Die Initiative Familien in der Krise begrüßt die Ablehnung der Maskenpflicht im Unterricht für hessische Schülerin*innen

Die Initiative Familien in der Krise begrüßt die Ablehnung der Maskenpflicht im Unterricht für hessische Schülerin*innen

Ministerpräsident Volker Bouffier hat sich in der Pressekonferenz vom 13.08.2020 klar dazu geäußert, dass Kinder und Familien nicht länger die Leidtragenden der Corona-Krise sein dürfen.

Bouffier erklärte, dass der Bildungsanspruch der Kinder in Hessen ernst genommen werde und Schulen nicht einfach geschlossen oder eingeschränkt werden dürfen, auch wenn es immer wieder zu Situationen kommen könne, in denen die Maßnahmen individuell angepasst werden müssten. Wir befürworten diese Einsicht und das Versprechen, künftig besonnen und mit Augenmaß zu agieren, anstatt mit Hektik und raschen Wechseln die Grundrichtung zu ändern.

“Wir begrüßen außerdem die klare Regelung des Landes, dass schulformübergreifend im Unterricht keine Maske zu tragen ist und dass die Schulleitung dies auch nicht anders entscheiden kann. Eine abweichende Vereinbarung kann zwar durch die Schulgemeinde getroffen werden, diese ist aber nicht rechtlich bindend und nicht zwingend durchsetzbar. Lorz betonte, dass Masken im Unterricht massiv pädagogisch die Interaktion und die Aufnahmefähigkeit einschränken”, bemerkte Bianca Schultheiß, Mitgründerin von Familien in der Krise (FidK).

Wir lehnen weiterhin das Tragen einer Maske an Grundschulen und an weiterführenden Schulen auf dem Pausenhof ab. Zwar kann die Maskenpflicht außerhalb des Klassenraums individuell ausgesetzt werden. “Hier hätten wir uns aber eine klare Regelung insbesondere für den Pausenhof gewünscht, um Anreize für die Schulen zu schaffen, alternative Konzepte für die Pausenzeit zu erarbeiten, wie z.B. zeitversetzte Pausen oder abgetrennte Bereiche für Klassenverbände, um auf die Maske verzichten zu können”, erklärte Bianca Schultheiß. Insbesondere an Grundschulen, wo die Pause oft mit viel Aktivität verbunden ist, halten wir das Tragen einer Maske für unzumutbar und gesundheitsschädigend.

In einem offenen Brief weist die Oberärztin der Kinderambulanz des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke, Dr. med. Karin Michael, gemeinsam mit mehr als 100 Mediziner*innen, Sozialarbeiter*innen und Lehrer*innen darauf hin, dass die Maskenpflicht für Kinder und Jugendliche „entwicklungsgefährdend“ sei und deren psychische Gesundheit bedrohe: „Kinder bis zur Pubertät sind in ihrer Entwicklung hochgradig abhängig von der emotionalen Beziehung zu Erwachsenen. Lernen in diesem Alter baut intensiv auf der Beziehung zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen auf. Kinder lesen und erleben am Gesicht ihres Gegenübers.“ Wir fordern deswegen einen konkreten Nachweis, dass im Einzelfall der Nutzen der Maske gegenüber der Beeinträchtigung überwiegt. Sprachentwicklung braucht Mimik.

Des Weiteren wünschen wir uns von der Landesregierung eine Konkretisierung der Vorgaben für den Bereich der Schulbetreuung/Nachmittagsbetreuung in den Schulen, sodass auch hier das Tragen der Masken während der Betreuung in den Räumlichkeiten eindeutig ausgeschlossen ist.

Das von der Landesregierung gestern veröffentlichte Info-Blatt zum Umgang mit Krankheits- und Erkältungsanzeichen bei Kindern bejaht Familie in der Krise hingegen ausdrücklich. “Es stellt endlich die dringend notwendige einheitliche und verständliche Orientierung dar, die Eltern hilft, Unsicherheiten abzubauen und sie dazu befähigt, verantwortungsvoll mit der Situation umzugehen”, kommentierte Ulrike Stroh, ebenfalls Mitgründerin von FidK.

Mit diesen Empfehlungen für Kindertagesstätten, Kindertagespflege sowie Schulen würdigt Hessen, dass „die Schnupfenfrage“ so Staatssekretärin Janz, „durchaus eine systemrelevante“ ist. Das Info-Blatt gibt Eltern, Kitaleitungen, Tagespflegepersonen sowie den Trägern realistische und alltagspraktische Leitlinien an die Hand, gerade für die anstehende Schnupfensaison. Es bleibt zu hoffen, dass es auf kommunaler Ebene bei den Trägern und Einrichtungen Anwendung findet und auch an die Eltern verteilt wird. Rund um die Schnupfennasen-Problematik hat das Land somit die dringend benötige Klarheit geschaffen. Familie in der Krise plädiert dafür, das Info-Blatt rasch in die Hygieneempfehlungen für Kindertagesstätten und den Schulhygieneplan mitaufzunehmen. Der Katalog an Dokumenten würde so übersichtlicher werden. Dort, wo kommunale Gesundheitsbehörden Hygieneempfehlungen für Kindertagesstätten erarbeitet haben, ist es nun notwendig diese an die neuen Rahmenvorgaben des Landes anzupassen.

