Hochhausentwicklung ohne Plan und Konzept

erstellt von Fraktion DIE LINKE. im Römer — zuletzt geändert 2019-01-16T12:40:18+02:00
Zur Hochhausentwicklung in Frankfurt erklärt Eyup Yilmaz, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Römer:

In der Frankfurter Innenstadt entstehen überall Hochhäuser wild, ohne Plan und Konzept. Wir haben in den Sommermonaten im Innenstadtgebiet sowieso schon ein Klima zum Ersticken. Zu den negativen klimatischen Auswirkungen der Hochhausbebauung kommt dann noch die Verschattung von anderen Gebäuden hinzu.“

Die Konzeptlosigkeit zeige sich deutlich in der Stiftstrasse, mit dem obskuren Bebauungsplan „High Lines“. Ursprünglich sollten wie vom Stadtparlament genehmigt ein 50 und ein 40 Meter hohes Wohnhaus entstehen. Dann wünschte der Investor aber 70 Meter in die Höhe zu bauen, was dann von der Koalition und mit den Stimmen von FDP und AfD nachträglich auch abgesegnet worden sei. Einige Monate später sei der Bebauungsplan dann wieder Thema im Planungsausschuss gewesen. Der Magistrat habe eine Vorlage eingebracht, nun drei Hochhäuser entstehen zu lassen, 44, 60 und 85 Meter hoch. Damit begründet, dass dann 30 Prozent (51 WE) geförderter Wohnraum entstehen sollte. Diese gebundenen Wohnungen würden 9 Euro bis 14 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter kosten mit einer Sozialbindung von 10 Jahren.

Yilmaz: „Das ist doch ein Skandal! Eine Sozialbindung von 10 Jahren ist geradezu lächerlich und die Kaltmieten viel zu hoch als das Leute, die in dieser Stadt dringend auf neuen Wohnraum angewiesen sind, sich diese leisten könnten. Das Ganze ist doch höchst undurchsichtig und widersinnig. Es bleibt mir ein Rätsel, warum der Magistrat für so ein Ergebnis den Bebauungsplan ständig abändert.“

Das Gebiet Stiftstrasse sei nicht einmal Hochhausgebiet.

Yilmaz abschließend: „Die Frankfurter Bevölkerung muss erfahren, was hier abgeht. Allein durch die letzte Erhöhung eines der Hochhäuser von 70 auf 85 Meter kann der Investor wesentliche Kostenanteile dieses Projekts abdecken. Hier wird Politik für Immobilieninvestoren gemacht auf dem Rücken der Mieter*innen dieser Stadt.“

DIE LINKE. Fraktion im Römer, Frankfurt am Main, 14. Januar 2019

 

Anfrage des Stadtverordneten Eyup Yilmaz der Fraktion DIE LINKE. Im Römer gemäß § 50 (2) HGOEingang: Frankfurt, 11. Dezember 2018

Kommt ein neuer Hochhausentwicklungsplan?

Die Zahl der Beschäftigen nimmt zurzeit stärker zu als die der Einwohner*innen: 564.826 Arbeitsplätze waren es im Juni 2018, 12.767 Arbeitsplätze mehr als im Vorjahr („So viele Arbeitsplätze wie nie“, Frankfurter Rundschau vom 26. August). Nach Angaben des Bürgeramts Statistik und Wahlen sind am 30.06.2018 in Frankfurt 744.115 Einwohner*innen gemeldet, das sind 3.022 mehr als ein halbes Jahr zuvor (statistik aktuell Ausgabe 13/2018).

