Hilfeaufruf - Wohnungsräumung

erstellt von Eine Stadt für Alle! — zuletzt geändert 2021-05-07T21:44:36+02:00
ABG will Familie mit vier Kindern zum 30.6.2021 auf die Straße setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf diesem Weg nutze ich die Möglichkeit, auf unsere Situation aufmerksam zu machen, die bei meiner Familie und mir für sehr große Verzweiflung sorgt.

Am 29.10.2020 haben wir die schriftliche Aufforderung von unserer Vermieterin erhalten, unsere Sozialwohnung bis Ende November 2020 zu räumen (siehe Anhang). Durch die Unterstützung der Wohnungssicherung wurde der endgültige Räumungstermin auf den 30.06.2021 verschoben.

Mein Name ist Mimoun Taouil, ich bin 54 Jahre alt, verheiratet und habe vier Kinder. Ich bin mit meiner Familie im Februar 2011 in eine 4-Zimmer-Sozialwohnung ins Frankfurter Nordend-West gezogen. Vermieterin ist die ABG FRANKFURT HOLDING GmbH (ABG). Wir hatten seinerzeit die komplette Wohnung renoviert, neu möbliert und damit unsere gesamten Ersparnisse in die neue Wohnung investiert.

Nach einem schweren Schimmelbefall in der Wohnung im darauffolgenden Winter 2011/2012, welcher vom ersten Gutachter eindeutig auf die Bausubstanz des Hauses zurückgeführt wurde, folgte ein Rechtsstreit, der sich über neun Jahre hinzog. Es wurden im Rahmen dieses Prozesses drei Richterwechsel vollzogen. 2019 haben wir in erster Instanz im Punkt der Schimmelverursachung gewonnen, wurden aber wegen Mietkürzung aufgrund des Schimmelbefalls, die auf ein Treuhandkonto eingezahlt wurde, gekündigt. 2020 wurde dann in zweiter Instanz im Urteil in allen Punkten gegen uns entschieden.

Von Anfang an habe ich mich durch meine gesetzliche Betreuung beraten und von meinen vom Rechtsschutz beauftragten Anwälten vertreten lassen.

Zuletzt ist auch vor dem Bundesgericht in Karlsruhe im September 2020 meine Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt worden: Das Urteil wurde als rechtsgültig ausgelegt; für uns wichtige Beweise wurden jedoch nicht bewertet, da diese für den prüfenden Anwalt aus Karlsruhe in den Gerichtsakten nicht auftauchten.

Damit ist die Kündigung der Sozialwohnung von obersten Rechtswegen rechtskräftig.

Viele Punkte in diesem Verfahren sind für uns im Nachhinein schwer nachzuvollziehen. Weshalb wurde der erste Richter gewechselt, als der Prozess zu unseren Gunsten verlief? Warum wurde der erste Gutachter nicht anerkannt, der den Schimmelbefall auf schlechte bauliche Substanz zurückführte? Warum wurde die Verkündung des ersten Urteils zwölf Mal verschoben? Warum tauchen in den Prozessakten wichtige Punkte überhaupt nicht auf, wie die spätere Sanierung unseres Hauses und der Fakt, dass bei Einzug unsere Hausseite noch nicht gedämmt war? Weshalb wurden Zeugen, die sich über dieselben Schimmelprobleme im Haus beklagten und von mir namentlich eingereicht worden sind, nicht angehört? Warum wurden unsere Einzahlungen der Mietminderung auf ein Treuhandkonto nicht berücksichtigt? Und weshalb konnten weder meine Anwälte noch meine gesetzlichen Betreuer u.a. diese Punkte nicht zu unseren Gunsten vor Gericht einbringen?

Abgesehen davon bleibt die grundsätzliche Frage: Warum muss die ABG uns trotz unserer Niederlage vor Gericht jetzt noch auf die Straße setzen?

