Kundgebungen am Freitag, 11. Februar: Solidarität mit den Hungerstreikenden in Griechenland

erstellt von Zusammen e.V. / Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg — zuletzt geändert 2011-02-15T19:56:04+02:00
10.30 Uhr, Griechisches Konsulat Frankfurt, Zeppelinallee 43/ 12.30 Uhr, Konstablerwache: Seit dem 25.1.2011 stehen mehr als 300 Migranten in Athen und Thessaloniki im Hungerstreik. Die seit mehreren Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten, in Griechenland lebenden und arbeitenden Einwanderer fordern mit ihrer Aktion die Legalisierung aller Migranten im Lande. Sie wollen nicht mehr zu niedrigsten Löhnen und unsicheren Arbeitsverhältnissen leben und arbeiten.

Die Hungerstreikenden kämpfen nicht nur um Aufenthalt, sondern auch um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Es ist ein Arbeitskampf. Trotz der Krise und trotz des Spardiktats, das die EU und besonders Deutschland Griechenland auferlegt hat, fordern die Aktivisten gleiche Rechte und die Möglichkeit nach Europa einzureisen.

Die griechische Regierung dagegen lehnt jedes Eingehen auf die Forderung kategorisch ab. Für eine individuelle oder massenhafte Legalisierung von Migranten gebe es keinerlei Spielraum, heißt es sowohl aus dem Arbeits- als auch aus dem Innenministerium.

Wir wollen unsere Solidarität mit den Hungerstreikenden ausdrücken und zeigen sie gegenüber den griechischen Behörden. Wir wenden uns aber auch gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik, die maßgeblich für die Abschottung Europas und damit auch für die Situation in Griechenland verantwortlich ist.

Nur mit der Solidarität aller Lohnabhängigen kann das Lohndumping gestoppt werden. Reißen wir die Festung Europa ein und kämpfen für ein besseres Leben für Alle!

Unser gemeinsamer Kampf für gleiche Rechte für Alle und gegen die Abschottungspolitik der BRD!
Für Legalisierung und höhere Löhne!
Hoch die internationale Solidarität!

Athens solidarity initiative: http://hungerstrike300.espivblogs.net
Thessaloniki solidarity initiative: http://allilmap.wordpress.com/
Welcome to Europe Network: http://w2eu.net

Das Bündnis gegen Lager ruft für Dienstag, den 8. Februar in Berlin ebenfalls zu einer Solidaritätskundgebung mit den hungerstreikenden MigrantInnen in Griechenland auf:

Am 25. Januar sind 300 MigrantInnen in Griechenland in den Hungerstreik getreten. Sie fordern eine kollektive Legalisierung all jener, die aufgrund ihrer Herkunft aus der griechischen Gesellschaft ausgeschlossen wurden – Asylsuchende, Flüchtlinge ohne Anerkennung, illegalisierte Menschen, ausgebeutete ArbeitsmigrantInnen. Es ist nicht der erste Hungerstreik in Griechenland, schon vorher waren Menschen gezwungen, ein solch drastisches Mittel zu ergreifen, um ihre Rechte zu erkämpfen.

Wir sind MigrantInnen aus ganz Griechenland. Wir kamen hierher wegen Armut, Arbeitslosigkeit, Krieg und Diktatur. Die multinationalen Konzerne und ihre politischen Diener ließen uns keine andere Wahl als unsere Leben 10 Mal zu riskieren, um an Europas Tür anklopfen zu können. […] Wir kamen nach Griechenland, wir arbeiten, um uns und unsere Familien zu ernähren. Wir leben ohne Würde, in der Dunkelheit der Illegalität, so dass Arbeitgeber und der Staat von unserer Ausbeutung profitieren können. Wir leben von unserem Schweiß und mit dem Traum, eines Tages die gleichen Rechte wie unsere griechischen KollegInnen zu haben. […] Die Antwort auf die Lügen und die Grausamkeit muss nun gegeben werden, und sie wird von uns kommen, Migrantinnen und Migranten. Wir stellen uns in die erste Reihe, mit unseren eigenen Leben, um diese Ungerechtigkeit zu stoppen. Wir fordern die Legalisierung alle MigrantInnen, wir fordern die gleichen politische und soziale Rechte und Pflichten wie sie auch die griechischen ArbeiterInnen haben.

Versammlung der hungerstreikenden MigrantInnen, Januar 2011

Die Hungerstreikenden prangern nicht eine besondere griechische Situation an. Sie sprechen über die Konsequenzen der europäischen Politik, Grenzen zu ziehen und Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen. Der Versuch, Europa zu erreichen, ist oftmals ein tödliches Unterfangen. Flüchtlinge und MigrantInnen sind in Europa nicht willkommen, und Zäune, Grenzpolizeien und -agenturen, Internierungslager und Abschiebeprogramme wuchern in Europa – nur, um die Unerwünschten in die Ferne zu bannen. Aber die Träume und Begehren der Unerwünschten sind stärker und haben viele befähigt, die Grenzen zu überschreiten. Die Anwesenheit einer migrantischen Bevölkerung in Europa ist Realität, und sie sind gekommen und kommen immer noch, um zu bleiben.

