Erneuter Angriff auf die Versammlungsfreiheit: Gangolf Stocker vor Gericht - Insgesamt noch über 1.000 Strafanzeigen gegen S21 Demonstranten anhängig

Erneuter Angriff auf die Versammlungsfreiheit: Gangolf Stocker vor Gericht - Insgesamt noch über 1.000 Strafanzeigen gegen S21 Demonstranten anhängig

Am 20.01.2011 beginnt der Prozess gegen den bekannten S21 Gegner Gangolf Stocker. Der Tatvorwurf lautet "Verstoß gegen das Versammlungsrecht". Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft Herrn Stocker vor, dass er als Versammlungsleiter während einer Kundgebung 20 Minuten lang nicht an sein Handy gegangen sei, um in seiner Funktion als Versammlungsleiter am 27.08.2010 die Verletzung der Bannmeile zu verhindern. Versammlungsleiter müssen bei Demonstrationen für die Polizei erreichbar sein. Allerdings genügt alleine die physische Anwesenheit, es gibt kein Gesetz, welches das Mitführen und die telefonische Erreichbarkeit über ein Handy als Grundvoraussetzung dafür sieht, als Versammlungsleiter zu agieren.

In den Auflagen zur Demonstration wurde dies ebenfalls nicht verlangt, wohl aus dem Grund, dass es juristisch nicht begründbar ist.

Der gesamte Prozess zeigt wieder einmal, dass die Stuttgarter Justiz keinesfalls am Erhalt der Versammlungsfreiheit interessiert ist. Er steht beispielhaft dafür, wie versucht wird, Demonstranten durch immer neue Auflagen und Strafen an der uneingeschränkten Wahrnehmung ihres Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit zu hindern.

Dass die Behörden dabei längst Hand in Hand arbeiten, um demokratische Rechte einzuschränken, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Stuttgarter Ordnungsamt für die Demonstration am Arnulf-Klett-Platz lediglich eine Fahrbahnseite absperren lassen will.

Dadurch bestehen de facto keine Fluchtwege für die anwesenden Demonstranten, die sich im Notfall über die nicht abgesperrte Straßenseite in Sicherheit bringen müssten. Dies ist umso erstaunlicher, da dass gleiche Amt Demonstrationen auf der Königstrasse immer wieder mit dem Hinweis "auf fehlende Fluchtwege" verbietet. 

Es handelt sich hier nicht um die Verfolgung einer Straftat, sondern um einen politischen Prozess. Dies zeigt sich auch an den über 1.000 Strafanzeigen, die gegen S21 Demonstranten noch anhängig sind.

Wir fordern die Einstellung aller Verfahren gegen Demonstrationsteilnehmer und die Einhaltung des demokratischen Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.

Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit ruft dazu auf, sich solidarisch zu zeigen und den Prozess am 20.01.2011 um 9.00h vor dem Amtsgericht Stuttgart, Saal1 zu verfolgen.

Pressemitteilung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit vom 18.01.2010, siehe auch die Medienberichte auf beiabrissaufstand.de


Angriff auf das Grundrecht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit

Mit gezielten Anzeigen gegen den Versammlungsleiter der Montagdemos und Großdemos, Gangolf Stocker, versucht die Polizei und die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Kundgebungen gegen Stuttgart 21 zu kriminalisieren und zu stören.


Es sind Anzeigen wegen zum Teil lächerlichen Dingen, wegen Verstößen gegen Auflagen, die bei der Größe der Versammlungen niemals vom Versammlungsleiter verhindert werden können. Faktisch riskiert der Versammlungsleiter mit jeder Kundgebung die nächste Anzeige seitens der Polizei. Das ist nicht anders zu bewerten, als ein Versuch, die Demonstrationen in Stuttgart zu erschweren und den Versammlungsleiter einzuschüchtern und somit ein Angriff auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. "Die Folge wäre", so Stocker, "dass künftig die Montagdemos unangemeldet und ohne vorherige Kooperationsgespräche mit Ordnungsamt und Polizei stattfinden. Das kann", so Gangolf Stocker, "eigentlich nicht im Sinn der Behörden sein."

Gangolf Stocker informiert darüber, dass das Ordnungsamt Stuttgart mit seinem Versammlungsbescheid für diesen Montag gezielt provoziert. Statt den Versammlungsbereich der Fahrspuren der Schillerstraße auch auf der Seite der Königsstraße rechtzeitig zu sperren, soll der Versammlungsbereich nun nur die Fahrspuren auf Seiten des Hauptbahnhofs beschränkt sein. "In der Vergangenheit kam es, weil die Polizei zu spät für den Verkehr sperrte, zu bedrohlichen Situationen für Demonstranten. Daher habe ich das Ordnungsamt aufgefordert, die Fahrspuren Richtung Wagenburgtunnel spätestens um 17:40 Uhr zu sperren. Stattdessen gibt nun das Ordnungsamt diese Fahrspuren für den Autoverkehr frei. Wir werden gegen diesen Bescheid eine Einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht beantragen", sagte Gangolf Stocker.

Der Rechtsberater des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 und Verteidiger von Gangolf Stocker, Rechtsanwalt Roland Kugler, erklärte dazu: "Gegenwärtig laufen gegen Gangolf Stocker sechs Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Und bei fast jeder Montagsdemonstration kommt ein weiteres dazu. Man hat den Eindruck, dass Polizei und Staatsanwaltschaft das Aktionsbündnis durch massenhaft eingeleitete Strafverfahren lahm legen wollen."

In einem Fall hat das Amtsgericht Stuttgart bereits einen Strafbefehl gegen Herrn Stocker erlassen, gegen den Rechtsanwalt Kugler Einspruch eingelegt hat. Die Staatsanwaltschaft hat in dem Strafbefehl eine Geldstrafe in Höhe von 1500.-€ gegen Herrn Stocker beantragt. Der Vorwurf lautet, Herr Stocker sei am 27.8.2010 für die Polizeiführung nicht sofort erreichbar gewesen, als nach Beendigung der angemeldeten Demonstration einige Teilnehmer in die Bannmeile des Landtags eingedrungen seien.

Dieser Fall wird am 20.1.2011 um 9.00 Uhr vor dem Amtsgericht Stuttgart, Saal 1 verhandelt.

In anderen Fällen wird Gangolf Stocker vorgeworfen, er habe es bei einer Demonstration nicht unterbunden, dass ein Lautsprecherwagen der Jugendinitiative gegen Stuttgart 21 mitgefahren sei oder er habe es ein anderes Mal nicht unterbunden, dass an einem Infotisch Aufkleber gegen Stuttgart 21 verkauft worden seien.

Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21, Quelle: http://www.kopfbahnhof-21.de