Presseerklärung des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte zur Ehrung von Hans-Joachim Sewering durch den Berufsverband Deutscher Internisten

Der „Berufsverband Deutscher Internisten“ (BDI) hat vor kurzem den früheren Ärztekammerpräsidenten Hans-Joachim Sewering, (seit 1. November 1933 Mitglieder der SS, Sturm 2/I/31, SS-Mitgliedsnummer 143.000, seit August 1934 Mitglied der NSDAP, Mitgliedsnummer 185.88.05) mit seiner höchsten Auszeichnung, der Günther-Budelmann-Medaille geehrt für seine „Verdienste um die berufliche Unabhängigkeit und die Freiberuflichkeit des Arztes“. Diese Ehrung fällt fast zusammen mit dem 70sten Jahrestag des Approbationsentzuges jüdischer Ärztinnen und Ärzte durch die Nationalsozialisten (30. September 1938).

Mit diesem Gesetz wurde 3152 Kolleginnen und Kollegen die berufliche Existenz entzogen. Dieses Berufsverbot war nur möglich, weil mehr als 50 Prozent der Ärzteschaft Parteigänger der Nazis waren und als Parteimitglieder oder Mitläufer diese Maßnahmen billigten. Sewering als Mitglied von NSDAP und SS hat sich nie zu dem Verhalten der Ärzteschaft im Nationalsozialismus und ihren damaligen Standesorganisation geäußerst, geschweige denn, dass er Bedauern oder Lernfähigkeit gezeigt hätte.

Noch im Jahr 1993 konnte durch öffentlichen Druck unter anderem durch den vdää, die IPPNW, die American Medical Association und den Jüdischen Weltkongress, verhindert werden, dass Hans-Joachim Sewering auf Vorschlag des damaligen Kammerpräsidenten Karsten Vilmar Chef des Weltärzteverbandes wurde. Zu schwer wogen die Anschuldigungen, dass Sewering verstrickt war in die Machenschaften der Ärzte im NS-Regime, zu klar war die Materiallage der Historiker. (Vgl. z.B. Michael Kater: „Doctors under Hitler, London 1989)

An diesen Fakten hat sich bis heute nichts geändert, wohl aber anscheinend am historischen Bewusstsein im BDI. Sewering hat sich nach 1945 bis heute weder durch Worte noch durch Taten von seiner Vergangenheit distanziert, Scham geäußert oder sich bei den Opfern entschuldigt. Im Gegenteil. Auch wenn er zu seinen Mitgliedschaften steht, versucht er sich noch heute zu entschuldigen damit, dass man „einfach der Propaganda zum Opfer gefallen“ (Süddeutsche Zeitung vom 27.05.2008) sei und von den Euthanasie-Programmen nichts gewusst bzw. erst im Nachhinein erfahren habe (Ebd.). Genau diese Uneinsichtigkeit ist es, die Sewering für öffentliche Ehrungen disqualifiziert. Wer so mit seiner Vergangenheit umgeht, kann kein Vorbild für junge Mediziner sein.

Der vdää kritisiert die Ehrung Sewerings und fordert den BDI auf, sie zurückzunehmen. Sie ist ein Hohn für die Opfer der ins NS-Regime verstrickten Ärztinnen und Ärzte und setzt das falsche Signal vor allem für junge Kolleginnen und Kollegen. Nachdem die deutsche Ärzteschaft sich auf dem 92. Ärztetag 1989 in Berlin endlich uneingeschränkt zur Schuld der Ärzteschaft in der Nazizeit bekannt hatte, wird nun durch diese Ehrung die historische Uhr wieder zurückgestellt.


Prof. Wulf Dietrich (Vorsitzender)
Dr. Nadja Rakowitz (Geschäftsführerin)

 

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