AgR-Rückblick: Der verschwörungsideologischen Querdenken-Mischszene entgegentreten

erstellt von Aufstehen gegen Rassismus RheinMain — zuletzt geändert 2021-12-12T12:20:52+01:00
Wir waren in den letzten Tagen vornehmlich damit beschäftigt, schnell und flexibel auf die aktuellen Geschehnisse zu reagieren. Nicht nur an den vorgangenen Samstagen (#ffm0412, #ffm1112), sondern quasi durchweg waren Aktionen unterschiedlicher Akteur*innen der verschwörungsideologischen Querdenken-Mischszene angekündigt. Aber ob Adventssingen, Kritik an den Corona-Schutzmaßnahmen, Schweigemarsch oder Widerstand 4.0 – hinter diesen irreleitenden Benennungen verstecken sich letztlich immer rechtsoffene Schwurbler*innen mit demokratiefeindlicher Grundhaltung.

03.12.2021 | 18 Uhr | Frankfurt (Bornheim Mitte)
Beobachtung: Adventssingen (Querdenken-Subgruppe)

An diesem Freitagabend rief diese QD-Fraktion aus Frankfurt zu einem sog. Adventssingen auf dem Bornheimer Marktplatz in Frankfurt auf, um ihre verstiegenen Ansichten singender Weise im öffentlichen Raum zu verbreiten. Aktive von AgR RheinMain waren ebenfalls vor Ort, um unsere Plakate zu präsentieren und per Präsenz Paroli zu bieten. Diese Aktion von Querdenken war aber an diesem Wochenende leider nur der Auftakt zu einer Vielzahl von Veranstaltungen, die die Schwurbler*innen für die nachfolgenden Tage in Frankfurt angemeldet hatten.

04.12.2021 | 13 Uhr | Mahnwache (Frankfurt, Willy-Brandt-Platz)
#ffm0412: Schluss mit Demos/Kundgebungen von demokratiefeindlichen, rechtsoffenen Corona-Leugner*innen und Impfgegner*innen

Schon an den vorherigen Samstagen waren teilweise mehr als 2000 Menschen aus dem "Querdenken"-Umfeld in der Frankfurter Innenstadt auf die Straße gegangen – und hatten dabei größtenteils trotz der Pandemie die AHA-Auflagen nicht eingehalten. Zudem sprach die Presse von "rechtsextremer Beteiligung" bei den Corona-Leugner*innen-Demos. An diesem Wochenende hatten die Querdenker*innen bzw. deren Untergruppen mind. sechs Kundgebungen an verschiedenen Stellen in Frankfurt angemeldet.

Aber dieses Mal gab es entschiedene Gegenwehr, denn viele zivilgesellschaftlich bzw. politisch aktive Gruppen haben nicht tatenlos zugesehen. Schließlich hat "nicht zuletzt der Mord in Idar-Oberstein gezeigt, dass unter dem Label ‚Querdenken' extrem rechte und antisemitische Positionen in die Öffentlichkeit getragen werden und tödlich enden können." Das mit uns befreundete Bündnis "Aufklärung statt Verschwörungsideologien", das bereits im vergangenen Jahr regelmäßig gegen Demonstrationen von Impfgegner*innen und Verschwörungsanhänger*innen protestiert hatte, hatte für diesen Samstag massiv mobilisiert und dazu aufgerufen, ab 13 Uhr in die Innenstadt zu kommen.

Wir von Aufstehen gegen Rassismus RheinMain haben uns diesem Aufruf angeschlossen. Daher waren einzelne AgR-Aktive ab 12 Uhr am Willy-Brandt-Platz anzutreffen, wo uns vom Frankfurter Ordnungsamt eine Stelle für unsere Gegenaktion zugewiesen worden war.

Für die erneuten Corona-Leugner*innen-Aktionen hatte die Stadt klare Auflagen vorgegeben und die Polizei angekündigt, Verstöße konsequent zu ahnden. Die Anmelder*innen der Kundgebungen zeigten sich nach Angaben der Polizei aber alles andere als kooperativ. Deshalb erklärte die Polizei schnell beide Veranstaltungen für beendet, forderte alle Teilnehmenden auf, die Orte zu verlassen und begann zu räumen. Nach der Auflösung der Demonstration (Reuterweg; ca. 1500 Personen) und der Kundgebung (Opernplatz; ca. 700 Personen) und der Erteilung des Verbots, Versammlungen thematisch gleichen Inhalts abzuhalten, war die Lage bis in den Abend hinein unübersichtlich. Kleine und größere Gruppen aus dem "Querdenken"-Umfeld liefen mit ihren Schildern durch die Innenstadt, brüllten ihre verschwurbelten Slogans und versuchten, sich neu zu sammeln. Gleichzeitig waren dieses Mal auch viele Gegendemonstrant*innen unterwegs, die gegen die "Impfkritiker*innen" und "Querdenker*innen" auf die Straße gingen. Die Polizei schätzte am nachfolgenden Sonntag, es sei eine mittlere dreistellige Zahl an Gegendemonstrant*innen in der Stadt gewesen (ausführlicher FR-Bericht).

