Zur Demonstration gegen Lohnarbeit in Frankfurt am 30. April 2010

Für den Vorabend des 1. Mai ruft ein Bündnis bestehend aus der Basisgewerkschaft FAU, ÖkoLinx sowie antifaschistischen und antikapitalistischen Gruppen in Frankfurt am Main zu einer Demonstration gegen Lohnarbeit und für ein Ende des Kapitalismus auf. Beginn ist am 30. April um 19 Uhr an der Galluswarte.

- Forderungen an die Polizei
- Im Vorfeld der Demo: Die Polizei lügt
- Unvollständige Geschichte der Kriminalisierung von gesellschaftskritischen Demonstrationen der letzten Jahre in Frankfurt

 
Ziel der Demonstration ist es, darauf hinzuweisen, dass aufgrund des Produktivitätsfortschritts eigentlich immer weniger Aufwand notwendig ist um die menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Da die Lohnarbeit aber im Kapitalismus die einzige Quelle von Profit sei, presse der Staat die Menschen mithilfe von Hartz IV und Leiharbeit zu immer mieseren Bedingungen in Lohnarbeit. Dagegen wollen die AufruferInnen deutlich machen: Kapitalismus und Lohnarbeit sind längst überflüssig und gehören durch eine kollektive Organisation der gesellschaftlichen Produktion und Arbeitsteilung überwunden.
 
Angesichts der Äußerungen von Polizeisprecher Jürgen Linker in der Frankfurter Rundschau vom 7. April sehen sich die VeranstalterInnen zu einigen Klarstellungen und der Erläuterung ihrer Forderungen im Vorfeld der bundesweiten Demonstration veranlasst.
Bündnis-Sprecherin Hertha Barwich erklärt: „Wir wollen am 30. April unsere Inhalte in die Öffentlichkeit tragen und keine Auseinandersetzung mit der Polizei führen. Wir erwarten von der Polizei, dass sie unseren Forderungen nachkommt und das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie eine dieser Freiheit entsprechende Durchführung der Demonstration gewährleistet.“
 
Forderungen vor dem 30. April an die Polizei
 
Die VeranstalterInnen erheben für den 30. April und zukünftige Demonstrationen folgende Forderungen, die eigentlich bei einer vom Demonstrationsrecht geschützten Veranstaltung selbstverständlich sein sollten, in den letzten Jahren von der Frankfurter Polizei aber permanent untergraben wurden:
 
- Keine Kriminalisierung der Demonstration im Vorfeld durch öffentliche Spekulationen der Polizei über einen ihrer Ansicht nach zu erwartenden „unfriedlichen Verlauf“.
- Keinen Wanderkessel wie am 25. Februar 2006, am 14. Januar 2009 oder am 30. Januar 2010.
- Freien Zu- und Abgang zur Demonstration.
- Keine Behinderung des Verteilens von Flugblättern am Rande der Demonstrationsstrecke.
- Keine systematischen Filmaufnahmen der DemonstrationsteilnehmerInnen.
 
Im Vorfeld der Demo: Die Polizei lügt
 
Bündnissprecherin Hertha Barwich hatte in einer Pressemitteilung vom Karfreitag angekündigt, dass ein  Wanderkessel, wie er am 30. Januar 2010 auf einer Studierendendemonstration von der Polizei angewandt wurde, am 30. April nicht akzeptiert würde.
Polizeisprecher Jürgen Linker entgegnete in der FR vom 7. April, seine Kollegen seien den DemonstrantInnen am 30. Januar nicht etwa „bis auf fünf Zentimeter nahe gekommen“. Auch sei es von außen durchaus möglich gewesen, die Transparente zu lesen.
Fotos (s.u.) belegen das exakte Gegenteil.
 
Unvollständige Geschichte der Kriminalisierung von linken Demonstrationen der letzten Jahre in Frankfurt
 
1. Die Demonstrationen gegen den Deutschen Opernball am 25. Februar 2006
 
Gegen den Deutschen Opernball in der Frankfurter Alten Oper fand am Abend des 25. Februar 2006 eine Demonstration statt, die von der Polizei von vorne bis hinten eingekesselt wurde. (Siehe FOTO-DATEI „opernball, 25.2.2006“). DemonstrantInnen durften die Demonstration weder verlassen (auch nicht, um die Toilette aufzusuchen) noch zu ihr stoßen. Auch die damalige Stadtverordnete Jutta Ditfurth wurde daran gehindert, die Demonstration zu verlassen. Dass einige DemonstrantInnen ihren Frust über die „Demo als Gefangenentransport“ später randalierend in der Frankfurter Innenstadt ausließen, verwundert da nicht.
 
2. Polizeieinsatz am 7. Juli 2007
 
Am 7. Juli 2007 versetzten 8000 PolizistInnen den Frankfurter Stadtteil Hausen und angrenzende  Viertel in den Belagerungszustand. Mit allerlei schwerem Gerät, Räumpanzern und Hubschraubern wurde eine Demonstration der NPD ermöglicht und gleichzeitig die Bewegungsfreiheit der GegendemonstrantInnen derart eingeschränkt, dass von ihr keine Rede mehr sein konnte.
 