Es sind jedoch nicht nur die Zäune und Grenzen, die gegen die kommenden BürgerInnen Europas gerichtet sind. Das Europa, welches all seinen BürgerInnen eine gleichmäßige Rechtelandschaft versprochen hat, schließt Nicht-EuropäerInnen von politischen und sozialen Rechten aus, degradiert sie zu BürgerInnen zweiter Klasse. So wurde eine ausbeutbaren Arbeiterklasse und eine benachteiligte und entrechtete Bevölkerung geschaffen. Europa profitiert von diesen Arbeits- und Lebensbedingungen. Im Süden der EU ist der landwirtschaftliche Sektor von den AbeitsmigrantInnen abhängig, und in ganz Europa stellen MigrantInnen das Rückgrat vieler Dienstleistungsindustrien, deren Produkte als selbstverständlich angesehen werden.

Doch wir reden über Menschen, mit Träumen und Hoffnung, mit tausenden Gründen, zu gehen und zu kommen. Doch wenn sie in Europa ankommen, werden ihnen ihre Menschenrechte abgesprochen, sie müssen sich der Gnade eines Asylsystems unterwerfen und leben am Rande der Gesellschaft. Dieser soziale Ausschluß und Entrechtung, das Fehlen politischer und sozialer Rechte führt zu den unertragbaren Bedingungen, die dann als das “Migrationsproblem” thematisiert werden, nur um Repression, Ausschluß und Abschiebung zu rechtfertigen.

Migration ist weder ein Verbrechen noch ein Problem. Es ist die Politik der Europäischen Union, die kriminell und höchst problematisch ist. Der Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl von 2008 hat diese unmenschliche Politik, die schon seit Jahren verfolgt wird, weiter zementiert. Zwar werden notwendige Schritte in der Asyl- und Einwanderungspolitik erwähnt, aber der alleinige Fokus lag auf der weiteren Stärkung der Grenzen, des Ausschlußes und der Abschiebung. Er ist eine Kriegserklärung an die MigrantInnen. Es wird viel über Solidarität zwischen den EU-Mitgliedsstaaten geredet, aber er hat die südlichen Staaten der EU des einzigen angemessenen migrationspolitischen Instruments beraubt, denn er enthält ein ausdrückliches Verbot kollektiver Legalisierung.

Die Hungerstreikenden in Griechenland haben sich entschieden, für ihre Rechte zu kämpfen. Zu Recht! In einem Klima verstärkter Repression und anti-migrantischer Polemik müssen auch wir handeln. Nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa und tatsächlich auf der ganzen Welt müssen wir uns für gleiche Rechte für alle einsetzen. Unsere Solidarität gilt den Hungerstreikenden in Griechenland, und wir rufen alle AktivstInnen in Europa dazu auf, sich für die Sache einer allgemeinen und bedingungslosen Legalisierung einzusetzen.

Legalisierung jetzt!
Gleiche Rechte für alle!
Alle Grenzen abschaffen!"

Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg

http://bglbb.blogsport.de

BERICHT ZUR AKTION:

Frankfurt: Solidarität mit den Hungerstreikenden Migranten in Griechenland
Mubarak geh - Und nimm’ Papandreou und Merkel gleich mit!

 
Im Rahmen der europäischen Woche der Solidarität mit den Hungerstreikenden in Griechenland fanden am 11.2.11 in Frankfurt und Leipzig Solidaritätskundgebungen für die 300 seit 25.1. im Hungerstreik befinden Migranten statt. Zuvor gab es bereits in Berlin, Köln und München Kundgebungen.
 
Vor dem griechischen Konsulat in Frankfurt am Main drückten 50 Menschen ihre Solidarität aus und übergaben dem Konsul einen Brief der Hungerstreikenden und ihrer Forderung nach bedingungsloser Legalisierung und gleichen Rechten. An der Konstablerwache in der Innenstadt wurde die Kundgebung fortgesetzt. Durch das Trommeln der Sambaband aufmerksam geworden, interessierten sich viele Passanten für den Kampf der Migranten.
 
Deren Erklärung wurde verlesen und deutlich gemacht, dass gerade die Bundesrepublik und ihre repressive Flüchtlingspolitik für die Situation an den Außengrenzen Europas verantwortlich ist. Der Forderung der Migranten nach Legalisierung und gleichen Rechten steht nicht nur die griechische Regierung entgegen, sondern auch das Spardiktat aus Berlin und Paris gegenüber dem griechischen Staat. In dem Aufruf heißt es: „In der letzten Zeit ist die Situation für uns sehr schwierig geworden. Je mehr Löhne und Renten gekürzt werden, je teurer alles wird, desto mehr wir der Migrant als der Schuldige vorgeführt, als der Verantwortliche für die Verelendung und die brutale Ausbeutung der griechischen Erwerbstätigen und Kleinunternehmer (…) Wir fordern von unseren griechischen Kollegen, von jedem Menschen, dem es jetzt wegen der Ausbeutung seines Schweißes schlecht geht, an unsere Seite zu stehen. (…) Wir bringen unser Leben in Gefahr, weil so oder so dieses Leben für einen Menschen mit Würde kein Leben ist. Wir ziehen es vor, hier zu sterben, als das unsere Kinder das leben, was wir durchmachen mussten.“
 
Bei der Kundgebung wurde auf den Zusammenhang mit den Revolten in Ägypten, Tunesien und anderen nordafrikanischen Ländern aufmerksam gemacht. Nicht nur die Regierung Mubarak muss weg, ebenso die griechische und vor allem die deutsche Regierung, die für Verelendung und Ausbeutung in Europa und Nordafrika die Hauptverantwortung trägt und die den deutschen Konzernen Milliardengewinne verschafft. Es wird Zeit, auch der Regierung Merkel eine Antwort aller Lohnabhängigen zu geben. Die Menschen in Kairo und in Athen und Thessaloniki machen es uns vor.
 
Aktionsbündnis gegen Abschiebungen Rhein-Main