Fazit: Offenbar haben die Stadt Frankfurt und die Frankfurter Polizei gelernt, dass es bei diesen rechtsoffenen Zusammenkünften mehr zu verteidigen gibt als nur die öffentliche Sicherheit. Wir sehen das kompromisslose Durchgreifen als spätes politisches Signal, demokratische Grundsätze gegen demokratiefeindliche QD-Schwurbler*innen und rechte Gesinnungsverbrecher*innen durchzusetzen, die sich längst nicht mehr auf dem Terrain des demokratischen Konsenses bewegen.

05.12.2021 | 14 - 16 Uhr | Frankfurt (Opernplatz)
Schweigemärschler*innen auch an diesem rechtsoffenen Wochenende unterwegs

Nach dem höchst turbulenten Samstag fanden sich an diesem Sonntagnachmittag nur wenige Personen ein, um ihre monatliche Runde zu drehen. Aber dennoch: Ein AgR-Aktiver war vor Ort, um die Reaktion dieser QD-Untergruppe auf den Vortag zu erfassen. Das geringe Interesse lässt darauf schließen, dass deren "Aktionslust" nach den samstäglichen Ereignissen "verbraucht" war - und dass unsere bisherige Annahme zutreffend ist, sie als niedrigschwelliges Angebot dem rechtsoffenen, demokratiefeindlichen Querdenken-Spektrum zuzuordnen.

Wir bewerten ihr Engagement grundsätzlich ähnlich wie vor einem halben Jahr, d.h. wir nehmen diese lokale Untergruppe der äußerst heterogenen deutschlandweiten Querdenken-Bewegung ernst und werden bei kommenden "Märschen" die vorbeilaufenden Passant*innen aufklären, indem wir ihnen unseren 4-seitigen Infoflyer mit informativen Kernaussagen zum Schweigemarsch.de zur Hand reichen.

11.12.2021 | 13 Uhr | Mahnwache (Frankfurt, Willy-Brandt-Platz)
#ffm1112: Schluss mit Demos/Kundgebungen von demokratiefeindlichen, rechtsoffenen Corona-Leugner*innen und Impfgegner*innen

Die Versammlungsbehörde im Frankfurter Ordnungsamt hatte schon am 9. Dezember eine für Samstag (11. Dezember) angemeldete coronamaßnahmenkritische Versammlung untersagt. Ursprünglich sollten 1500 erwartete Teilnehmenden in einer Demonstration mit Kundgebungen unter dem Motto "Schutz der Kinder vor der Corona-Schutzimpfung" von 15 bis 20:30 Uhr durch die Frankfurter Innenstadt ziehen. Bereits am Dienstag, 7. Dezember, hatte das Ordnungsamt vier angemeldete Demonstrationszüge der gleichen Anmelderin untersagt.

Die Gegenkundgebung ab 13:00 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz wurde jedoch genehmigt. Aktive von Aufstehen gegen Rassismus RheinMain waren ebenfalls am Willy-Brandt-Platz, um unsere Plakate zu präsentieren und Materialien zu verteilen. Die Anmelderin Seebrücke Frankfurt hatte eine Anlage bereitgestellt, und es wurden inhaltlich überzeugende Reden gehalten. Gegen 14:30 Uhr kamen die anwesenden Aktiven der Gruppen zusammen und besprachen ihr weiteres Vorgehen. 

Ab 15 Uhr wurden die Verhältnisse leicht unübersichtlich. Auf dem Opernplatz kamen immer mehr Kritiker*innen der aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen zusammen. Masken tragen und Abstand halten wollten diese "Querdenker*innen" jedoch nicht, während sie den seichten Klängen der vorweihnachtlich gestimmten Kapelle am Brunnen lauschten. Laut Augenzeugenberichten befanden sich Mitglieder der rechtsextremen Szene unter den Anwesenden, weshalb die Antifa zur spontan lautstarken Gegenaktion antrat.

Ab 16 Uhr setzten sich diese Personen größtenteils in Richtung Rathenauplatz ab, wo gegen 17:00 Uhr die genehmigte Kundgebung von "Frankfurt gegen 5G" stattfand. Dort hatten sich laut offiziellen Angaben Personen in zweistelliger Anzahl eingefunden. Viele der Teilnehmenden verstießen unübersehbar gegen die Auflagen, indem sie keine Masken trugen und keinen Mindestabstand zueinander einhielten. Leider ist die Polizei diesmal nicht konsequent gegen diesen Verstoß vorgegangen, um ihren öffentlichen Schutzauftrag sicherzustellen. Eine erste vorherige Versammlung war jedoch aufgelöst worden. Wie die Frankfurter Polizei gegenüber der Presse bestätigte, hatten sich trotz Versammlungsverbots rund 70 Personen am Reuterweg (Nähe Rothschildpark) eingefunden. Gegen 18:30 Uhr war auch die Veranstaltung am Rathenauplatz beendet, ohne dass es zu erwähnenswerten Vorfällen zwischen Teilnehmenden der eigentlichen Kundgebung und Gegendemonstrierenden gekommen war.

Fazit: Wir begrüßen die behördliche Entscheidung des klaren, frühzeitigen Verbots ausdrücklich. Unser Protest und Anwesenheit am vorherigen Samstag haben ggf. auch eine Rolle gespielt. So wurden sowohl die Gesamtanzahl der Teilnehmenden als auch der Anteil der recht(sextrem)en Kräfte erkennbar eingedämmt. Diese Form des proaktiven Demokratieschutzes mit behördlicher Unterstützung darf, ja muss unserer Ansicht nach viel öfter stattfinden.

aus: Newsletter AgR RheinMain - KW 49/2021