3. Demonstration „Alles muss man selber machen! Sozialen Fortschritt erkämpfen“ am 14. Januar 2009

 
Bericht auf der Homepage der Frankfurter Rundschau vom 14.1.2009
„Während die Redner auf dem Römerberg ihre letzten Sätze sagen, versammeln sich auf dem benachbarten Paulsplatz rund 1000 Linke. (…) Hielt sich die Polizei bei der ersten Demonstration optisch im Hintergrund, steht rund um den Paulsplatz sehr viel uniformiertes Personal bereit. Hunderte von Beamten begleiten den Zug, der zum Arbeitsamt und zur Börse führt. Kritik an der Polizeitaktik lässt nicht lange auf sich warten.
Die Demonstranten, die in der Fischerfeldstraße ein Wahlplakat der CDU verbrennen, beschweren sich, dass sie in einem „Wanderkessel“ laufen müssen – eingekeilt von der Polizei. Aus Protest verharren sie in der Nähe des Gerichts einige Minuten, ziehen dann aber weiter. Die Uniformierten gehen fortan etwas auf Abstand. Polizeipräsident Achim Thiel hatte vorher gesagt, er sei in großer Sorge, dass es zu Ausschreitungen kommen könne. Doch bis zum späten Abend bleibt alles weitgehend friedlich.“
(http://www.fr-online.de/top_news/1659567_Tausende-fordern-bessere-Bildungspolitik.html)
 
Der Bericht verdeutlicht die massive Präsenz der Polizei, die einer unvoreingenommenen Außenwahrnehmung der Demonstration komplett entgegen steht, diese stattdessen „einkeilt“. Vorübergehend ging die Polizei auf „Abstand“, was jedoch nicht bedeutete, dass der Kordon aufgelöst wurde. Der FR-Bericht sagt zudem, dass die Demonstration friedlich verlief, obwohl Polizeipräsident Thiel sie bereits im Vorfeld kriminalisierte indem er mögliche Ausschreitungen beschwor.
 
4. Studierendendemonstration am 30. Januar 2010
 
In einer Pressemitteilung zwei Tage vor der Demonstration beschwört die Polizei das Szenario einer gewalttätigen Demonstration herauf und verhindert so erneut eine unvoreingenommene Wahrnehmung der Demonstration und ihrer Anliegen:
„Aufgrund der bundesweiten Mobilisierung befürchtet die Polizei einen unfriedlichen Verlauf durch linksorientierte Personen und Gruppen, die nicht den friedfertigen Charakter einer Demonstration im Auge haben, sondern entlang der Demonstrationsstrecke Sachbeschädigungen und direkte Angriffe auf Polizeibeamte beabsichtigen. Mit einer Anwesenheit von einigen hundert Personen dieses Klientels wird gerechnet. Daher stehen der Frankfurter Polizei für diesen Einsatz einige Hundertschaften zur Verfügung, auch erfahrene Einsatzkräfte benachbarter Bundesländer.“
(http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/4970/1552184/polizeipraesidium_frankfurt_am_main)
 
Auf der Demonstration selbst verhinderte die Polizei eine Außenwahrnehmung der Demonstration durch die mitgeführten Transparente, indem sie die Demonstration von vorne bis hinten eng und vor der Demospitze sogar mit mehreren Reihen einschloss. Selbst FlugblattverteilerInnen wurden nicht aus dem Kordon hinaus gelassen, Zwischenkundgebungen fanden Gittersperren statt, eine Information von Umstehenden wurde verunmöglicht. Anderen TeilnehmerInnen wurde der Zugang zur Demonstration verwehrt.
Die Frankfurter Rundschau titelte „Demo im Polizeigürtel“ und bildete eine der FOTO-DATEIEN „studierendendemo 30.1.2010“ (s.u.) ab.
 
Fazit

Das Recht auf Demonstrationsfreiheit ist in Frankfurt für gesellschaftskritische Demonstrationen zur Zeit nicht gewährleistet. Eine Information von PassantInnen über die Ziele der Demonstration, wie es das grundsätzliche Ziel einer solchen Veranstaltung ist, wird von der Polizei immer wieder systematisch verunmöglicht. „Diese Ausgangssituation nötigt uns, eigentlich selbstverständliche Forderungen zu stellen. Wir erwarten, dass die Polizei diesen nachkommt. Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir dem – wie angekündigt – mit den entsprechenden juristischen und kreativen Möglichkeiten begegnen“, so Hertha Barwich abschließend.

Pressemitteilung vom 14.04.2010

 

Zur Demonstration am 30.4. mobilisieren inzwischen auch bundesweit verschiedene linke Gruppen, darunter  das linksradikale Umsganze-Bündnis, das unter dem Motto: "Staat. Nation. Kapital. Scheiße. Keinen Finger krumm für diese Gesellschaft!" ebenfalls zur Demonstration aufruft (Internetseite: http://www.umsganze.de).

Den Aufruf zur Demonstration, sowie weitere Informationen finden sich unter der Internetadresse http://krise.blogsport.de

 

OPERNBALL, 25.02.2006:

opernball 2006

STUDIERENDENDEMO, 30.01.2010 (Quelle: FR)

studierendendemo 30. Jan 2010

STUDIERENDENDEMO, 30.01.2010:

studierendendemo 30. Jan 2010 2

 

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Repression