Kampagne des BUND zum Mitspracherecht-Beschneidungsgesetz des Innenministers: Innenminister zurückpfeifen — Bürger beteiligen!

erstellt von BUND — zuletzt geändert 2011-02-06T23:42:21+01:00
Es wäre ein massiver Eingriff in unser Mitbestimmungsrecht, wenn Innenminister de Maizière seinen Willen bekäme: Nach seinem aktuellen Gesetzentwurf würde der bisher verpflichtende öffentliche Erörterungstermin bei der Planung von Großprojekten abgeschafft. Die beteiligten Behörden könnten diesen nach eigenem Ermessen durchführen oder nicht. Betroffen wären Genehmigungsverfahren für Autobahnen, Bundesstraßen, Bergbauvorhaben, Flussausbauten, neue Kanäle und Bahnstrecken auf Bundesebene: Betroffene, Anwohner, Umweltschützer würden eines ihrer wichtigsten Mitspracherechte beraubt.

Hinzu kommt, dass diese Regelung sich verbreiten würde - viele Bundesländer würden rasch nachziehen.

Dieser Gesetzesentwurf ist Ausdruck größter Ignoranz gegenüber dem Willen der Bürgerinnen und Bürger. In Entscheidungen einbezogen zu werden, mitzureden und konstruktiv an Bauprojekten mitzuwirken ist unser Recht — und so muss es bleiben!  Fordern Sie deshalb die Bundeskanzlerin auf, den Entwurf des Innenministers zu stoppen. Mehr statt weniger Bürgerbeteiligung ist das Gebot der Stunde.

Mehr Informationen und Möglichkeit den Aufruf zu unterschreiben unter http://www.bund.net/bundnet/aktiv_werden/aktionen/mehr_buergerbeteiligung/

Hintergrund: Das Mitspracherecht-Beschneidungsgesetz des Innenministers

Der korrekte Titel des Vorhabens, mit dem Innenminister de Maizière die Rechte der Bürgerinnen und Bürger einschränken will, lautet "Gesetz zur Vereinheitlichung und Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren". Hinter dieser sperrigen Bezeichnung verbirgt sich unter anderem eine einfache Sichtweise: Mitsprache ist unbequem, die Einmischung von Bürgerinnen und Bürgern unerwünscht.

Was ist geplant?

Das Gesetz regelt Genehmigungsverfahren, die für die der Bund zuständig ist. Das betrifft vor allem die Planung und Genehmigung von neuen Autobahnen, Bundesstraßen, Bergbauvorhaben, Flussausbauten, neuen Kanälen und Bahnstrecken auf Bundesebene.

Und das ist der springende Punkt in dem Gesetzesentwurf: Der öffentliche Erörterungstermin soll in das Ermessen der Genehmigungsbehörde gestellt werden („Fakultativstellung“ genannt). Dieser Erörterungstermin ist bei vielen Genehmigungsverfahren der einzige Termin, zu dem die betroffenen Bürgerinnen und Bürger direkt mit der Genehmigungsbehörde und dem Antragsteller für das Projekt fachlich diskutieren können. Dieser Termin nimmt oft mehrere Tage in Anspruch, bei großen Projekten auch mehrere Wochen. Verwaltungen sollen also entscheiden, ob Bürgerinnen und Bürger ihre Fragen stellen, ihre Bedenken anmelden, ihre Alternativen vorstellen können. Willkommen im 19 Jahrhundert.

Dieser Gesetzesentwurf ist über die Sache hinaus eine Provokation: Man muss sich schon sehr anstrengen, um zu übersehen, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht von Planungen ausgeschlossen werden wollen, die ihr Leben unmittelbar beeinflussen, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht weniger Mitspracherechte wollen, sondern mehr.

In den letzten Jahren wurde die Fakultativstellung bereits in bestimmten Einzelgesetzen erlassen. Mit dem neuen Gesetz würde diese Abschaffung des direkten Bürgerkontaktes zum Standard für alle Verfahren erklärt. Die Geisteshaltung des Innenministeriums wird in der Gesetzesbegründung deutlich: Wenn man es mit einer großen Anzahl von Einwendungen zu tun habe, der Termin nicht zur Befriedung beitragen könne, die Bürgerinnen und Bürger den Termin mit Befangenheitsanträgen „stören“ oder aus „sachfremden“ Erwägungen das Vorhaben kategorisch abgelehnt wird, sollten die Bürgerinnen und Bürger doch vor Gericht klagen. Kurz: Kritische Bürgerinnen und Bürger sind aus der Perspektive des Innenministeriums lästig.

Was ist die Konsequenz?

Würde dieses Gesetz verabschiedet, würde mit hoher wahrscheinlich immer dann, wenn bei einem Vorhaben Konflikte mit den Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu erwarten sind, die Genehmigungsbehörde auf eine Erörterung verzichten. Die Bürger könnten sich nur noch schriftlich äußern oder Protestveranstaltungen organisieren; sie würden aber nicht mehr im Genehmigungsverfahren gehört. Wird ein Vorhaben von der Genehmigungsbehörde trotz der schriftlichen Einwendungen der Bürgerinnen und Bürger bzw. anerkannten Verbände genehmigt, bliebe dann nur noch der Weg, dagegen mit hohem Kostenaufwand vor den zuständigen Gerichten zu klagen.
Sollte das Gesetz verabschiedet werden, besteht die Gefahr, dass die Bundesländer nachziehen und in ihrem Zuständigkeitsbereich Gesetze erlassen, die zu einer Einschränkung de Beteiligungsrechten von Bürgerinnen und Bürgern führen würden.

Titelblatt '5-Punkte-Programm für mehr Bürgerbeteiligung'. Quelle: BUND

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