Der erste Hochhausrahmenplan („Hochhausentwicklungsplan Frankfurt am Main“, im Folgenden im Folgenden kurz HEP) von 1999 mit dem Titel sah 18 Standorte vor, davon wurden 16 Standorte baurechtlich genehmigt. Umgesetzt waren bis zur ersten Fortschreibung des HEP im Jahr 2008 die wenigsten. Es entstanden dennoch einige Hochhäuser, für die schon vor dem HEP Planungsrecht bestand. Einige Projekte mussten komplett verworfen werden, wie bspw. Die Planungen für eine Überbebauung des Hauptbahnhof-Gleisbettes mit Hochhäusern im Anschluss an „Frankfurt 21“.

Der teilweise wieder verworfene HEP wurde schließlich 2008 fortgeschrieben. In der Fortschreibung sind 23 Hochhäuser mit einer Höhe von mehr als 60 Metern vorgesehen. Damit könnten laut Stadtplanungsamt 800.000 m² Bruttogeschossfläche geschaffen werden, wovon 65.000 m² in Wohnhochhäusern entstehen würden. Es besteht also weiterhin die deutliche Tendenz zur Schaffung von Büros und weiteren Arbeitsplätzen. Bis zu einer Realisierung müssen die im HEP vorgesehenen Standorte zusätzlich einzeln per Bebauungsplan genehmigt werden.

Dass der HEP eine unverbindliche Richtlinie darstellt, wird in verschiedenen Fällen deutlich: Zum einen wird Planungsrecht für Hochhäuser an Standorten geschaffen, die nicht im HEP vorgesehen sind. So geschehen für die EZB und am Deutsche Bank Areal („Four“) in der Innenstadt. Zum zweiten werden Planungen erweitert: An der Stiftstraße wurden die vorgesehenen Gebäudehöhen durch eine Änderung des Bebauungsplans 2016 nachträglich deutlich erhöht. Zum dritten liegen Planungen für Hochhäuser vor, die noch nicht fertig gestellt oder wieder verworfen wurden. Ein Beispiel ist der Porsche Design Tower an der Emser Brücke im Europaviertel bzw. Turm am Hauptbahnhof bei dem heutigen Parkhaus am ZOB.

Sowohl der erste HEP als auch die Fortschreibung wurden von dem Büro Jourdan & Müller verfasst. Dasselbe Büro war beteiligt an Projekten wie der „Städtebauliche[n] Studie Frankfurt 21, [der] Machbarkeitsstudie zum Standort der Europäischen Zentralbank an der Grossmarkthalle in Frankfurt am Main, [der] Planung der Bewerbung von Frankfurt RheinMain zur Austragung Olympischer Spiele 2012“ (http://www.jourdan- mueller.de/profil.htm).

Eine erneute Fortschreibung des Hochhausentwicklungsplans ist vorgesehen (Nils Kößler, CDU, 1.2.2018 Wortprotokoll der STVV, S. 100; Koalitionsvertrag zwischen CDU, SPD und Grünen für Frankfurt, Zeile 551: „Wir werden den Hochhausrahmenplan fortschreiben und konzeptionell weiterentwickeln“), liegt aber bisher nicht vor (Stand: Dezember 2018).

Der Magistrat wird daher gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Welches Wachstum an Arbeitsplätzen ist für die Stadt Frankfurt, nachhaltig und sozial verträglich – hinsichtlich der teilweise schon jetzt sichtbaren Folgen von Wachstum wie z. B. fehlende Wohnungen, Kapazitätsengpässe in der Bildungsinfrastruktur, besonders in Kitas und Schulen, bei Verkehrsengpässen durch eine Zunahme der Pendler*innen-Zahlen, bei der technischen Infrastruktur, wie Straßen, Ver- und Entsorgung (Strom, Wasser, Abwasser, Müll)?
  2. Inwiefern bezieht der Magistrat diese Wachstumsfolgen in der Hochhausplanung ein?
  3. Inwiefern wurden ökologische, makroklimatische und mikroklimatische Folgen (u. a. Fallwinde, Verschattung, Flächenversiegelung, Energiegewinnung) beim Hochhausbau in Frankfurt in den vergangenen zehn Jahren berücksichtigt und wie sollen sie in Zukunft berücksichtigt werden?

