Solidaritätskreis ruft zur zentralen Kundgebung vor der größten Gate-Gourmet-Filiale in Deutschland auf und unterstützt die nun auch an anderen Standorten beginnende Auseinandersetzung

Samstag, 4. Februar, 13 Uhr: Zentrale (bundesweite) Kundgebung Gate Gourmet Frankfurt-Zeppelinheim Neu-Isenburg, Admiral-Rosendahl-Straße 2-8 Der von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) geführte Streik bei Gate Gourmet am Düsseldorfer Flughafen, der seit dem 7. Oktober 2005 andauert, ist ein exemplarischer Fall der Auseinandersetzung mit der Politik von global operierenden Investmentfirmen.


Gate Gourmet wurde 2001 von der Private-Equity-Firma Texas Pacific Group (www.tpgvc.com) mit Sitz in Menlo Park und San Francisco in Kalifornien aus der Konkursmasse der Swiss Air übernommen. Gate Gourmet ist nach der Lufthansa-Tochter LSG Sky Chefs die weltweit zweitgrößte Catering-Firma für Bordverpflegung. Laut eigenen Angaben betreibt sie mit 22.000 Beschäftigten 109 Bordküchen in 29 Ländern auf 5 Kontinenten und erwirtschaftete einen Ertrag von 2,4 Mrd. Schweizer Franken in 2004 (www.gategourmet.com).

Private-Equity-Firmen sind eine neue Form der Kapitalanlage, die deutlich höhere Gewinnmargen verspricht als an der Börse oder im üblichen Unternehmergeschäft zu erzielen sind. Ihre Strategie: sie kaufen Firmen „mit Potential“ auf, strukturieren sie in kurzer Zeit um und machen sie profitabler, und verkaufen sie dann mit Gewinn weiter. Als weitgehend unbekannte und anonym operierende Finanzinvestoren können sie sehr viel drastischere Rationalisierungsmaßnahmen als bekannte Markenfirmen durchsetzen. Ihr Ziel ist es ohnehin nicht, eine Firma lange zu halten. Spätestens nach vier bis sieben Jahren wird die Firma wieder verkauft. Was dies bedeutet, führt die Texas Pacific Group in exemplarischer Weise vor. Besonders bekannt wurde hierzulande der Fall des Badamaturenherstellers Grohe. In seiner Fernsehdokumentation „Und du bist raus. Wie Investoren die Traditionsfirma Grohe auspressen“ hat Hubert Seipel diese Politik deutlich dargestellt (ARD, 11.1.2006).

Im Fall Gate Gourmet folgte unmittelbar auf die Übernahme durch die Texas Pacific Group eine monatelange Durchleuchtung der betrieblichen Abläufe durch die Unternehmensberatungsfirma McKinsey. Sie rationalisierte die Produktion und verdichtete alle Arbeitsabläufe derart, dass sie für die Beschäftigten unerträglich wurden. Die Beschäftigten wurden einem enormen Druck durch die Geschäftsleitung ausgesetzt. Obwohl Gate Gourmet profitabel arbeitet, verlangt die Firmenleitung bzw. die Eigentümerin Texas Pacific Group weitere Einschnitte wie die Abschaffung des Weihnachtsgeldes, die Streichung von 5 der 30 Urlaubstage, eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich und die Kürzung von Zulagen. Insgesamt pocht sie bis heute auf einer dauerhaften und weltweiten Senkung der Personalkosten um 10 Prozent.

Am 7. Dezember war es bereits zu einem Verhandlungsergebnis zwischen der Leitung von Gate Gourmet in Deutschland und der gewerkschaftlichen Tarifkommission gekommen, die aber keine 24 Stunden später auf Anweisung der Texas Pacific Group widerrufen wurde. Auch die nächsten Tarifgespräche am 5., 19. und 20. Januar brachten keine Annäherung. Die nächsten Verhandlungen sind nun auf den 2.2.2006 anberaumt (ab 9.30 Uhr im Hotel Lindner Airport, Unterrather Str. 108, Ratingen, Nähe Flughafen Düsseldorf).

Das Verhalten der Firma Gate Gourmet hatte schon im August letzten Jahres für Aufsehen gesorgt, als sich am 10. und 11.8.2005 das Bodenpersonal der British Airways am Londoner Flughafen Heathrow mit 670 Beschäftigten von Gate Gourmet, die fristlos entlassen worden waren, solidarisierte und die Arbeit niederlegte. Dieser inoffizielle Streik fand ein breites Echo in der Weltpresse, weil er zu weitreichenden Turbulenzen im internationalen Luftverkehr führte. Außerdem fand es viel Beachtung, dass die Beschäftigten von Gate Gourmet – zum größten Teil schlechtentlohnte und migrantische ArbeiterInnen – durch einen Solidaritätsstreik auf sehr wirksame Weise unterstützt wurden.

Zur Zeit kämpft die Düsseldorfer Belegschaft noch alleine, da sie von der Gewerkschaft NGG vertreten wird, die übrigen Filialen aber von der Gewerkschaft ver.di. Ver.di hat nun aber angekündigt, ab dem 1.2.2006 die unterbrochenen Tarifverhandlungen mit Gate Gourmet wieder aufzunehmen. Es ist zu erwarten, dass sie in diesen Verhandlungen mit derselben Forderung nach Personalkostensenkung konfrontiert werden und sie nur mit einem Streik die Interessen ihrer Mitglieder sichern können.

Zur Unterstützung des Streiks in Düsseldorf hat es in den letzten Monaten eine ganze Reihe von wirksamen Aktionen gegeben. So wurden die Fluggäste, vor allem des Hauptkundens LTU der Firma Gate Gourmet, auf den Streik aufmerksam gemacht; Leiharbeitsfirmen, die den Streikbruch vor Ort organisieren, wurden öffentlich aufgefordert, ihre Arbeitskräfte aus dem bestreikten Betrieb abzuziehen. Vor allem zeigten einige Torblockaden wie am 24.12.2005 oder am 14.1.2006 Wirkung, da sie für einige Stunden den Streikbruch verhindern konnten und es zu Verspätungen von Abflügen kam.

Mit der zentralen Kundgebung am 4.2. in Frankfurt wollen wir eine breitere Öffentlichkeit für diesen Streik und seine Bedeutung schaffen. Im Wahlkampf vor den Bundestagswahlen wurde diese neue Art von Anlagekapital mit dem populistischen Begriff der „Heuschrecke“ bekannt gemacht und breit diskutiert. Nun streikt eine kleine Belegschaft (ca. 80 Beschäftigte) seit bald vier Monaten gegen eine dieser Firmen und es ist vor allem beachtlich, wie geschlossen und mit welcher Entschiedenheit sie an ihren Zielen festhält – und dies trotz massiver Einschüchterungsversuche seitens der Firmenleitung. Dieser Kampf verdient daher mehr Beachtung und bedarf der breiten Unterstützung.

Weitere Informationen zum Streik finden sich auf den Webseiten der Gewerkschaft NGG und des Solidaritätskreises in Düsseldorf:

www.ngg.net
www.gg-streik.net