Fraktionsvorsitzender der LINKEN verhaftet

Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Römer, Lothar Reininger, ist seit Mittwochnachmittag wieder auf freiem Fuß. Er war am Vormittag beim Verteilen von Flugblättern auf der Berufsbildungsmesse der IHK Frankfurt von zwei Polizeibeamten unter gewaltsamen Einsatz verhaftet worden. „Ausbildungsplätze statt Kriegseinsätze“ heißt der Titel der Informationsschrift, die Reininger zusammen mit weiteren Mitgliedern der LINKEN vor dem Stand der Bundeswehr auf der Berufsbildungsmesse verteilte.

"Es ist ein Skandal, dass die freie Meinungsäußerung offenbar nichts mehr zählt", sagt Reininger empört, "die Bundeswehr lockt die jungen Leute mit der Aussicht auf eine Ausbildung und stellt dabei in den Hintergrund, dass im Vordergrund der Wehrdienst inklusive Auslandseinsätze steht." Der Auftrag der Bundeswehr müsse auf die Landesverteidigung und den Katastrophenschutz beschränkt werden, betont Reininger.

Der Fraktionsvorsitzende war am Mittwochvormittag einer Einladung der IHK Frankfurt zur Eröffnung der Berufsbildungsmesse gefolgt. Bei einem geführten Rundgang traf er auf die Gruppe der Leute, die die Flugblätter verteilten, darunter Mitglieder der LINKEN. Er solidarisierte sich vor Ort mit den Genossen und verteilte selbst die Informationsschriften mit.

Die LINKE will am Donnerstag, 6. Juni, um 9.30 Uhr erneut Flugblätter auf der Berufsbildungsmesse am Börsenplatz verteilen. Daran werden sich der Landtagsabgeordnete der LINKEN, Ulrich Wilken, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Römer, Carmen Thiele sowie Stadtrat Achim Kessler (DIE LINKE) beteiligen.

Bericht Reiningers über die Umstände seiner Festnahme:

Frankfurt, 5. Juni 2008

"Ich war von Seiten der IHK zur Eröffnung der 15. Berufsbildungsmesse auf dem Frankfurter Börsenplatz eingeladen. Während des offiziellen Rundgangs habe ich gesehen, dass Mitglieder meiner Partei, DIE LINKE, vor einem Stand der Bundeswehr Flugblätter mit dem Titel „Ausbildungsplätze statt Kriegseinsätze“ verteilten. Da ich es für einen wirklichen Skandal halte, das die Bundeswehr im Rahmen so einer Veranstaltung auftritt, bin ich spontan stehengeblieben, um die Anwesenden zu unterstützen. Von mir oder anderen Mitgliedern meiner Partei ging keinerlei Störung des Standbetriebes aus, auch haben wir uns nicht aggressiv oder aufdringlich verhalten.

Der trotzdem vom Standpersonal herbeigerufenen Polizei habe ich meine Identität und meine politische Funktion mitgeteilt. Ich erklärte, dass ich einen Platzverweis nicht akzeptieren könne, da ich in meiner Tätigkeit nichts Illegales erkennen konnte. Ich stand zu diesem Zeitpunkt im Gang zwischen den aufgebauten Ständen und nach meiner Kenntnis ist der Börsenplatz immer noch öffentlicher Raum.

Die Polizisten haben hierauf ihre Handschellen gezückt und mich gegriffen. Ich habe mich nicht gewehrt. Ich wurde brutal  auf den Boden geworfen, gefesselt und schließlich wie ein Schwerverbrecher abgeführt. Mehrere Zeugen (siehe Aufstellung) können dies bestätigen.

Ich wurde ohne nähere Erklärung fast zwanzig Minuten in einem stickigen  Polizeifahrzeug festgehalten, bevor sich dieses dann in Richtung 1. Polizeirevier in Bewegung gesetzt hat. Dort angekommen bin ich in ein Verlies von 1,20m x 2,70m gesperrt worden. Als ich mitgeteilt habe, dass ich meine Notdurft verrichten wolle, sollte ich dies bei geöffneter Tür tun. Hiergegen habe ich protestiert, da ich dies für schikanös und menschenunwürdig halte. Schließlich bin ich kein fluchtgefährdeter Straftäter!

Man hat mich dann in eine Zelle im Keller des Gebäudes gebracht, die eine Toilette, allerdings ohne Toilettenpapier, enthalten hat. Schließlich wurde ich erkennungsdienstlich behandelt, obwohl ich auch hiergegen Widerspruch erhoben habe. Dem folgte eine schikanöse Alkoholkontrolle, die mit dem vorhersehbaren Ergebnis von 0,00 Promille endete.

Völlig unverhältnismäßig  - neben den dokumentierten, brutalen Umständen meiner Festnahme – war, dass die Polizei mir mitteilte, man würde ernsthaft erwägen, mich während der Dauer der Veranstaltung – sie endet am 7. Juni – in Haft zu behalten. Ich betone noch einmal: Ich habe mich in meiner Funktion als Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Frankfurter Römer und auf Einladung der Veranstalter auf der Messe befunden und lediglich von meinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Um 13:30 Uhr, rund drei Stunden nach meiner Festnahme musste mich die Polizei schließlich wieder auf freien Fuß setzen.

Das Verteilen von Flugblättern rechtfertigt nicht das Vorgehen der Polizeikräfte!

 

Das Flugblatt, das verteilt wurde:

 

 

 

Petra Zeichner

Pressesprecherin

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