DGB schlägt Alarm: „Azubi-Wohnen muss in den städtischen Haushalt!"

erstellt von DGB Frankfurt — zuletzt geändert 2023-05-16T18:58:50+01:00
Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende ist ein dringender Bedarf in der teuren Stadt Frankfurt, darin sind sich Kommunalpolitik, Arbeitgeber, Kammern und Gewerkschaften einig.

Gerade vor den aktuellen Entwicklungen des gestiegenen Fachkräftebedarfs und der steigenden Energiepreise bekommt das Thema eine zusätzliche Brisanz. Lange war jedoch unklar, wie Azubi-Wohnen in der Praxis angegangen werden kann. Nun liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch, dafür müsste die Stadtregierung aber laut DGB rund 200.000 Euro jährlich für die Förderung einplanen, was trotz laufender Haushaltsplanungen für 2024/2025 noch nicht passiert sei.

„Bereits 2016 wurde der Masterplan Industrie von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, in dem Azubi-Wohnheime gefordert werden, und auch im aktuellen Koalitionsvertrag ist seine Umsetzung festgeschrieben – abgesehen von einer Machbarkeitsstudie ist aber bisher nichts passiert", so der Frankfurter DGB-Vorsitzende Philipp Jacks, der auch Mitglied in Beirat Industrie ist. „Das Neubaugebiet Hilgenfeld, wo ein Azubi-Wohnheim gebaut werden soll, wurde aufgrund der aktuellen Preissteigerungen um ein Jahr verschoben. Aber wir brauchen jetzt schnelle Lösungen. Gemeinsam mit der Sozialdezernentin Elke Voitl haben wir einen Eigentümer gefunden, der innerhalb von einem Jahr rund 130 Azubi-Wohneinheiten in bestehenden Immobilien schaffen könnte. Dafür muss aber jetzt Geld für den Haushalt angemeldet werden, ansonsten verschärft sich das Problem zwei Jahre weiter.", so Jacks weiter.

Der DGB schlägt als Vorbild die Stadt München vor: dort wurden laut DGB in den vergangenen zwei Jahren rund 1.000 Wohneinheiten für Azubis geschaffen. Die Förderung von 188 Euro pro Einheit pro Monat würde dort zu einem Drittel von den jeweiligen Arbeitgebern für ihre eigenen Azubis gezahlt, ein Drittel wird an städtische Azubis vermietet und ein weiteres Drittel wird nach einem gewichteten Losverfahren als geförderter Wohnraum an externe Azubis vermietet.

Die Frankfurter DGB-Jugend plant bereits einen Aktionstag Anfang Juni, um der Dringlichkeit des Themas Nachdruck zu verleihen. „Viele Azubis können sich Wohnraum in Frankfurt einfach nicht leisten. Es kommt nicht selten vor, dass die gesamte Ausbildungsvergütung für die Fahrtkosten für lange Anfahrtswege zur Arbeit draufgeht.", so Maike Reichartz von der Frankfurter DGB-Jugend. Dass Studierendenwohnen seit Jahrzehnten von Stadt und Land gefördert werden, Azubiwohnen aber nicht, seit laut DGB eine große Ungerechtigkeit. Das Land habe nun endlich im Rahmen des neuen Bundesprogramms „Junges Wohnen" die Möglichkeit geschaffen, dass Azubiwohnen gefördert wird, nun müsse die Stadt nachziehen.

Der Personalratsvorsitzende der Stadt Frankfurt, Christian Barthelmes, unterstreicht die Dringlichkeit von bezahlbarem Wohnraum für Azubis: „Als Gesamtpersonalrat ist bezahlbares Wohnen für die Beschäftigten der Stadt eine zentrale Forderung. Mit gefördertem Wohnraum speziell für Auszubildende und dual Studierende wird nicht nur eine dringend notwendige Entlastung von Nachwuchskräften ermöglicht, sondern auch die Attraktivität der Arbeitgeberin Stadt Frankfurt am Main erhöht. Beides ist für eine allgemeine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Stadtverwaltung Frankfurt zwingend notwendig".

Die Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung (GJAV) der Stadt Frankfurt unterstützt die Forderung ebenfalls: „Die Mietpreise steigen immer weiter, die Auszubildendengehälter passen sich dem nicht an", so der GJAV-Vorsitzende Marco Gresens. „Mit einem Azubiwohnheim kann sich die Stadt Frankfurt auch als Ausbilderin gegenüber Kommunen mit geringeren Mietpreisen behaupten."

Überschlagsrechnung:

130 Wohnplätze á 188 Euro Förderung mal 12 Monate = rund 300.000 Euro pro Jahr

Davon könnten Arbeitgeber ein Drittel übernehmen, verbleiben für die Stadt: rund 200.000 Euro

Für die Anmietung der genannten Liegenschaften ist aufgrund der erforderlichen Umbaumaßnahmen eine Mietvertragsdauer von 20 Jahren erforderlich, wie dies auch beispielsweise bei Flüchtlingsunterkünften üblich ist.

Hintergrund:

Die Stadt Frankfurt fördert Studierendenwohnen pro Kopf in ähnlicher Höhe. Es gibt für die rund 73.000 Studierende über 30 geförderte Wohnheime. Für die rund 20.000 Azubis gibt es derzeit ein Wohnheim des Kolpingswerks.

Die jüngst veröffentlichte „Machbarkeitsstudie Azubi-Wohnen in Frankfurt" geht von einem Bedarf von 1.900 Azubi-Wohnheimplatzen aus.

Pressemitteilung 16.5.2023