Kulturcampus für ALLE! - Anträge der Fraktion DIE LINKE. im Römer

erstellt von Fraktion DIE LINKE. im Römer — zuletzt geändert 2014-03-25T23:57:17+02:00
Der Bebauungsplan Nr. 569 bietet die einmalige Chance, ein 16,5 Hektar großes Areal städtebaulich so zu gestalten, dass es den Bedürfnissen der BewohnerInnen entspricht und nicht nur die Gewinne von renditeorientierten Bauinvestoren steigert. Gerade die ABG Frankfurt Holding GmbH als Käuferin und Entwicklerin dieses Areals ist jetzt in der Pflicht, auch aufgrund ihres Gesellschaftervertrages, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Veränderungsdruck in Bockenheim und im Westend ist so immens hoch, dass immer mehr BewohnerInnen sich ihre Mieten nicht mehr leisten können und gezwungen sind in andere Stadtteile umzuziehen. Gerade dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden. DIE LINKE. im Römer legt nun zwei Anträge vor, mit denen die Alternative zu dem Vorschlag von CDU und GRÜNEN skizziert wird.

Der erste Antrag schlägt konkrete Änderungen für den Bebauungsplan vor, während der zweite Antrag sich mit der inhaltlichen Entwicklung des Gebiets beschäftigt. „Mit unseren beiden Anträgen wollen wir anregen, das Areal so zu gestalten, dass es den Interessen der Bevölkerung dienen kann. Der Bebauungsplan sieht eine hochverdichtete Bebauung vor, die sich an der maximalen Rendite für die Investoren orientiert. Dies entspricht nicht den Intentionen der Bockenheimer Bevölkerung, wie sie in den Planungswerkstätten artikuliert wurde“, kommentiert Peter Gärtner, planungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Römer die beiden Anträge.

Die Fraktion DIE LINKE. möchte kreativen Projekten und Wohngruppen eine Chance bieten sich zu entfalten. Nirgendwo sonst gibt es in Frankfurt solch ein Areal, wo gerade Initiativen wie das Offene Haus der Kulturen, die Wohngruppe Philosophicum und das IvI einen Platz zur Verwirklichung ihrer Ideen finden können. „Dieses Areal muss nachhaltig und sozial gestaltet werden und darf nicht wie so oft in unserer Stadt nur für einige Wenige mit viel Geld zur Verfügung stehen. Auch die Umsetzung des Konzepts des Fördervereins Roma e. V. für eine Wohngruppe von Roma-Familien auf dem Gelände des Kulturcampus bietet eine Chance, Romni-Familien nicht mit Ausgrenzung und Ressentiments zu begegnen, sondern ein merkbares Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen“, so Peter Gärtner.

Am Beispiel des Philosophicums wird deutlich, wie die rendite-orientierte Stadtentwicklungspolitik von Frankfurt funktioniert. Die ABG hat den Campus Bockenheim für 84 Millionen Euro gekauft. Bei 16,5 ha Fläche ist das ein gemittelter Kaufpreis von 509 Euro pro Quadratmeter. Darunter sind natürlich auch nicht bebaubare Flächen, sodass dieser Preis nicht allein maßgeblich ist. Der Wert des Philosphicums bemisst sich allein aus dem Bodenwert, da das Philosophicum nach Ansicht der ABG abgerissen werden sollte. Laut Bodenrichtwertkarte beträgt der Bodenwert 1.200 Euro/qm (baureifes Land, erschließungsbeitragsfrei, Wohnbaufläche für Mehrfamilienhäuser mit einer GFZ von 1,8). Für das Baufeld des Philosophicums von ca. 3.000 qm (einschließlich der vorgelagerten Grünflächen) entspricht dies einem Preis von 3,6 Mio. Euro. Wenn man sich der kapitalistischen Logik für Bodenwerte anschließt, dann steigt der Wert in Abhängigkeit von der zulässigen Ausnutzung. Mit der im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnutzung mit einer GRZ von 0,65 und einer Bauhöhe von 19 m (also 6 Geschosse) ergibt sich eine GFZ von 3,9. Daraus errechnet sich ein Bodenwert von ca. 2.100 Euro/qm (Extrapolation, die Bodenrichtwertkarte gibt nur Umrechnungs-faktoren bis zu einer GFZ von 3,0 an) und damit 6,3 Mio. Euro als Kaufpreis. DIE LINKE fordert eine Begrenzung der GRZ auf 0,4, woraus sich eine GFZ von 2,4 und damit ein Bodenwert von ca. 1.460 Euro/qm und ein Gesamtpreis von 4,4 Mio. Euro ergeben. Der Bodenwert muss noch um die Abrisskosten bzw. die den Gebäudewert übersteigenden Sanierungskosten sowie die Erschließungsbeiträge vermindert werden.

