Hat Trinkgelage Vorrang vor Gedenken?

erstellt von VVN-BdA — zuletzt geändert 2018-04-18T10:48:09+01:00
Geschichtsvergessene Entscheidung der Stadtverwaltung / Unterschriften unter Appell erwünscht.

Am 10. Mai 1933 passierte es mitten in Frankfurt: Von den Nazis fanatisierte Studenten der Frankfurter Universität, darunter auch Angehörige von studentischen Verbindungen, packten einen Leiterwagen voll mit Büchern, deren Autoren vom faschistischen Regime als „zersetzend“ angesehen wurden und verbrannten sie auf dem Frankfurter Römerberg unter dem hysterischen Gegröle ihrer Gesinnungsgenossen.

Wohin diese reichsweit durchgeführten Bücherverbrennungen führten, ist hinreichend bekannt. Deshalb erinnern seit Jahren Menschen durch eine Lesung am 10. Mai am Ort des damaligen Geschehens daran. Sie lesen aus Werken, deren Autor*innen auf dem Index der „Aktion gegen den undeutschen Geist“ des NS-Regimes standen. Diesmal legt die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten besonderen Wert auf ein angemessenes Gedenken, da sich dieses Ereignis zum 85. Mal jährt.

Nun fällt in diesem Jahr Himmelfahrt auf den 10. Mai. Studentische Verbindungen und Burschenschaften nutzen diesen Feiertag gerne zu einem Trinkgelage. Auch in diesem Jahr besteht die Verbindung „Straßburger KDStV Badenia im CV“ als Anmelder wieder darauf, ihren „Römerbergfrühschoppen“ eben da zu zelebrieren.

Ob nun Burschenschaften oder VVN-BdA zuerst ihre Veranstaltung auf dem Römerberg angemeldet haben, scheint unerheblich angesichts der Frage, ob ein Trinkgelage Vorrang haben kann vor einer Lesung, die an die Bücherverbrennung vor 85 Jahren erinnert.

Bisherige Einreden der VVN-BdA beim Ordnungsamt haben keine für das Gedenken positive Wirkung gezeigt. So entschlossen sich die Organisatoren der Lesung, auf den nahegelegenen Paulsplatz auszuweichen. Sie bestehen zwar weiterhin darauf, die Lesung am damaligen Ort des Geschehens, auf dem Römerberg, abzuhalten. Dort befindet sich eine Gedenkplatte, die 2001 eingelassen wurde und an die Bücherverbrennung erinnert. Die VVN-BdA möchte jedoch eine rechtliche Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang nach Möglichkeit vermeiden. Sie erwartet allerdings vom Ordnungsamt, dass den Burschenschaften Auflagen erteilt werden für den Fall, dass die Behörde bei ihrer Bevorzugung des Trinkgelages bleibt. Diese geforderten Auflagen lauten:

Die Verbindungen werden einen respektvollen Abstand von zehn Metern um die Gedenkplatte halten; sie tragen dafür Sorge, dass die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung zu Ehren der verfemten Schriftsteller*innen Blumengebinde an der Gedenkplatte niederlegen können; sie werden die Lautstärke auf dem Römerberg so halten, dass die Gedenkveranstaltung nahe der Paulskirche nicht gestört wird.

Die diesjährige Lesung anlässlich des Gedenkens an den 85. Jahrestag der Bücherverbrennung durch die Nazis wird u.a. unterstützt von Gegen Vergessen – für Demokratie, Initiative Kirche von unten, Naturfreunde, Studienkreis zur Erforschung des Widerstands 1933-1945, Initiative 9. November, Haus am Dom, FV Gedenkstätte KZ-Katzbach/Adlerwerke, Club Voltaire e.V., Leben und Arbeiten in Gallus und Griesheim e.V. (LAGG) und Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) Frankfurt/Rhein-Main.

Die öffentliche Lesung beginnt um 11.00 Uhr. Es werden Rezitationen, musikalische Beiträge und Redebeiträge dargeboten. Musikalisch wird das Gedenken begleitet durch Roman Kuperschmidt und Band sowie Almut Schwab von Klezmers Techter.

VVN-BdA, Frankfurt, den 17. April 2018

Unterstüzungs-Appell:

10. Mai 2018: Gedenken an den 85. Jahrestag der Bücherverbrennung
Gedenken darf nicht durch Trinkgelage verdrängt werden

Ich/Wir unterstütze/n die Forderung der VVN-BdA, dass die diesjährige Lesung im Gedenken an die Bücherverbrennung durch die Nazis vor 85 Jahren ungestört vom Trinkgelage der Burschenschaften und studentischen Verbindungen stattfinden kann.

Ich/Wir kritisiere/n die Respektlosigkeit der Verbindung „Straßburger KDStV Badenia im CV“, die als Veranstalter darauf besteht, ihren „Römerbergfrühschoppen“ auf dem historischen Platz der Bücherverbrennung durchzuführen.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Ordnungsamt dem Trinkgelage Vorrang vor dem Gedenken einräumt.

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