Anfrage und Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer zur Räumung der Westendvilla Schumannstraße 60

erstellt von DIE LINKE. Fraktion im Römer — zuletzt geändert 2011-10-29T13:07:45+01:00
Anfrage zur Räumung der Westendvilla Schumannstraße 60 vom 25.10.2011 und Antrag "Räumung der Westendvilla Schumannstraße 60 - Keine Strafanzeige gegen die Besetzerinnen und Besetzer" vom 27.10.2011:

Frankfurt, 25. Oktober 2011

Anfrage 
des Stadtverordneten Peter Gärtner der Fraktion DIE LINKE. im Römer
gemäß § 50 II Satz 5 HGO

Räumung der Westendvilla Schumannstraße 60

Am Donnerstag, den 20. Oktober 2011, wurde nach 20 Uhr die seit 2 Jahren leerstehende
Westendvilla in der Schumannstraße 60 geräumt, nachdem sie zuvor von Studenten besetzt
worden war.

Der Magistrat wird gebeten, dazu die folgenden Fragen nach Rücksprache mit den
zuständigen Stellen der Polizei und des Landes Hessen zu beantworten:

1. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde die polizeiliche Räumung der Westendvilla -  ohne
vorausgegangene Verhandlungen mit den Besetzern über ein freiwilliges Verlassen der
Räumlichkeiten  -  durchgeführt?  

2. Warum wurde vor 2 Jahren das Gebäude nach dem Verlassen des Instituts der Goethe -
Universität nicht unmittelbar wieder der Wohnnutzung zugeführt? 

3. Warum wurde das leerstehende Gebäude trotz eklatanter Wohnraumnot für Studenten
geräumt? 

4. Mit welcher Begründung und durch welche Umstände war der Einsatz eines Polizeiaufgebots in
Kampfausrüstung gerechtfertigt, obwohl es sich um eine friedliche Besetzung handelte und von
den Besetzern keinerlei Gefahr ausging? Z. B. war auf einem an der Hauswand angebrachten
Transparent die Telefonnummer der Verhandlungsführer im Haus groß und leserlich veröffentlicht.

5. Warum wurden die Besetzer bei ihrer Verhaftung mit scharfkantigen Kabelbindern gefesselt?
Welche Verletzungen hatten die Maßnahmen zur Folge?

6. Warum wurden die Personalien der Besetzer, die in Polizeigewahrsam gebracht wurden, nicht
wie allgemein üblich vor Antritt der Fahrt festgestellt, um eine unzulässige Unterbringung z. B. von Minderjährigen in Polizeigewahrsam zu verhindern?

7. Womit wird der mehrfache Schlagstockeinsatz begründet? 

8. Wie hoch waren die Kosten für den Polizeieinsatz?

9. Warum wurde vom Hessischen - Immobilien - Management oder dem vorherigen Eigentümer,
der Goethe – Universität, ein Wasserschaden nicht  beseitigt, um damit einer möglichen
Gefährdung der Bausubstanz des Kulturdenkmals vorzubeugen?

10. Wie hoch sind die Kosten für die Beseitigung der Schäden, die die Polizei bei der Räumung
verursacht hat, z.B. die Zerstörung der Eingangstür?

Begründung:

Die seit 2 Jahren leerstehende Westendvilla in der Schumannstraße 60 befindet sich im Besitz des
Landes Hessen. Von Seiten der Universität gab es eine Zusage, dass alle im Westend
freiwerdenden Institutsgebäude, die zuvor dem Wohnen dienten, sofort wieder einer Wohnnutzung
zugeführt werden. Diese Zusage wurde nicht eingehalten.

In Frankfurt herrscht eine große Wohnungsnot: Z. B. sah sich der ASTA der Goethe - Universität
gezwungen, in den Versammlungsräumen des Studierendenhauses auf dem Campus Bockenheim
vorübergehend zur Übernachtung Matratzenlager zur Verfügung zu stellen. Am Donnerstag
morgen hatte noch Universitätspräsident Müller-Esterl alle Vermieter Frankfurts aufgerufen,
dringend benötigten preisgünstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Daher wäre eine
Übergangsnutzung für studentische Wohnzwecke angebracht gewesen.