    Im HEP 2008 vorgesehene Hochhausstandorte (bitte ggf. in Bruttogeschossfläche (BGF) angeben. Die Angaben zur BGF sind im Bauantrag ersichtlich und liegen der Stadt damit vor)

  4. Wie viele Hochhäuser wurden nach dem HEP 2008 bereits genehmigt?
  5. Wie viele davon sind im Bau oder fertig gestellt?
  6. Wie viel Wohnfläche und wie viel Bürofläche sind dadurch entstanden?
  7. Wer waren die Bauherren der Hochhäuser?
  8. Für wie viele Beschäftige wurden durch den Hochhausbau seit 2008 langfristig Arbeitsplätze in Frankfurt geschaffen? Bitte neben Büroarbeitsplätzen auch Arbeitsplätze in unternehmensnahen Dienstleistungen berücksichtigen, also u. a. In den Bereichen Gebäudereinigung, -instandhaltung, Sicherheitsdienst.
  9. Wie viele weitere Hochhäuser sind im Hochhausrahmenplan 2008 vorgesehen, die (noch) nicht realisiert wurden?
  10. In welcher Stufe der Realisierung stehen diese Projekte?
  11. In welchen der laut Frage 10 ausstehenden Projekte ist eine Realisierung nach derzeitigem Stand nicht mehr vorgesehen?
  12. Wie viele weitere Arbeitsplätze würde eine Realisierung aller laut Hochhausentwicklungsplan 2008 ausstehenden Projekte für Frankfurt bedeuten? Nicht im HEP 2008 vorgesehene, zusätzliche Standorte
  13. Wie viele Hochhäuser mit einer Höhe von über 60 Meter, die nicht im HEP 2008 vorgesehen waren, wurden seit 2008 insgesamt genehmigt?
  14. Wie viele der Hochhäuser aus Frage 13 wurden seit 2008 tatsächlich fertig gestellt?
  15. Wie viel Bürofläche (BGF) und wie viele Arbeitsplätze sind durch diese zusätzlichen Genehmigungen entstanden?
  16. Wie viel Wohnfläche (BGF) und wie viele Wohneinheiten sind dort entstanden?
  17. Wie viele Hochhäuser mit wie viel Bürofläche (BGF) wurden insgesamt seit 2008 in der Stadt Frankfurt zugelassen und genehmigt?
  18. Welche Geschossflächenzahl (GFZ) nach Baunutzungsverordnung (BauNVO) wurden bei den einzelnen Baugenehmigungen zugelassen?
  19. Wie viele Befreiungen von Bebauungsplänen wurden seit 2008 im Hochhausbau ausgesprochen?
  20. Wie viele Bebauungspläne wurden geändert?
  21. Mit welchen Begründungen wurden zusätzliche Standorte genehmigt?
  22. Welche Hochhäuser sind folglich seit der ersten Fortschreibung des HEP 2008 in Frankfurt entstanden und auf welcher Rechtsgrundlage wurden sie genehmigt?
  23. Bitte fassen Sie die bisherigen Angaben in der nachfolgenden tabellarischen Übersicht zusammen: ...

    Zweite Fortschreibung des HEP

  24. Wie bewertet der Magistrat vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse die weitere Fortschreibung des HEP?
  25. Für wann ist eine zweite Fortschreibung des HEP vorgesehen?
  26. Wie ist der Stand der Vorarbeiten einer zweiten Fortschreibung des HEP?
  27. Wird die zweite Fortschreibung wieder von einem externen Büro erstellt oder plant die Stadt für diese Aufgabe Stellen zu schaffen?
  28. Wenn eine externe Beauftragung vorgesehen ist, wie viel Geld plant die Stadt für die Fortschreibung auszugeben?
  29. Wird eine Fortschreibung eine höhere Verbindlichkeit erhalten als ihre Vorgängerversionen?