Dazu Peter Gärtner: „Der Preis des Philosphicums ist ein politischer Preis. Der von der ABG erwartete Kaufpreis von 7 Mio. Euro ist in jedem Fall überhöht und ermöglicht der ABG einen enormen Profit auf Kosten der Allgemeinheit. Und das grün geführte Planungsdezernat unterstützt diese Vorgehensweise durch die Ausweisung überhöhter Ausnutzungszahlen im Bebauungsplan und trägt damit aktiv zur Verhinderung des Wohnprojektes Philosophicum bei.“

DIE ANTRÄGE

 

Frankfurt, 20.03.2014

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer zur Magistratsvorlage M 224/2013

Bebauungsplan Nr. 569 für die Bevölkerung gestalten - nicht für die Investoren!

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt, im Bebauungsplan Nr. 569 festzulegen:

1.) In allen Wohngebieten werden 40 % der Fläche gemäß § 9 Abs. (1) Punkt 7 Baugesetzbuch (BauGB) für geförderten Wohnungsbau vorbehalten.

2.) In den Flächen, auf denen sich das Philosophicum und das Studentenwohnheim befinden, wird die Grundflächenzahl (GRZ) auf 0,4 begrenzt entsprechend der Höchstgrenze im § 17 Baunutzungsverordnung (BauNVO).

3.) Die Flächen an der Senckenberganlage südlich der Robert-Mayer-Straße werden nicht als Kerngebiet (MK), sondern als Mischgebiet (MI) mit einer GRZ von 0,7 ausgewiesen. Die maximale Bauhöhe ist entlang der Senckenberganlage auf 25 m und dahinter auf 19 m zu begrenzen.

4.) Auf der ganzen Fläche am Adorno-Platz wird die Bauhöhe auf 19 m begrenzt, auf das Hochhaus mit 70 m Höhe wird verzichtet.

5.) Die Fläche für die Kindertagesstätte wird von der Senckenberganlage weg ins Innere des Blocks verlegt.

6.) Entlang der Ostseite der Jügelstraße wird ein Streifen als Wohngebiet (WA) ausgewiesen

Begründung:

Die Planungswerkstätten haben für den „Kulturcampus“ wichtige Impulse gegeben. Damit sich der neue Bebauungsplan nicht nur an den Interessen von potentiellen Investoren ausrichtet, sondern an den Bedürfnissen der Bockenheimer Bevölkerung, sind einige wichtige Veränderungen am Bebauungsplan dringend geboten. Bockenheim und das Westend sind zwei von den Stadtteilen, die in Frankfurt seit Jahren einem immensen Veränderungsdruck ausgesetzt sind. Luxussanierungen, Entmietungen, immense Mietsteigerungen sind Folgen der verfehlten Stadtentwicklungspolitik. Auch der Neubau an der Gräfstraße/Ecke Sophienstraße bietet überwiegend nur hochpreisigen Wohnraum für 12 Euro pro Quadratmeter. In diesen Stadtteilen fehlen Sozialwohnungen, die den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum decken könnten. Um diesem dringenden Bedarf abzuhelfen, ist der Anteil an geförderten Wohnungen auf dem Kulturcampus zu erhöhen und im Bebauungsplan festzuschreiben, anstatt nur unverbindliche Absichtserklärungen abzugeben.

Da die denkmalgeschützten Bauten Philosphicum und Studentenwohnheim erhalten werden sollen, ist es unsinnig, diese Flächen mit einer GRZ von 0,65 bzw. 0,7 festzusetzen. Diese hohe Ausnutzung führt lediglich dazu, dass der Kaufpreis für diese Flächen künstlich in die Höhe getrieben wird.

Mit fast 2 Millionen Quadratmetern leerstehende Büroflächen braucht Frankfurt keine weiteren Büro-Hochhäuser. Die Ausweisung als Mischgebiet soll auch hier eine Wohnbebauung ermöglichen, so wie es der Konsensplan vorsieht. Die bauliche Verdich- tung mit drei Hochhäusern bis 140 m Höhe hätte negative Auswirkungen auf das Klima und würde ein enormes Verkehrsaufkommen verursachen. Dadurch würde der ganze Stadtteil erheblich belastet. Durch die Reduzierung der maximalen Bauhöhe fügen sich die Neubauten auch besser in die bestehende Bebauung ein, ein städtebaulicher Missgriff wie der ehemalige AfE-Turm wird vermieden. Eine Blockrandbebauung ist insbesondere an der Senckenberganlage notwendig, um das dahinter liegende Gebiet vor Straßenlärm zu schützen.

Die Kindertagesstätte direkt an der stark befahrenen Senckenberganlage vorzusehen, kann nur als schlechter Witz angesehen werden.

Die zukünftige Jügelstraße als Fußgängerzone bietet sich gerade für eine Wohnbebauung an.

DIE LINKE. im Römer

Dominike Pauli Fraktionsvorsitzende

AntragstellerInnen: Stv. Carmen Thiele, Stv. Lothar Reininger, Stv. Merve Ayyildiz, Stv. Dr. Peter Gärtner

 

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Frankfurt, 24.03.2014

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer

Kulturcampus für alle!

