500 Millionen für Öffentlich-Private-Partnerschaft: Mehr als grob fahrlässig

Zu dem heutigen Beschluss des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main, der Stadtverordnetenversammlung vorzuschlagen, die Sanierung und den Betrieb städtischer Bauwerke im Umfang von 500 Millionen Euro in Form einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) auszuschreiben, erklärt Stadtrat Achim Kessler (DIE LINKE):

„Mit diesem Beschluss schlägt die Magistratsmehrheit die schweren Bedenken
seines eigenen Revisionsamtes in den Wind, das empfohlen hatte, die Vorlage
nicht zu beschließen. Das ist in Anbetracht des Projektzeitraums von 30
Jahren und des Finanzvolumens von 500 Millionen Euro mehr als grob
fahrlässig. Ich appelliere an die Stadtverordneten aller Parteien, diesem
Vorschlag des Magistrats nicht zu folgen.

Es ist ein Armutszeugnis, wenn der Magistrat mehr und mehr öffentliche
Aufgaben – mit dem Hinweis auf deren größere Effizienz – an
Privatunternehmen vergibt, anstatt dafür zu sorgen, dass die eigene
Verwaltung endlich professionell und effizient funktioniert. Letztlich muss
die eigene Unfähigkeit – erinnert sei an die immensen Kostenüberschreitungen
bei Bauprojekten in der letzten Zeit – als Begründung dafür herhalten, dass
immer mehr öffentliche Aufgaben dem Profitstreben privater Unternehmen
ausgeliefert und untergeordnet werden. Soziale Kriterien spielen dann keine
Rolle mehr.

Durch die langjährige Verpflichtung erheblicher Haushaltsmittel werden die
Spielräume zur politischen Steuerung in der Zukunft eingeschränkt.
Problematisch ist auch die lange Laufzeit: In 30 Jahren können sich die
Verkehrsverhältnisse stark ändern. Die Stadt wäre also möglicherweise
verpflichtet, für den Betrieb von Brücken und anderen Bauwerken zu bezahlen,
die längst nicht mehr benötigt werden.

Aber ganz abgesehen davon, hat das Revisionsamt selbst den finanziellen
Vorteil der ÖPP-Maßnahme in Zweifel gezogen. Sämtliche Risikozuschläge für
die ÖPP-Variante seien pauschal um 50 Prozent reduziert worden. Dadurch
wurde deren finanzieller Vorteil gegenüber einer Eigenrealisierung künstlich
hochgerechnet.

Neben dem Hinweis auf teilweise noch unbekannte Risiken von ÖPP-Projekten
warf das Revisionsamt auch die Frage auf, ob das Projekt wegen der
kreditähnlichen Haushaltsbelastung vom Innenministerium als Aufsichtsbehörde
genehmigt werden müsse.

Bereits jetzt wurden 735 000 Euro für die Vorbereitung des Projekts
ausgegeben. Für die Vorbereitung der Ausschreibung werden Millionenbeträge
folgen. Wer kommt für diese Kosten auf, wenn die Aufsichtbehörde die
Genehmigung verweigert?“

Dr. Achim Kessler
Stadtrat

Frankfurt am Main, den 18. März 2010

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