„Migration und Flüchtlingsschutz im Zeichen der Globalisierung“ - PRO ASYL und medico international stellen gemeinsames Positionspapier vor

erstellt von PRO ASYL / medico international — zuletzt geändert 2008-06-08T18:41:32+01:00
medico international und PRO ASYL fordern von der Europäischen Union eine drastisch veränderte Politik im Bereich des Flüchtlingsschutzes und der Entwicklungshilfe. Mit der Broschüre „Migration und Flüchtlingsschutz im Zeichen der Globalisierung“ veröffentlichen erstmals eine entwicklungspolitische und eine überwiegend im Inland tätige Menschenrechtsorganisation eine gemeinsame Positionsbestimmung.

Es werde immer deutlicher sichtbar, so medico international und pro asyl, in welchem Umfang politisches Fehlhandeln und Versäumnisse der industrialisierten Staaten Ursache von Flucht und Zwangsmigration seien. Während die Welt im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung näher zusammengerückt sei, hätten sich Strukturen der Ungleichheit in vielen Regionen verfestigt.

Eine Politik, die auf immer neue Abwehrmaßnahmen gegen Flüchtlinge und Migranten sinne, sei inhuman und kurzsichtig. „Boote der europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX vor den Küsten Afrikas sind keine Lösung, sondern Teil des Problems“, sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Scharf kritisieren medico international und PRO ASYL die Rolle der europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX. Sie fühle sich bei ihren Operationen nicht an die völkerrechtlichen Garantien der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention gebunden. FRONTEX versuche, Asylsuchende und Schutzbedürftige zu illegalen Migranten umzudeklarieren.

medico international und PRO ASYL fordern die Schaffung neuer rechtlicher Schutzinstrumente für Menschen, die auf der Flucht vor Umweltveränderungen und Klimawandel ihre Herkunftsstaaten verlassen müssen. Die Hauptverursacher der globalen Umweltprobleme seien auch dafür verantwortlich, an Lösungen mitzuwirken. Eine Wirtschafts- und Handelspolitik, die den Schutz der ökologischen Lebensgrundlagen ernst nehme, anstatt sehenden Auges ganze Volkswirtschaften in den Ländern des Südens zu vernichten, sei erforderlich. „Der Abbau der Agrar- und Fischereisubventionen der Europäischen Union ist ein erster Schritt, der sofort gegangen werden muss“, so Thomas Gebauer, Geschäftsführer von medico international. Entwicklungshilfe könne nicht kompensieren, was hier an Verwüstungen bereits angerichtet worden sei.

medico international und PRO ASYL weisen die populistischen Horrorszenarien zurück, mit denen Politiker in EU-Staaten innerhalb der Bevölkerung Ängste vor einem vermeintlichen Ansturm von Armutsflüchtlingen wecken. Für eine EU mit etwa 500 Millionen Einwohnern sei sowohl eine humane Aufnahme von Flüchtlingen als auch eine geregelte Einwanderungspolitik machbar. Stattdessen trage die rigide Abschottungspolitik der EU-Staaten dazu bei, dass die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge unter prekären Bedingungen in Notbehausungen und Flüchtlingslagern der Entwicklungs- und Schwellenländer leben müsse.

Die beiden Organisationen warnen dringend davor, unter dem Stichwort der „zirkulären Migration“ das Gastarbeiter- bzw. Rotationsmodell wiederzubeleben. Eine selektive Anwerbepolitik nach Nützlichkeitsgesichtspunkten, verbunden mit einem rigiden Rückkehrzwang, sei menschenrechtlich nicht zu verantworten. Das Konzept diene vielmehr dazu die südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers und westafrikanische Staaten als „Türsteher Europas“ in Dienst zu nehmen. Bereits jetzt spanne sich ein Netz von Rückübernahmeabkommen über die Region. Als Gegenleistung für die Verlagerung des EU-Außengrenzschutzes in die Herkunftsregionen von Flüchtlingen seien bereits in den letzten Jahren bilateral höhere Entwicklungshilfeleistungen und befristete legale Arbeitsmöglichkeiten für streng begrenzte Kontingente von Arbeitsmigranten versprochen worden.
 
gez. Günter Burkhardt                                             gez. Thomas Gebauer
Geschäftsführer von PRO ASYL                            Geschäftsführer von medico international

Presseerklärung, 5. Juni 2008


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