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt, folgende Vorgaben bei der Bebauung des Kulturcampus zu berücksichtigen:

1.) Es ist ein Konzept vorzulegen, welche Kulturinstitutionen wo auf dem Kulturcampus untergebracht werden sollen.

2.) Das Philosophicum bleibt erhalten und wird der Projektgruppe Philosophicum für deren vorgestelltes Wohnprojekt zur Verfügung gestellt.

3.) Selbstverwaltete Projekte erhalten auf dem Gelände des Kulturcampus Räumlichkeiten.

4.) Das Offene Haus der Kulturen findet seinen Platz im Studierendenhaus.

5.) Die Bewerbung des Fördervereins Roma e. V. wird bei dem Wettbewerb der Wohngruppen für den Kulturcampus berücksichtigt.

6.) Für das Institut für vergleichende Irrelevanz wird auf dem Kulturcampus ein Ersatzobjekt, eventuell für eine vorläufige Zwischennutzung, zur Verfügung gestellt.

Begründung:

Mit Hochglanzbroschüren wurde in der Vergangenheit der Kulturcampus beworben. Inzwischen sieht es so aus, dass es ein „Kulturcampus“ ohne Kultur werden wird. Der Entwurf des Bebauungsplan sieht eine hochverdichtete Bebauung für Büros und Wohnungen vor. Kultur ist zwar nicht ausgeschlossen, es wird aber nirgendwo ein Platz dafür reserviert. Auch der Umzug der Hochschule für Musik und darstellende Kunst ist unsicher, da die dafür vorgesehene Fläche möglicherweise dauerhaft von der Universitätsbibliothek belegt bleibt. Der Magistrat muss endlich Farbe bekennen, was von den vielen Versprechungen realisiert werden soll und was nicht.

Die ABG Frankfurt Holding GmbH wird voraussichtlich das Philosophicum an den meistbietenden Investor verkaufen, um 2 Mio. Euro mehr Gewinn einzustreichen. Das Wohnprojekt der Projektgruppe Philosophicum gilt es zu unterstützen. Gerade weil ein Mangel an bezahlbaren Wohnraum und kein Mangel an hochpreisigem Wohnbau besteht, sind die Verkaufspläne der ABG zu kritisieren. Hier muss sich die ABG hinter die Bemühungen für die Interessen der Bevölkerung Bockenheims stellen und nicht hinter die Interessen von rendite- und gewinnorientierten Investoren.

Viele selbstverwaltete Projekte suchen Räume, viele haben sich auch schon für einen Platz auf dem Kulturcampus beworben. Das denkmalgeschützte Studierendenhaus mit dem Café KoZ und der Uni-KiTa wäre der ideale Ort, an dem die Initiative "Offenes Haus der Kulturen" die für den Campus Bockenheim charakteristische Kultur der Selbstverwaltung weiterentwickeln könnte.

Der „Förderverein Roma“ hat sich am Bewerbungsverfahren für Wohngruppen auf dem Kulturcampus Bockenheim beteiligt. Acht bis zehn Roma-Großfamilien könnten auf dem Kulturcampus z.B. eine der sogenannten Professoren-Villen, die schon länger leer stehen, beziehen. Der Förderverein Roma e.V. hat berechnet, dass in einem Doppelhaus mit jeweils vier Wohneinheiten rund 80 Personen unterkommen könnten. Bisher sind die Roma-Familien, die dafür infrage kämen, dem Verein aus der Sozialberatung bekannt. Viele sind bisher schlecht oder gar nicht untergebracht. Bei dieser Bewerbung hat sich der Verein an den Erfahrungen einer Vorzeigewohngemeinschaft von Roma-Familien in der Harzer Straße in Berlin orientiert. Der Förderverein akquiriert derzeit EU-Finanzmittel und sucht weitere Förderer. Zum Konzept gehört die Eröffnung einer Beschäftigungsinitiative. Des Weiteren soll dort eine Beratungsstelle für Roma angeboten werden. Die Entwicklung von Emanzipation und Respekt gegen über den Roma-Familien steht bei dem Konzept an vorderster Stelle.

Das geräumte Institut für vergleichende Irrelevanz ist als Institut für kritische Reflexion notwendig und erhaltenswert. Daher wurde wiederholt gefordert, dass die Stadt sich an der Suche nach Ersatzräumen beteiligt. Auf dem Campus Bockenheim gibt es derzeit viele leerstehende Gebäude, die für eine Zwischennutzung durch das IvI geeignet sind. Diese Chance darf nicht vertan werden.

DIE LINKE. im Römer

Dominike Pauli Fraktionsvorsitzende

AntragstellerInnen: Stv. Carmen Thiele, Stv. Lothar Reininger, Stv. Merve Ayyildiz, Stv. Dr. Peter Gärtner