Spitzentreffen von Bundesinnenminister de Maizière mit dem griechischem Migrationsminister Mouzalas

erstellt von Pro Asyl — zuletzt geändert 2016-07-05T19:51:59+02:00
Anlässlich des heutigen Treffens des Bundesinnenministers de Maizière und des griechischen Migrationsministers Mouzalas fordert PRO ASYL die Beendigung der rechtsstaatswidrigen Zustände für Asylsuchende in Griechenland.

Dazu gehören die Beendigung der Inhaftierungspraxis von Schutzsuchenden, die Möglichkeit, Asylanträge zu stellen sowie ein längerfristiger Überstellungsstopp nach Griechenland für sogenannte Dublin-Fälle.

Recht auf Asyl in Griechenland praktisch ausgehebelt
In Griechenland sitzen seit dem 20. März (Inkrafttreten des EU-Türkei-Deals) mehr als 8.600 Schutzsuchende auf den Inseln fest, Tausende sind faktisch in Haft. Ihnen droht die Abschiebung in die Türkei ohne inhaltliche Prüfung ihrer Asylanträge. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wird in Tausenden Fällen ausgehebelt.

Ohne Zugang zum Asylverfahren auch kein Familiennachzug
Die meisten der 50.000 bereits vor dem 20. März eingereiste Asylsuchende haben in Griechenland keinen Zugang zu einem Asylverfahren. Damit kommt auch der legale Familiennachzug nach Dublin-III-Verordnung zum Erliegen, denn Schutzsuchende können erst im Asylverfahren zu Familienangehörigen in Deutschland nachziehen. In Griechenland ist eine Antragstellung oftmals nicht möglich. Das Recht der Schutzsuchenden auf Achtung des Familienlebens und ihr Anspruch auf Familienzusammenführung werden durch die ineffektiven behördlichen Praktiken untergraben.

Deutschland bricht Zusagen zur Aufnahme von Schutzsuchenden
PRO ASYL wirft dem Innenminister vor, die Zusage über die Aufnahme von Asylsuchenden nach Deutschland im großen Stil zu brechen. Im Rahmen des Relocation-Programms wurde die Aufnahme von 17.000 Schutzsuchenden aus Griechenland zugesagt; gerade mal 37 wurden bisher nach Deutschland geholt (Stand 15. Juni 2016). De Maizière gibt vor, das Resettlement-Programm aus der Türkei habe Priorität. Doch die Aufnahmezahlen sprechen eine andere Sprache: Im Resettlement-Programm hat Deutschland gerade mal 157 Flüchtlinge aus der Türkei geholt – und das im Zuge des EU-Türkei-Deals.

De Maizière schafft Unsicherheit und löst Ängste aus
Die Strategie des Bundesinnenministeriums, Überstellungsstopps nach Griechenland zu Anfang des Jahres für ein halbes Jahr und jetzt erst nach Ablauf dieser Halbjahresfrist zu erlassen, ist für Schutzsuchende eine enorme Belastung. PRO ASYL fordert den Bundesinnenminister erneut auf, einen neuen, längerfristigen Überstellungsstopp für Griechenland von mindestens einem Jahr zu erlassen.

Überstellungen nach Griechenland menschenrechtlich inakzeptabel
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) haben in Griechenland systemische Mängel im Asylsystem festgestellt. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des EGMR sind Überstellungen nach Griechenland menschenrechtlich inakzeptabel. An dieser Lage hat sich bis heute nichts geändert.

Selbst die Europäische Kommission hat am 15. Juni 2016 eine Mitteilung herausgegeben, die die menschenwürdigen Zustände bestätigt. Dennoch plant sie, ab Dezember 2016 erneut Überstellungen nach Griechenland zu forcieren, obwohl sogar sie selbst eingestehen muss, dass es bislang kaum Fortschritte im griechischen Aufnahmesystem gibt. Griechenland verfüge weiterhin nicht über offene Aufnahmeeinrichtungen und entsprechende Aufnahmebedingungen. Der effektive Zugang zum Asylsystem bleibe den Schutzsuchenden verwehrt, ebenso sei ein Zugang zu unentgeltlicher Rechtsberatung in der Praxis nicht gegeben. Unzureichend seien auch die Aufnahmestrukturen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Vor diesem Hintergrund verbieten sich weiterhin Überstellungen nach Griechenland aus europarechtlichen und menschenrechtlichen Erwägungen.

Presseerklärung, 5. Juli 2016

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