Skandalurteil gegen Kristina Hänel

erstellt von Bündnis für körperliche Selbstbestimmung — zuletzt geändert 2017-11-25T11:42:52+01:00
400 Personen demonstrieren für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und die Abschaffung aller Anti-Abtreibungs-Paragraphen durch Frankfurt

Als Reaktion auf die heutige Verurteilung der Ärztin Kristina Hänel vor dem Gießener Landgericht haben heute etwa 400 Personen mit Slogans wie „My Body, My Choice“ in der Frankfurter Innenstadt demonstriert. Sie erklärten sich mit der Ärztin solidarisch mit Frau Hänel, und forderten die Abschaffung der Anti-Abtreibungs-Paragraphen §§ 218 ff. StGB.

Da Frau Hänel bereits Revision angekündigt hat, ist davon auszugehen, dass ihr Fall noch nicht abgeschlossen. Unser gemeinsames Ziel ist die Abschaffung des § 219a StGB durch das Bundesverfassungsgericht oder den Gesetzgeber. Das Bündnis für körperliche Selbstbestimmung wird diesen Prozess daher weiter begleiten und kündigt weitere Aktionen an, um die vollständige Legalisierung von Abtreibungen zu erreichen.

Martina Wronka, Sprecherin des Bündnisses: „Es wird höchste Zeit, dass Schwangere selbst entscheiden können, was mit ihrem Körper passiert. Die spontan organisierte, sehr gut besuchte Demonstration hat gezeigt, dass es ein gesellschaftliches Interesse an der Abschaffung der überholten Anti-Abtreibungs-Paragraphen gibt.“

Pressemitteilung des Bündnis für körperliche Selbstbestimmung vom 24.11.2017

 

Skandalurteil gegen Kristina Hänel - § 218 ff. StGB abschaffen – jetzt! Für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung!

Wütend haben wir das Urteil gegen Kristina Hänel vor dem Gießener Amtsgericht zur Kenntnis genommen: sie wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 € verurteilt, weil sie auf ihrer Homepage darüber informiert hatte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Die Richterin begründete ihr Urteil mit dem Geist des § 219a StGB: dieser wolle eine gesellschaftliche Normalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen verhindern. Nach ihren Ausführungen bräuchten Schwangere wegen ihrer besonderen Lage, beispielsweise aufgrund ihrer, überspitzt formuliert, hormonell beeinträchtigten Urteilsfähigkeit eine besondere Beratung und seien nicht in der Lage, sich selbst ausreichend zu informieren und einer vernünftige Entschediung zu treffen. Sie selbst sehe den Schwangerschaftsabbruch auch nicht als einen normalen medizinischen Eingriff an.

Das Bündnis für körperliche Selbstbestimmung widerspricht dem vehement: Ein Schwangerschaftsabbruch ist ein ganz normaler medizinischer Eingriff und sollte auch so behandelt werden. Schwangere müssen selbst bestimmen können, was mit ihrem Körper passiert. Frauen sind mündige Bürgerinnen und brauchen niemanden, der ihnen höchstpersönliche Entscheidungen abnimmt. Gleichzeitig unterstützen wir sehr wohl die Forderung nach freiwilligen, leicht zugänglichen, kostenfreien Beratungsangeboten für Schwangere, die sie begleiten und unterstützen

• egal ob sie ein Kind gebären wollen oder nicht.

Zudem hat das Urteil gezeigt, dass eine grundlegende Überarbeitung der Gesetzgebung zu Schwangerschaftsabbrüchen notwendig ist. Die noch aus der Nazi-Zeit stammenden Paragraphen begrenzen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und entmündigen diese. Das Bündnis fordert daher die Abschaffung der §§ 218 ff. StGB und somit die uneingeschränkte Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Die Sprecherin Martina Wronka hierzu: „Das heutige Urteil im Fall Kristina Hänel hat gezeigt, dass die deutsche Gesetzgebung zu Schwangerschaftsabbrüchen auf den Kopf gestellt werden muss.

Sie kriminialisert die Schwangeren und die betreuenden Ärtzt*innen. Die Kriminalisierung von Abtreibungen durch die aktuelle Rechtslage stigmatisiert und isoliert die Betroffenen. Wir wünschen uns ein gesellschaftliches Klima, in dem die Erfahrungen mit Abtreibungen offen thematisert werden können. Schwangere, die abtreiben wollen, müssen sich einen Arzt suchen können, dem sie vertrauen. Wir fordern daher, die Abschaffung aller Paragraphen, die Schwangerschaftsabbrüche zu einem ‚Sonderfall‘ in der Medizin machen! Weg mit §§ 218 ff. StGB, insbesondere auch § 219a StGB! Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen ist für uns nicht verhandelbar.“

Zum Fall Kristina Hänel führte sie explizit aus: „Das Urteil kam für uns nicht überraschend, sondern ist Ausdruck der gegenwärtigen katastrophalen Gesetzeslage. Wir erwarten jetzt von Politiker*innen aller Parteien, dass sie schnellstmöglich handeln. Der aktuell von der Linkspartei eingebrachte Gesetzesentwurf zur Streichung des § 219 a StGB ist hierfür ein Anfang. Wir fordern aber die Streichung aller Anti-Abtreibungs-Paragraphen. Wir sind solidarisch mit Frau Hänel und wünschen ihr für ihren Gang durch die Instanzen viel Kraft. Wir werden sie solidarisch begleiten.“

Nach dem heutigen Urteil baute die AfD um 14.00 einen Stand vor der Praxis von Kristina Hänel auf. Das zeigt, dass die aktuell virulent werdende Frauenfeindlichkeit aufgrund des gesellschaftlichen Rechtsrucks auch Kristina Hänel trifft. Sie wird nun zur Zielscheibe rechter Hetze.

Martina Wronka hierzu: „Der aktuelle gesellschaftliche Rechtsruck zeigt sich auch an der aktuell virulent werdenden Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Gegen diese Anzeichen einer reaktionären und menschenfeindlichen Gesellschaft muss mit aller Kraft angekämpft werden. Die rechtsextreme Partei AfD nutzt die Debatte um den Fall Kristina Hänel, um Frauen, die abtreiben, zu stigmatsieren. Hier sind die demokratischen gesellschaftlichen Kräfte geftagt, das nicht stehen zu lassen und mit der Abschaffung aller Anti-Abtreibungs-Paragraphen ein deutliches Zeichen zu setzen!“

Bündnis für körperliche Selbstbestimmung Frankfurt: Pressemitteilung vom 24.11.2017