8.4.2017 Welt Roma Tag

erstellt von Förderverein Roma — zuletzt geändert 2017-04-08T09:35:39+01:00
Ausgrenzung und Verachtung gegenüber Roma und Sinti nimmt zu

Am 8.4. wird weltweit, anlässlich des ersten Welt-Roma-Kongresses 1971 in London, an die kontinuierliche Ausgrenzung und Diskriminierung, an Deportation und Vernichtung in der NS-Zeit, der eine halbe Million Roma und Sinti zum Opfer fielen, erinnert.

Die massenhafte Abschiebung von Roma-Flüchtlingen - denen durch die politische Festsetzung der sogenannten sicheren Herkunftsländer per se Fluchtgründe abgesprochen werden - in Verfolgung und Perspektivlosigkeit, ist ebenso Gegenstand der Proteste, wie die zunehmende, rassistisch motivierte und tödliche Gewalt gegenüber der Minderheit.

Verarmungsprozesse, vor allem in den osteuropäischen Ländern, führen dazu, dass Roma und Sinti mehr denn je, für politische und ökonomische Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht werden und der Mehrheit als Zielscheibe dienen. Dies endet in Pogromen, verstärkter Marginalisierung und Verelendung. Die schlechten Lebensbedingungen, die vorenthaltenen Bildungschancen, die enorme Arbeitslosigkeit führen zu einer erheblich reduzierten Lebenserwartung. Die größte Minderheit in Europa hat unter der höchsten Kindersterblichkeit zu leiden.

Roma, die als EU-Bürger von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen und versuchen, in Westeuropa eine Perspektive aufzubauen, stoßen auch hier auf Ablehnung, Ignoranz und Rassismus. Menschen, die nicht genügend Mittel haben, werden durch die Verweigerung öffentlicher Unterstützung ihrem Elend überlassen. Öffentliche Hilfe wurde vollständig abgeschafft. Durch Aushungern, wie es der Paritätische Wohlfahrtsverband formulierte, werden insbesondere Roma gezwungen, die Stadt oder das Land zu verlassen. Soweit noch keine aufenthaltsrechtliche Handhabe durch den Entzug der Freizügigkeit besteht, sollen sozial- und ordnungspolitische Restriktionen zur Vertreibung führen. Dort wo Betroffene notgedrungen ihre Armut selbst organisieren, sich mit verschiedenen Arbeiten über Wasser halten und die Familien in Rumänien oder Bulgarien mitversorgen, wird diese Struktur, wie kürzlich durch die Räumung der Brache in Frankfurt am Main, restlos zerstört. Die Menschen sollen durch den Entzug ihrer kärglichen Lebensgrundlage und des minimalen Besitzes verschwinden.

Allein in Frankfurt wurden im letzten Halbjahr 2016 zwei Brandanschläge auf Roma verübt, einer davon auf die Schlafstätte von sechs Obdachlosen. Nähere Umstände oder gar die Täter sind bis heute nicht ermittelt. Die Medienberichterstattung trägt größtenteils dazu bei, die Vorurteile innerhalb der Gesellschaft gegenüber Roma und Sinti weiter zu vertiefen, indem Stereotypen gezielt instrumentalisiert werden. Fälle von Diskriminierung, Behördenwillkür und Gewalt durch die Polizei, dem Förderverein Roma liegt eine aktuelle Beschwerde eines Roma über Misshandlungen vor, häufen sich. Umfragen ergeben deckungsgleich, dass keine Gruppe unter Ablehnung und Verachtung seit Jahren so zu leiden hat, wie die der Roma und Sinti.

Diese Ablehnung mit der Realität jahrhundertealter, ungebrochener Stigmatisierung und der Vernichtung im Nationalsozialismus und deren Wirkungsgeschichte in Kontext zu setzen, wird ausgeblendet. Eine gesellschaftliche Verantwortung, dass das Menschheitsverbrechen an Roma und Sinti, für das die Betroffenen bis in die 60er Jahre selbst schuldig gesprochen wurden, sich nicht wiederholt, findet öffentlich keine relevante Resonanz und ist nicht erwünscht, wenn es um die Ursache alltäglicher Verachtung geht.

Der Welt-Roma-Tag ist jedoch auch ein Tag, an dem Widerstand, Perspektive und Zuversicht  im Mittelpunkt stehen. Durch die bereits seit den 50er Jahren aufgebauten Selbsthilfeorganisationen, den 1982 gegründeten Zentralrat der deutschen Sinti und Roma, den Bundes Roma Verband, vielen weiteren Vereinigungen und engagierten UnterstützerInnen ist es gelungen, den Protest öffentlich zu machen, Missstände und Zuständigkeiten zu benennen, Veränderungen einzufordern und zu realisieren!


Förderverein Roma e. V., Ffm., den 7.4.2018