ihn zu Boden und reißen ihm Schuhe, Hose und Unterhose herunter. Polizisten, die mit ihrem Fahrzeug wenige Meter entfernt stehen, schreiten nicht ein. Wenig später ist das Videomaterial aus Wolfs Überwachungskamera im Internet verfügbar, in Kommentaren dazu wird das Opfer des Übergriffes verhöhnt.

Gangland? National befreite Zone?
In Echzell hat sich eine Gruppe gewaltbereiter Neonazis häuslich eingerichtet, kann ungestört ihren Geschäften nachgehen, obskure Partys feiern, Jugendliche für Nazi-Lifestyle ködern und willkürlich auf NachbarInnen herumzuprügeln. Lange wurden die AnwohnerInnen, jedeR von ihnen ein mögliches Opfer, alleingelassen.
Sie haben sich mittlerweile selbst zu einer Bürgerinitiative (Grätsche gegen Rechtaußen, http://www.graetsche-gegen-rechtsaussen.de ) zusammengeschlossen, wehren sich gegen die Nazis.
Mittlerweile hat es eine Reihe von Artikeln, auch in überregionalen Zeitungen, gegeben, die die Zustände in der Wiesengasse in Echzell und die Bedrohung der Menschen thematisieren, auch der Hessische Rundfunk hat berichtet.

Echzeller, die sich in der "Grätsche gegen Rechtsaußen" zusammengeschlossen haben, informieren regelmäßig über die Situation in ihrem Ort, es gibt einen regen Austausch mit anderen Initiativen, mit Medien und mit Entscheidungsträgern in der Gemeinde und im Landkreis.
Die Echzeller haben einen Weg aus ihrer Ohnmacht gefunden.

http://antinazi.wordpress.com/2010/08/23/echzell-und-seine-nazis-patrick-schlitzer-wolf-die-old-brothers-und-eine-gaskammer-als-partygag/

Anti-Nazi-Koordination
Frankfurt am Main
http://www.antinazi.wordpress.com

Einladung zum Echzell-Festival "Gemeinsam gegen Rechtsaussen" am 28. August 2010 auf dem Sportgelände Gettenau

Vorkommnisse mit rechtsextremistischem, antisemitischem oder fremdenfeindlichem Hintergrund gehören leider zum Alltag in vielen deutschen Kommunen. Auch Echzell ist davon betroffen. Eine ultrarechte Gruppierung ist im Ortsteil Gettenau dabei, ihren Stützpunkt weiter auszubauen.

Die Bürgerinitiative GRÄTSCHE GEGEN RECHTSAUSSEN 
ist ein Zusammenschluss Echzeller Bürger, die in engem 
Schulterschluss mit den örtlichen Vereinen, den Schulen, den Kirchengemeinden, Parteien, dem Gemeindevorstand und der Kommunalverwaltung den rechtsextremen Umtrieben Einhalt gebieten will.

Die Echzeller Bürgerinitiative GRÄTSCHE GEGEN RECHTSAUSSEN 
möchte alle Echzeller Bürger gewinnen, sich hinter die Ziele unserer 
Bürgerinitiative zu stellen und wo immer möglich, sich aktiv
 zu beteiligen.

Programm:

ab 15:00 Uhr "Kicken gegen Rechtsaussen" Soccer-Turnier der C-Jugend

ab 16:00 Uhr "Sportlich gegen Rechtsaussen" familienfreundlicher Sportparcours mit viel Spaß und Action
Jedermanns-Sponsoren - Lauf - Alle Einnahmen gehen zugunsten der Jugendarbeit der BI GRÄTSCHE

"Sing, Dance and be sporty" Workshops für Jugendliche Ausstellung zum Thema "Rechtsextremismus und jede Menge Möglichkeiten, sich zu informieren und lecker zu essen. Vorstellung der Fotoaktion "Gemeinsam gegen Rechtsaussen"

ab 19:00 Uhr "Rock gegen Rechtsaussen"

ES SPIELEN LIVE:

FRÄULEIN WUNDER & HARTMANN

anschließend coole Mucke für jeden! Wir rechnen mit Eurem ZAHLREICHEN Erscheinen.

Aktiv unterstützt und gestaltet wird das Festival von:

  • · TV Gettenau
  • · SV Echzell
  • · KSV Bingenheim
  • · Skatecrew des TV Echzell
  • · Kinderlobby Echzell
  • · Koronare Sportgruppe Echzell
  • · Ev. Dekanat Nidda
  • · Katholische Gemeinde Echzell
  • · Sportkreis Wetterau
  • · Dimis Restaurant, Echzell
  • · Oliver Hartmann und Band
  • · Raum70, Silvia Loos Grafik & Design
  • · zweiplusx Werbeagentur
  • · Freaksound, Hanau


 ++++ NAZIS HABEN KEINEN ZUTRITT!
Die VeranstalterInnen behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die der rechten Szene 
zuzuordnen sind oder in der Vergangenheit durch rechte Äußerungen aufgefallen sind, den Zutritt zu verwehren (nach §6 VersG.). Desweiteren ist das Filmen und Fotographieren ohne Genehmigung untersagt.+++++


BI Grätsche gegen Rechtsaussen http://www.graetsche-gegen-rechtsaussen.de