Familien in der Krise befürwortet weiterhin, dass das Land Hessen Testungen für Erzieher*innen, Einrichtungspersonal und Lehrer*innen finanziert. Dies schafft Sicherheit für alle Beteiligten. In den Schulen sollte das Land Hessen dringlich auch Testungen für Beschäftigte der kommunalen Träger finanzieren (Sekretariatsmitarbeitende, Hausmeister*innen, Mitarbeitende in Ganztagsangeboten). Auch sie werden nun wieder vermehrt Kontakt mit erwachsenen Mitgliedern der Schulgemeinschaft haben und sollten vom Land bedacht werden.

Generell fordern wir als Initiative:

  1. Verhältnismäßigkeit: Einschränkungen im Schul- und Kitabetrieb dürfen auf keinen Fall strenger sein als Einschränkungen für die Gesamtgesellschaft. Zuvor müssen andere Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens, wenn notwendig, stark eingeschränkt werden.
  2. Schul- und Kitaschließungen als Ultima Ratio: Es darf keine unverhältnismäßigen Schließungen von Bildungseinrichtungen in Abhängigkeit vom allgemeinen Infektionsgeschehen geben. Einschränkungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn das Infektionsgeschehen im direkten Zusammenhang mit der betroffenen Einrichtung steht. Wir fordern daher einen Regelbetrieb mit 100% Beschulung und Betreuung in allen Bildungseinrichtungen bundesweit (Schulen, KiTas, schulvorbereitende Einrichtungen, heilpädagogische Schulen und Fördereinricht-ungen).
  3. Ablehnung des prophylaktischen Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes im Unterricht sowie im Pausenhof: Entsprechend der Stellungnahme der Deutscher Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) lehnen wir das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Unterricht sowie auf dem Schulhof ab. Das kurzfristige Tragen eines Mund-Nasen- Schutzes innerhalb des restlichen Gebäudes (Eingangsbereich, Flure, Sanitäranlagen) halten wir für Schüler*innen der weiterführenden Schulen für zumutbar.
  4. Einheitliche und alternative Präventions- und Eskalationsstrategien: Wir fordern bundesweit einheitliche, verbindliche und praxistaugliche Konzepte für Prävention und Eskalation nach denen sich regionale Politik, Gesundheitsämter und Bildungseinrichtungen richten können. Dazu zählen
    a. die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Hygienemaßnahmen (z.B. Sanitäranlagen, Luftfilteranlagen, Reinigungspersonal, Plexiglasscheiben)
    b. Konzepte für eine Pandemie-adäquate Lehre vor Ort bei steigenden Infektionszahlen wie bspw. Kleinere, geschlossene Klassenverbände, alternative Raumkonzepte, den Einsatz von Lehramtsstudent*innen, Hybridunterricht und – sofern als letzten Schritt notwendig – eine Strategie für qualitativ hochwertigen Fernunterricht, der dem Unterricht vor Ort ebenbürtig ist.
  5. Psychosoziale Faktoren müssen ähnlich stark gewichtet und ebenso berücksichtigt werden, wie der Infektionsschutz. Es muss auch hier stets die Verhältnismäßigkeit der pädagogisch und psychologisch extrem einschneidenden Maßnahmen betrachtet werden (vgl. hierzu die COPSY-Studie des UKE Hamburgs zu den psychischen Leiden von Kindern von Juli 2020), die vor allem auch für Kinder mit Beeinträchtigungen eine massive Benachteiligung im Schulalltag darstellen.
  6. Schnelle deutschlandweite Digitalisierung der Schulen: Die Pandemie hat gezeigt, wie rückschrittig Deutschland im Bereich des digitalen Unterrichts ist. Wir fordern eine zeitnahe Ausstattung aller Schulen mit WLAN in den Klassenräumen sowie aller Lehrer*innen und Schüler*innen mit digitalen Endgeräten und Emailadressen.Es müssen umsetzbare Unterrichtskonzepte für hybriden Unterricht entwickelt werden, wenn Kinder nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können. Zudem fordern wir verpflichtende Fortbildungen für Lehrer*innen.

Familien in der Krise – wer sind wir?

Familien in der Krise (FidK) ist es gelungen, eine deutschlandweite Initiative für Familien Aufzubauen, aktuell mit Landesgruppen in Hessen, NRW, Baden-Württemberg, Hamburg, Berlin und Niedersachsen. Wir verfolgen das Ziel, Familien und Kinder in das Zentrum politischer Entscheidungen zu rücken. Durch zahlreiche Demonstrationen, Petitionen, Statements sowie Aktionen konnten wir auf die Situation von Familien aufmerksam machen. Daraus resultierten zahlreiche Gespräche mit führenden Politiker*innen aus Bundes- und Landespolitik sowie ein breites Medienecho.

Homepage: www.familieninderkrise.com

PM zur Pressekonferenz der hessischen Landesregierung vom 13.08.2020