Kundgebung in Würzburg gegen Abschiebungen nach Afghanistan

erstellt von Initiative Bleiberecht, Würzburg — zuletzt geändert 2017-12-05T11:03:11+01:00
Die nächste Sammelabschiebung ist für den 6. Dezember von Frankfurt aus geplant. Protestkundgebung am Flughafen Frankfurt ab 18:00 — Terminal 1, Abflug B.

Über 100 Menschen haben am Montag, den 4. Dezember an der Kundgebungen gegen Abschiebungen nach Afghanistan teilgenommen. Die Initiative Bleiberecht hatte zuvor unter dem Motto „Not safe – keine Abschiebungen nach Afghanistan“ mit Unterstützung des Würzburger Flüchtlingsrats, des Medi-Netzes Würzburg, der Asyl-Ak Gruppe Mehr als 16a und Peace, Love and Solidarity zu dem Protest aufgerufen.

Konkreter Anlass für den Protest ist die nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" geplante Sammelabschiebung von 76 Menschen. Diese ist von Seiten der Bundesregierung für Mittwoch den 6. Dezember vom Frankfurter Flughafen nach Kabul in Afghanistan geplant.

Nach zwölf Jahren ohne größere Abschiebeflüge begann die Bundesregierung Ende 2016 erneut – trotz eskalierender Lage im Land – Menschen nach Afghanistan abzuschieben.

Seitdem hat Deutschland in insgesamt sieben Sammelabschiebungen 129 Menschen - gegen deren Willen und trotz eskalierender Kämpfe im Land - nach Afghanistan deportiert (Stand November 2017).

Insgesamt wurden von Januar bis Oktober 2017 mehr als 8.000 Menschen bei Anschlägen, durch Bomben und Minen, bei Kämpfen der Sicherheitskräfte mit bewaffneten Gruppen wie beispielsweise den Taliban getötet.

Alleine dieser Zahl belegt: Afghanistan ist nicht sicher!

Weshalb trotzdem abgeschoben wird, auch wenn die Lage in Afghanistan in letzter Zeit keineswegs sicherer geworden ist, erklärt Melchior Krug von der Initiative Bleiberecht und einer der Mitinitiatoren der Kundgebung so: „ Durch die Abschiebungen versucht die Bundesregierung, staatliches Durchgreifen und nationale Kontrolle vorzutäuschen, um in Zeiten internationaler gesellschaftlicher Umwälzungen handlungsfähig zu wirken – dafür spielt sie mit dem Schicksal schutzsuchender Menschen und verstößt bewusst gegen das Völkerrecht.“

Den Verstoß gegen das geltende Völkerrecht versucht die Regierung zu relativieren, indem sie angibt, dass im Moment nur sogenannte Straftäter, Gefährder und Menschen, die "hartnäckig ihre Mitarbeit an der Identitätsfeststellung" verweigern, abgeschoben werden.

Louisa Artmann von der Initiative Bleiberecht erwiderte in ihrem Redebeitrag darauf: „Wenn derzeit in der Gesellschaft die Forderung aufkommt, man könne sich sein Asylrecht verwirken, bedeutet dies gleichzeitig, man könne die eigene Würde verwirken. Straffällige Geflüchtete abzuschieben, weil sie ihr Asylrecht verwirkt hätten, würde bedeuten, sie unter Umständen in Länder abzuschieben, in denen ihnen Verfolgung droht. Der Staat würde Menschen somit vorsätzlich in die Verfolgung oder sogar in den Tod schicken“

Burkhard Hose, der für den Würzburger Flüchtlingsrat eine Rede hielt betonte, dass die Auswirkungen von Abschiebungen eine doppelte Katastrophe sind: „für die Menschen, die ganz konkret am Mittwoch in den Abschiebeflieger gesetzt werden und für alle, die darum fürchten müssen, die Nächsten zu sein. Und für uns alle hier: Ich jedenfalls will nicht in einem Land leben, das rechtsstaatliche Prinzipien jeweiligen Stimmungslagen opfert.“

Migration war schon immer wesentlicher Bestandteil menschlicher Gesellschaften, daran konnten Abschiebungen in der Vergangenheit nichts ändern und werden dies auch in Zukunft nicht tun. Abschiebungen stellen die massivste Form der Exklusion aus unserer Gesellschaft dar und sind ein gänzlich ungeeignetes und ineffektives Mittel der Migrationspolitik.

Aber statt Menschen auf der Suche nach Schutz vor Verfolgung, Armut oder Krieg einen sicheren Ort zum Leben zu bieten, wird verhindert, dass sie hier in Freiheit und Würde leben können. Carolin Förg von der Initiative Bleiberecht fordert in Anbetracht dessen ein neues Sicherheitskonzept, das die Menschen in den Blick nimmt, statt sie abzuschieben.

Valentin vom Medi Netz verweist in seinem Redebeitrag darauf, dass die Abschiebepolitik der Bundesregierung Menschen in die Illegalität zwingt. Ihnen wird dadurch der Zugang zu medizinischer Versorgung versperrt. „Es ist das Leben von Menschen, die nicht krank werden dürfen, und gleichzeitig ist es ein Leben, das krank macht.“ so Valentin.

Die Initiative Beibeirecht machte im Laufe der Kundgebung auch darauf aufmerksam, dass die geplante Sammelabschiebung am 6. Dezember nach Afghanistan nicht die einzige geplante größere Abschiebungsaktion in der nächsten Zeit ist: „Für den gleichen Tag ist ebenfalls eine Sammelabschiebung nach Pakistan geplant. Und bereits einen Tag darauf, am Donnerstag den 7. Dezember, soll eine Sammelabschiebung vom Flughafen Karlsruhe nach Pristina im Kosovo stattfinden.“ erklärt Melchior Krug.

Deshalb fordert die Initiative Bleiberecht die Bundesregierung dazu auf, neben der Sammelabschiebung nach Afghanistan ebenfalls die geplanten Abschiebungen nach Pakistan und in den Kosovo sowie alle weiteren Abschiebungen sofort und dauerhaft zu stoppen!

Obwohl Deutschland ein Einwanderungsland ist und beansprucht, eine offene Gesellschaft zu sein, werden Menschen in einer mobilen Welt für ihre Mobilität bestraft. Das ist paradox und unhaltbar. Abschiebungen, die betroffene Menschen immer Unsicherheit, Elend und Gefahren aussetzen, sind mit einer offenen und solidarischen Gesellschaft unvereinbar und gehören sofort abgeschafft!kritisiert Melchior Krug abschließend die aktuelle Abschiebepraxis der Bundesregierung.


Initiative Bleiberecht, Presseerklärung, Würzburg 4.12.2017