Wir sind keine Mietnomaden oder „schlechte“ Mieter. Ganz im Gegenteil. Wir haben unsere Miete immer pünktlich gezahlt, sind ruhig und pflegen gute Kontakte zur Nachbarschaft. Meine Kinder gehen hier in der Nähe zur Schule, sie sind in einem guten sozialen Umfeld aufgewachsen, was eine wichtige Grundlage für ihre weitere Entwicklung und Integration bedeutet und eine Hauptentscheidung für die Wohnung war.

Ich bin seit 2010 Frührentner und durch weitere Krankheiten heute zu 100% schwerbehindert. Es gibt auf dem freien Wohnungsmarkt für uns keine bezahlbare Wohnung. Auch das Wohnungsamt hat uns (seit sechs Jahren) keine neue Sozialwohnung angeboten, obwohl die höchste Dringlichkeitsstufe besteht. Vielmehr musste ich eine neue Registrierung erkämpfen, da für die Behörde der Schimmelbefall kein Grund war und für uns trotz gesundheitlicher Folgeschäden hinnehmbar sei.

Zudem gehören der ABG Frankfurt Holding GmbH mit allen Tochtergesellschaften ein Großteil (ca. 90%) der für uns in Frage kommenden Sozialwohnungen in Frankfurt, und laut Aussage der ABG wird uns keine neue Wohnung von ihrer Seite jemals zur Verfügung gestellt werden.

Das bedeutet, dass wir von der ABG im Juni 2021 während der noch andauernden Corona-Pandemie auf die Straße gesetzt und im besten Fall für unbestimmte Zeit in einer Notunterkunft untergebracht werden – trotz vier Kindern und meiner Schwerbehinderung.

Auch gelten wir durch die Urteile für weitere potentielle Vermieter als vorbelastet. Abgesehen von dieser sehr schlechten Voraussetzung und der allgemein bekannten, schwierigen Wohnraumsituation für Familien mit geringem Einkommen, ist es also fast aussichtlos, eine neue bezahlbare Wohnung in Frankfurt zu finden.

Besonders für unsere vier Kinder (9 – 16 Jahre) ist diese Wohn- und Lebenssituation seit Jahren extrem belastend. Dazu kommt die ständige Angst, ihr privates und schulisches Umfeld zu verlieren – sie befinden sich mittlerweile in regelmäßiger, psychologischer Behandlung.

Wir sehen in diesem Schreiben unsere letzte Möglichkeit, als rechtschaffene Mieter auf diese unverhältnismäßigen Rechtsmaßnahmen und die unmenschliche Vorgehensweise seitens der ABG gegen uns hinzuweisen und ggfs. Über die Öffentlichkeit eine Lösung zu erreichen, die uns vor einer der schlimmsten Lebenssituationen – der Obdachlosigkeit bzw. Notunterkunft – bewahrt.

Das Rechtssystem konnte uns nicht schützen und für den Rechtsapparat einer großen sozialen Wohnbaugesellschaft in Frankfurt gelten wir aktuell als nicht tragbar und sollen zwangsgeräumt werden – diese Maßnahmen stehen in unseren Augen in keinem Verhältnis. Die materiellen und gesundheitlichen Schäden des Schimmelbefalls, die Prozesskosten und Strapazen des langen Verfahrens scheinen Strafe genug.

Wir sind dankbar für jede Form der Vermittlung, Öffentlichmachung oder anderweitigen Unterstützung bei unserer Wohnungssuche.

Für weitere Einzelheiten stehe ich jederzeit zu einem persönlichen Interview oder Gespräch zur Verfügung. Sie erreichen mich unter: mimountaouil6@gmail.com Ich werde mich auf Anfragen umgehend zurückmelden.

2013 wurde über den damaligen Stand unserer Situation in der Frankfurter Rundschau berichtet: https://www.fr.de/frankfurt/schimmel-schlafraum-11345358.html

Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen

Mimoun Taouil

FFM, 27.04.2021