Absolut unverständlich: Stadt Frankfurt will ein weiteres PPP-Finanzprodukt für 30 Jahre unterschreiben - Die GEW fordert: Kein weiteres Finanzprodukt für die Banken zu Lasten der Stadt!

erstellt von GEW Bezirksverband Frankfurt — zuletzt geändert 2012-10-04T01:08:34+02:00
Für den GEW-Bezirksverband Frankfurt ist es absolut unverständlich, dass die Stadt Frankfurt die IGS-West als PPP-Projekt auf den Weg bringen will. Für ein Investitionsvolumen von 25 bzw. 27 Mio € für die IGS-West ist die Stadt bereit, das Zweieinhalbfache, nämlich 67,5 Mio € auszugeben und damit ein weiteres Finanzprodukt mit einer Laufzeit von 30 Jahren auf den Markt zu bringen, an dem mehrere Beraterfirmen sowie Banken auf Kosten der Stadt verdienen sollen.

Das Magistratsargument, dass für die Errichtung der Schule kurzfristig keine
Baumittel zur Verfügung stünden, kann doch wohl nicht ernsthaft für ein
„kreditähnliches Rechtsgeschäft“- in Wahrheit einen Schattenhaushalt –
herhalten, und das in einer Situation, wo die Zinsen für die Kommune
unschlagbar günstig sind.

Die GEW hatte damit gerechnet, dass nach dem Scheitern des PPP-
Brückenprojekts endlich Vernunft in den Römer einkehren würde und die
Argumente gegen PPP und für Rekommunalisierung dort angekommen seien.

Diese Argumente waren und sind:


1. Die „Berater“ der Stadt sind i.d.R. nicht neutral.

Von den drei Beratungsfirmen steht eines, die VBD Beratungsgesellschaft mbH,
eindeutig für PPP (1); die PROPROJEKT Planungsmanagement & Projektberatung
GmbH mit dem ehemaligen Frankfurter Baudezernenten Protzmann war am PPP-
Projekt Hessencampus Dreieich beteiligt.
Und auch die Stefano GmbH & Co KG Pullach mit acht  Mitarbeitern, die den Zuschlag
für Bau und Betrieb der Schule bekommen hat, sagt von sich: „Unser Schwerpunkt ist
das Finanzmanagement“ (Homepage).

2. PPP-Projekte sind erheblich teurer als Sanierung und Unterhaltung in
Eigenregie!
PPP-Vorteile sind bisher bei ÖPP-Projekten nicht dauerhaft
nachgewiesen worden. Im Gegenteil: Bereits für das erste PPP-Projekt
„Bildungszentrum Ostend“ hatte das Frankfurter Revisionsamtes errechnet, dass es
teurer kommen würde als Bau und Betrieb in Eigenregie.  
Auch bei dem G/g (?)rößeren der beiden PPP-Projekte im benachbarten Landkreis
Offenbach, das nur über 15 Jahre abgeschlossen wurde, laufen die veranschlagten
Kosten davon (von 52 Mio € auf 73 Mio € jährlich), sodass das PPP-Projekt die
Kommune nicht 18,75% günstiger kommen dürfte, wie zu Beginn behauptet, sondern
bereits nach sechs Jahren Laufzeit um 8,5% teurer.
Wo bleibt eine seriöse und für Parlamentarier nachvollziehbare
Wirtschaftlichkeitsberechnung für das PPP-Projekt IGS-West?

3. Die Fortfaitierung, die auch für das PPP-Projekt IGS-West abgeschlossen
werden soll, heißt, dass die Stadt auch bis zu 30 Jahren zahlen muss - ohne jede
Gegenleistung, wenn der Investor insolvent wird.


4. Die PPP-„Leasingraten“ pro Jahr verschlingen - 30 Jahre lang -  einen
überproportional hohen Anteil der jährlichen investiven Bildungsausgaben der
Stadt FFM.

Die Stadt gibt das Bau- und Unterhaltungsvolumen im Haushaltsjahr 2012 für die rund
150 Schulen mit 74 Mio € an (Etatantrag E 15). Die 2,25 Mio € Jahresrate für die IGS-
West macht 3% dieser Summe aus für 0,7% der Schulen (1 von 150).  
Für die 4 Frankfurter PPP-Schulen der 2. Welle bindet diese Finanzierungsart bereits  
12 % der investiven Mittel – für 2 % der Schulen!
Vor dem Hintergrund der hessischen Bildungsmisere und dem baulichen Zustand der
Frankfurter Schulen, von Sicherheitsauflagen wie Feuerschutz und hygienischen
Mängel  ganz zu schweigen, sprechen diese Zahlen für sich!  

5. Die Stadt begibt sich mit dem PPP-Projekt für die nächsten 30 Jahre in eine
Situation der Unflexibilität und der fixen Kosten
, weil sie so lange vertraglich
gebunden ist. Dies widerspricht auch dem sonst insbesondere von Grünen
propagierten Prinzip einer „nachhaltigen Entwicklung“.

6. Mit dem Finanzprodukt PPP ist immer eine Aushöhlung der kommunalen
Demokratie verbunden
, weil prinzipiell aus Gründen des angeblichen Vorrangs des
privaten Vertrags- und Wettbewerbsrechts und des damit verbundenen Datenschutzes
das Parlament unzureichend informiert und seiner Kontrollrechte beraubt wird.


1
VBD Beratungsgesellschaft mbH: Hartmut Fischer war als Kompetenzteamleiter des
Konsortiums maßgeblich an der Erstellung des vom Bundesministerium 2003 in Auftrag
gegebenen Leitfadens »PPP im öffentlichen Hochbau« sowie an der Erarbeitung der
Empfehlungen zur Einrichtung eines PPP-Kompetenzzentrums beteiligt.  
Als Experte auf dem Gebiet ÖPP tritt Hartmut Fischer regelmäßig bei Fachseminaren und
Messen auf.  (Homepage VBD)

 

PS:
Der Publizist und Fachmann in Bezug auf Cross-Border-Leasing, PPP und
ähnlichen Finanzmodellen Werner Rügemer hat PPP-“Leuchtturmprojekte“ der
vergangenen 12 Jahre zusammengestellt und sie als „eine Spur des Scheiterns“
bezeichnet.
Auf der attac-Homepage kann nachgelesen werden:
„Zwölf Jahre lang hat man uns mit Versprechungen zu PPP überschüttet. Länder und
Gemeinden haben wie im Rausch in hunderten von PPP-Projekten das Geld der
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verprasst. Heute, im Jahr 2012, ist das Erwachen
böse. PPP sei schneller, effizienter, nachhaltiger - nichts davon hat sich bewahrheitet.
Es gibt exorbitante Baukostensteigerungen wie bei der Hamburger Elbphilharmonie.
Laufende Kosten stellen sich als weit überhöht heraus wie bei den 90 Schulen im
Landkreis Offenbach. Schon nach einem Jahr bröckeln Straßenbeläge wie bei der A1
zwischen Hamburg und Bremen. Wir dokumentieren für die vergangenen 12 Jahre pro
Jahr exemplarisch ein PPP-Projekt. Einige davon waren Pilotprojekte, andere
„Leuchttürme, dritte erhielten den „PPP-Innovationspreis“. Die Erfahrungen mit diesen
„herausragenden PPP-Projekten stehen für das Scheitern des Prinzips PPP, aber sie
belegen auch konkret, wie dieses Scheitern aussieht und wie es das Gemeinwohl
schädigt. (Weiteres siehe attac-Homepage)

 

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