Mehr Mitsprache beim Bauen!

erstellt von DIE LINKE. Im Römer — zuletzt geändert 2017-10-27T12:50:08+01:00
Antrag der LINKEN im Frankfurter Römer zur Bebauung ohne Bebauungsplan

Seit 2014 verfolgt der Magistrat das Ziel, dass mindestens 30 Prozent des Wohnungsneubaus als geförderter Wohnraum entstehen. Trotzdem werden seitdem weiterhin viele teure Eigentumswohnungen gebaut. Wie kann das sein?

Eyup Yilmaz, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Römer: „Es gibt die Möglichkeit ohne neuen Bebauungsplan zu bauen. In dem Fall sind die Vorgaben nicht bindend. In anderen Städten entstehen fast die Hälfte aller Neubauten außerhalb von Bebauungsplänen. Die Stadt Frankfurt veröffentlicht diesen Anteil jedoch nicht einmal. Jetzt fordern wir eine umfassende Offenlegung, damit klar wird, wie viel in Frankfurt an Beteiligungsverfahren vorbei und ohne Mitsprache der demokratisch gewählten Stadtverordneten gebaut wird.“

Denn alle Bauvorhaben, die per §34 BauGB als sogenannte Entwicklung im bebauten Innenbereich genehmigt werden, müssen nicht den Beteiligungsprozess von Bebauungsplänen durchlaufen. Das heißt, sie müssen zur Genehmigung nicht den Prozess durchlaufen, bei dem Anwohner*innen, soziale Träger, die gewählten Stadtverordneten im Stadtparlament und andere beteiligt werden müssen. Allein die Verwaltung entscheidet über den Bau und seine Sozial- und Umweltverträglichkeit.

DIE LINKE. im Römer fordert daher in einem parlamentarischen Antrag, dass geklärt wird, wie viele Bauvorhaben in Frankfurt nach § 34 BauGB genehmigt werden und wie viel geförderter Wohnraum in diesem Verfahren entstanden ist. Yilmaz will aber noch weiter gehen: „In einem zweiten Schritt müssen wir diese Bebauung dann demokratisieren, damit nicht weiter an den Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung vorbei gebaut wird.“

Der Antrag der LINKEN zur Prüfung der Baurechtsfälle steht am 6. November ab 17 Uhr zur öffentlichen Diskussion im Ausschuss für Planung, Bau und Wohnungsbau (Eingang Bethmannstraße 3, Raum 307).

PM, 26.10.2017

 

Anwendung von § 34 BauGB prüfen

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird beauftragt,

1. ausführlich zu prüfen und zu berichten, wie viele Wohneinheiten in den vergangenen Jahren auf Grundlage von § 34 BauGB genehmigt wurden und wie viele Wohneinheiten tatsächlich fertig gestellt wurden.

2. diese Daten ständig zu erheben. Sie werden in die Baustatistik der Bauaufsicht aufgenommen und den Stadtverordneten und der Öffentlichkeit jährlich vorgelegt.

Begründung:

Obwohl in Frankfurt viel gebaut wird, gibt es immer weniger bezahlbaren Wohnraum. Das liegt auch daran, dass Neubauten sehr teuer vermietet werden. Bisher hat sich die Koalition lediglich darauf verständigt, bei Neubauvorhaben, die im Rahmen eines Bebauungsplanes durchgeführt werden, eine verbindliche Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnraum einzuhalten.

Nicht bei allen Neubauten muss jedoch ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden, sodass auch teurer Wohnraum in Frankfurt neu entstehen kann. Eine planungsrechtliche Grundlage dafür ist § 34 des Baugesetzbuches (BauGB). Baumaßnahmen, die nach diesem Paragraphen von der Bauaufsicht genehmigt werden, laufen – im Gegensatz zu der Aufstellung von Bebauungsplänen – ohne Beteiligung der betroffenen Anwohner*innen, ohne Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und ohne Beteiligung der Stadtverordnetenversammlung als reiner Verwaltungsakt ab.

Laut Antwort auf die Frage Nr. 625 der 12. Fragestunde der Stadtverordnetenversammlung am 01.06.2017 wird die Anzahl der Baugenehmigungen, die auf § 34 BauGB beruhen, von der Bauaufsicht jedoch nicht erhoben. Diese Erhebung ist in anderen Städten durchaus üblich, da eine solche Zahlengrundlage wichtig ist, um den Wohnungsneubau zu analysieren: München beispielsweise erhebt und veröffentlicht diese Zahlen im Wohnungsbauatlas (2016, S. 31). Es zeigt sich, dass in einigen Stadtvierteln Neubau im Wohnungssegment ausschließlich per § 34 BauGB genehmigt wurde.

Auch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) kommt zu dem Schluss, dass § 34 BauGB – besonders für den Neubau von Mehrfamilienhäusern – eine bedeutende Rolle für die Innenentwicklung und Nachverdichtung im Wohnungssegment hat. Diese Rolle habe in den letzten Jahren noch an Bedeutung gewonnen. Zudem kommt § 34 BauGB eine besondere Rolle zu, wenn es um die Umwandlung von Büro- in Wohngebäude geht.

Die nachfolgende Grafik (Grafik in diesem Artikel nicht dargestellt, die Redaktion) veranschaulicht, dass in den ausgewählten Beispielstädten eine große Anzahl an Neubauvorhaben durch die Anwendung von § 34 BauGB entstehen: Quelle: BBSR (2016): Aktuelle Trends der Wohnungsbautätigkeit in Deutschland – Wer baut wo welche Wohnungen?, S. 95.

Um die Bedeutung dieses Planungsinstrumentes für Frankfurt ermessen zu können, ist eine jährliche ausführliche Berichterstattung geboten. Wünschenswert für eine solche Prüfung und Berichterstattung der Stadt Frankfurt wären

 ein Berichtszeitraum, der mindestens fünf Jahre zurück reicht,

 die Anzahl der beantragten sowie realisierten Wohneinheiten,

 die Anzahl der Personen, für die die Wohneinheiten jeweils beantragt und realisiert wurden sowie die Größe der jeweiligen Wohneinheiten,

 die Anzahl der Vorhaben, für die Ausnahmen und Befreiungen von bestehenden Bebauungsplänen ausgesprochen worden sind (§ 31 BauGB),

 Angaben dazu, welche Anzahl an Wohnungen nach § 30 BauGB genehmigt wurden und schließlich entstanden sind (als Vergleichswerte),

 die Anzahl bzw. der Anteil der Wohneinheiten, die im ersten Förderweg entstanden sind sowie die Anzahl der Wohneinheiten, die im Frankfurter Mittelstandsprogramm bzw. seinen Vorläuferprogrammen entstanden sind,

 die Art der Wohnungsbauträger, die die entsprechenden Vorhaben realisiert haben (privat, institutionell; privat, Einzelpersonen; genossenschaftlich; kommunal),

 bei Maßnahmen der Innentwicklung die Bauweise (also jeweils die Anzahl der Wohneinheiten, die durch An- oder Aufbauten sowie die Anzahl der Wohneinheiten, die durch den Neubau eines Gebäudes beantragt wurden und entstanden sind),  die Grundstückverhältnisse (wurde auf bereits gehaltenem Grundstück neu gebaut oder das entwickelte Grundstück zum Zweck des Neubaus erst erworben?).

Antrag DIE LINKE. Im Römer, Frankfurt, 4. Oktober 2017