Belegschaft der Frankfurter Rundschau zeigt Eigentümern die Rote Karte - Erfolgreicher Aufruf zum Warnstreik
Warnstreik Rundschau

Belegschaft der Frankfurter Rundschau zeigt Eigentümern die Rote Karte - Erfolgreicher Aufruf zum Warnstreik

In einen zweistündigen Warnstreik vor dem Redaktionsgebäude im Frankfurter Colosseo und dem Druckbetrieb in Neu Isenburg sind am Donnerstag Mitarbeiter der Frankfurter Rundschau getreten. Damit wollten sie ihrer Geschäftsführung, der SPD und dem Kölner Mehrheitseigentümer M.DuMont Schauberg demonstrieren, dass sie weitere Entlassungen und eine angekündigte Tarifflucht nicht hinnehmen werden (siehe NRhZ 147).

Unterstützt wurden die streikenden Kolleginnen und Kollegen durch einen der profiliertesten deutschen Journalisten, der am 30. November 2001 nach mehr als 33 Jahren aus der Redaktion der Frankfurter Rundschau ausgeschieden war. In hunderten von Kommentaren, Glossen, Reportagen und Porträts, hatte Dr. Karl Grobe-Hagel als kritischer Journalist und Autor die politische Haltung der FR wesentlich mit geprägt. 

Willen zur Einheit demonstriert

Kernaussage des "alten FR-Haudegens“: Die Eigentümer der FR könnten die dort arbeitenden
Redakteure nicht gleichzeitig erlauben, nach Außen soziale Probleme öffentlich zu kritisieren und
sich für die berechtigten Ansprüche von Arbeitnehmern einzusetzen und dann selbst innerhalb
des Hauses das Gegenteil mit ihren MitarbeiterInnen tun. Selbst auf einige der "jungen Handlichen", also die inzwischen auf das von der Kölner Verlegerfamilie Neven DuMont eingeführte Tabloid-Halbformat mit möglichst kurzen Texten und vor allem vielen bunten Bilder eingeschworenen Redakteure schien Dr. Grobe damit Eindruck zu machen.

Vor dem Frankfurter Colosseo beteiligten sich etwa 90 Kolleginnen und Kollegen aus allen Abteilungen des Hauses, vor allem aus den Mantel- und Außenredaktionen an dem Warnstreik. Im Druckbetrieb Neu Isenburg legte fast die gesamte anwesende Belegschaft die Arbeit nieder und demonstrierte so den Willen zur Einheit im Druck- und Verlagshaus (DuV) Frankfurt am Main GmbH gegen betriebsbedingte Kündigungen und Tarifflucht.

Zahlreiche Solidaritätsschreiben

Außer Karl Grobe sprachen zu den Streikenden die ver.di-Vertrauensfrau und
Betriebsratsvorsitzende Ingrid Eckert, die Vertrauensleute Lothar Birzer und Rainer Maria
Kalitzky, aus der Redaktion der Vertrauensmann Edgar Auth, aus der Stadtredaktion die ver.di-
Vertrauensfrau Friederike Tinnappel und die ver.di-Gewerkschaftssekretäre Manfred Moos und
Berthold Balzer.

Marcel Bathis  Sprecher der FR-Vertrauensleute und Mitglied der Streikleitung konnte zahlreiche
Solidaritätsschreiben vorlesen, so von z.B. von Gewerkschaftern des Nachbar-Betriebes von Fiel-
Boxmore (früher Derndruck), vom Darmstädter Echo, der Tageszeitung Offenbach Post und aus
der Druckerei der FAZ und der Frankfurter Neuen Presse.

Druck von der Geschäftsführung ohne Erfolg

Nach dem Bekanntgeben des Warnstreiks gegenüber der Geschäfts- und Personalführung am Vormittag hatte die FR-Geschäftsführung, wie ein ver.di- Gewerkschafter der NRhZ mitteilte, vor
allem gegenüber der Betriebsratsvorsitzenden Eckert „per Telefon (ohne Zeugen) Erpressungsversuche gestartet“.

Die Geschäftsführung habe behauptet, der Druckkunde Handelsblatt werde sofort seinen Druckauftrag kündigen, und das werde in Neu Isenburg sofort mehr als zehn Arbeitsplätze kosten. Auch andere, Betriebsräte, vor allem Freigestellte und Frankfurter Redakteure seien „mündlich ermahnt worden, dass sie den Betrieb auf Spiel setzten, wenn sie sich am Warnstreik beteiligen würden“.

Nach dem Streik teilte die Betriebsratsvorsitzende der Belegschaft in einem Rundschreiben der
Belegschaft deshalb per Mail mit: „Wie sich herausstellte, wurden das Handelsblatt und die
anderen Druckaufträge ebenso wie die Frankfurter Rundschau vollständig ausgeliefert.“

Dass die Geschäftsführung einen Verhandlungstermin mit der Gewerkschaft platzen ließ,
nachdem sie von dem Warnstreik erfahren hatte, so Ingrid Eckert weiter, „halten wir für
vollkommen überzogen und für einen Hinweis auf die dort bestehende Unsicherheit. Wir fordern
die Geschäftsführung auf, die Verhandlungen mit der Gewerkschaft schnellstmöglich
aufzunehmen. Als nächsten Verhandlungstermin für den Betriebsrat und die Geschäftsführung
haben wir den 11. Juni vorgeschlagen.“ Ausdrücklich bedankte sie sich bei 
allen, „die sich an der Aktion der Gewerkschaft beteiligt haben. Dies ist der richtige Weg, um
zum Erfolg von Verhandlungen beizutragen“. (PK)  


Von Peter Kleinert
Online-Flyer Nr. 148  vom 31.05.2008
 

Quelle: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12471