Finger weg von unseren Strukturen! Unsere Solidarität gegen ihre Repression

erstellt von RH FFM und andere — zuletzt geändert 2017-10-19T17:56:53+01:00
Demonstration: Auf die wachsende Verschärfung der Lebensverhältnisse reagiert der autoritäre Staat mit zunehmender Repression, das Aufbegehren soll klein gehalten und Widerstand kriminalisiert werden.
  • Wann 28.10.2017 ab 15:00 Uhr (Europe/Berlin / UTC200)
  • Wo HÜLYA-PLATZ, Bockenheim
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Seit den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg erleben wir eine steigende Angriffswelle gegen linke Strukturen. Das Verbot der Internetplattform linksunten, die Razzien im Freiburger Autonomen Zentrum KTS und bei Privatpersonen sind die vorläufig jüngsten Beispiele. Die angeblich „schwersten Krawalle“ dienen mal wieder als willkommener Anlass für einen Rundumschlag gegen radikale linke Politik. Die Rote Flora, Hamburger Konservativen schon längst ein Dorn im Auge, soll als „Hort der Gewalt“ am besten sofort geschlossen werden. Und auch bundesweit geraten linke Zentren wie das Café Marat in München, das Haus Mainusch und das Exzess, die AU und das Klapperfeld ins Visier.

 UNSER HERZ SCHLÄGT LINKSUNTEN!

Indymedia linksunten ist seit mehreren Jahren eine unabhängige, mehrsprachige Website für linke Bewegungen im ganzen deutschsprachigen Raum und darüber hinaus. Ende August verbot Innenminister de Maizière die Plattform unter dem juristisch fragwürdigen Rückgriff auf das Vereinsrecht. Damit führte der Staat seine vermeintlichen rechtsstaatlichen Standards, wie die „Pressefreiheit“ ad absurdum, was sich auch am willkürlichen Entzug von Presseakkreditierungen während des G20-Gipfels gezeigt hat. Linksradikale Positionen und Aktionen werden als „Gewalttaten“ oder gar als „Terrorismus“ diffamiert - ein Phänomen, das nicht allein auf Deutschland beschränkt ist: Zuletzt ging die französische Regierung gegen Ableger von indymedia in Frankreich vor und forderte die sofortige Löschung von ihr nicht genehmen Inhalten.

 DER STAAT LÄDT NACH

Nach dem G20-Gipfel sind von ursprünglich 51 Gefangenen derzeit immer noch  welche in Hamburg inhaftiert. Sie werden stellvertretend für das politische Scheitern des Gipfels verantwortlich gemacht und bekommen durch absurde Stafen die Härte der politischen Justiz zu spüren. Die Urteile wurden zuvor mit Gesetzesverschärfungen vorbereitet: pünktlich zum G20 trat mit der Verschärfung des §113 ein Sonderrecht für Polizeibeamt*innen in Kraft.  Die Union bastelt derzeit an der „Erweiterung des Strafbestands des Landfriedensbruchs“; bald sollen auch jene bestraft werden, die anderen „Schutz in der Menge bieten“. Damit lässt sich die bloße Teilnahme an Demonstrationen kriminalisieren. Die eigenmächtige Missachtung richterlicher Entscheidungen durch die Polizei in Hamburg bezüglich der Campverbote ist nur die andere Seite jener Medaille, in der die Polizei mit der Erweiterung der Aussagepflicht von Zeug*innen weitere Machtbefugnisse erhält. Die Polizei wird zunehmend zum eigenständig agierenden politischen Akteur. Die Verantwortlichen nutzten die Proteste in Hamburg, um über eine Woche hinweg die Lage vor Ort zu eskalieren und sich so die Legitimation zur militarisierten Aufstandsbekämpfung zu schaffen.

 FAŞIZME KARŞI OMUZ OMUZA!

Angriffe auf die radikale Linke und ihre Kriminalisierung sind jedoch weder neu, noch auf Deutschland begrenzt. Linken Organisationen und ihre Aktivist*innen aus der Türkei und Kurdistan werden mit Hilfe des Gesinnungs-Paragrafen 129 kriminalisiert. Sie werden inhaftiert und zu hohen Haftstrafen verurteilt. In München läuft derzeit das größte129b-Verfahren der letzten Jahrzehnte in Deutschland: Zehn Genoss*innen werden der Mitgliedschaft in der TKP/ML angeklagt. Diese Organisation ist in der Türkei verboten, steht in der EU aber auf keiner Verbotsliste. Der deutsche Staat macht sich damit zum verlängerten Arm Erdogans und der AKP.

 RECHTE ZEITEN

Rechte Positionen sind längst wieder salonfähig, man punktet mit „Heimat“ und „Deutschland als Leitkultur“. Und während sich alle lautstark entrüstet von der AfD distanzieren, reden ihr gleichzeitig Politiker*innen von Thomas de Mazière bis Sahra Wagenknecht nach dem Mund. Die jüngsten Wahlerfolge der AfD haben nicht nur dafür gesorgt, dass alle Parteien sich an dem Rechtsruck beteiligen: Sie sorgen ebenfalls für ein Erstarken des Selbstbewusstseins rechtsradikaler Strukturen außerhalb der Parlamente, so dass diese immer öfter gewalttätig gegen alle vorgehen, die nicht in ihr Weltbild passen. Die permanente Unsicherheit und Existenzangst der Menschen im Kapitalismus bricht sich auf reaktionärste Weise Bahn. Man optimiert und konkurriert sich lieber ins Verderben, als grundlegende Fragen über die Art der Vergesellschaftung zu stellen. Schuld am allgemeinen Leiden sollen dann jene sein, die von dieser Gesellschaft sowieso schon an den Rand gedrängt werden. Gegen Migrant*innen, Erwerbslose, Obdachlose und viele andere wird Stimmung gemacht. Sie werden von den Behörden, der Polizei und Rechten schikaniert und angegriffen. Im Bahnhofsviertel, auf der Zeil, auf dem Amt - an unzähligen weiteren Orten werden Arme diszipliniert und bekämpft, während das System, das Armut und Ungleichheit produziert, weiter verteidigt wird.

       JETZT ERST RECHT!

Gegen das Hamsterrad des kapitalistischen Systems setzen wir auf Selbstorganisierung und ein solidarisches Miteinander, auf kollektive Strukturen und gemeinsame Kämpfe für ein gutes Leben für alle. Unser Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse hat viele Gesichter: Hausprojekte und Besetzungen sowie Stadtteilarbeit und autonome Zentren,  Fluchthilfe und Angriffe auf Akteure des Abschieberegimes und Repressionsbehörden, Nazi-Outings sowie der Aufbau alternativer Medien, solidarische Landwirtschaft und brennende Barrikaden in Hamburg, Athen oder São Paulo. Unsere Nischen, unsere Träume und unsere Unversöhnlichkeit sind richtiger und dringender denn je!

Widerständigkeit, radikale Kritik an den herrschenden Verhältnissen und die Suche nach alternativen Lebensentwürfen - dafür stehen unsere Orte, dafür steht linksunten. Dafür gehen wir auf die Straße. Wir lassen uns nicht(s) verbieten!