Die Polizei hat die Westendvilla ohne vorherige Ankündigung und ohne den Versuch einer
gewaltlosen Einigung mit brachialer Gewalt geräumt. Für die überhastete Räumung mit einem
großen Polizeiaufgebot bestand kein Anlass. Es gab keine " Gefahr im Verzug": Studenten und
Studentinnen hatten sich friedlich im Haus versammelt; und es gibt für das leerstehende Gebäude
keine Pläne für eine sofortige Sanierung. 

Der Einsatz der Polizei erfolgte nach Augenzeugenberichten mit großer Gewalt. Von dem Einsatz
von Leuchtspurmunition in der Schumannstraße - von der Presse als Auslöser für die polizeiliche
Vorgehensweise angegeben - war nach Auskunft von Zeugen trotz Dunkelheit nichts zu sehen.

Die Frage ist offen, warum das Hessische – Immobilien – Management als Hauseigentümer seiner
Fürsorgepflicht nicht nachkam und einen bereits bestehenden Schaden beheben ließ. Die
Begründung, dass die Räumung notwendig gewesen sei, um Schäden durch die Besetzung an der
Villa vorzubeugen, ist daher nicht nachvollziehbar und angesichts der durch die Polizei
verursachten Schäden in ihr Gegenteil verkehrt worden. Es drängt sich der Verdacht auf, dass
damit die Baufälligkeit der Villa und deren Abriss beschleunigt werden sollte.

Anfragesteller: 
Stv. Peter Gärtner

DIE LINKE. im Römer
Lothar Reininger
Fraktionsvorsitzender

 

Frankfurt, 27. Oktober 2011

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer

Räumung der Westendvilla Schumannstraße  60
Keine Strafanzeige gegen die Besetzerinnen und Besetzer

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird beauftragt, sich mit dem hessischen Immobilien-Management in
Verbindung zu setzen, damit diese die Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch in der
Schumannstraße 60 gegen die aus dem Studentenbereich kommenden Besetzerinnen
und Besetzer zurückzieht.

Begründung:
Angezeigt gehören die, die Wohnraum solange leer stehen lassen. 
Die Villa in der Schumannstraße 60 stand seit über 2 Jahren leer. Sie befindet sich im
Besitz des Landes Hessen und war vorher im Besitz der Goethe-Universität. In Frankfurt
suchen Tausende von Studenten bezahlbare Zimmer oder  Wohnungen (s. Frankfurter
Allgemeine Zeitung vom 22 .10.2011), dennoch wurde die Villa nicht wieder einer
Wohnnutzung zugeführt. Auf die Strafanzeige soll verzichtet werden, damit die persönliche
und berufliche Zukunft der Betroffenen durch einen Eintrag ins polizeiliche
Führungszeugnis nicht  gefährdet wird. Es soll keine Strafanzeige wegen
Hausfriedensbruch erstattet werden. Die Studenten folgten eigentlich dem Aufruf des
Universitätspräsidenten Müller-Esterl an die Frankfurter Wohnungseigentümer, den
dringend benötigten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Sie sahen die Räumlichkeiten
dementsprechend als freies Wohnprojekt an und wollten u.a. auf den kritikwürdigen
Missstand in Frankfurt hinweisen.
Für ihre Aktion dürfen sie nicht mit einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch „belohnt“.
werden.

DIE LINKE. im Römer

Lothar Reininger
Fraktionsvorsitzender

AntragstellerInnen:
Stv. Peter Gärtner
Stv. Dominike Pauli
Stv. Carmen Thiele
Stv. Merve Ayyildiz

 

DIE LINKE. Fraktion im Römer    
Bethmannstraße 3 e-mail:  info@dielinke-fraktion.frankfurt.de Telefon  (069) 95 92 909- 0
60311 Frankfurt am Main Internet:  www.dielinke-im-roemer.de Fax : (069) 95 92 909- 17