„Holt uns hier raus!"

erstellt von PRO ASYL — zuletzt geändert 2022-03-07T19:56:00+01:00
PRO ASYL unterstützt zum 8. März den Hilferuf einer Gruppe afghanischer Frauenrechtlerinnen

Zum Internationalen Frauentag am 8. März  stellt die Menschenrechtsorganisation PRO ASYL die dramatische Situation der Frauen in Afghanistan in den Mittelpunkt. „Holt uns hier raus!" heißt der flehentliche Appell einer Gruppe von afghanischen Frauenrechtlerinnen, die sich in ihrer Heimat  vor den Todesdrohungen der Taliban verstecken müssen. PRO ASYL veröffentlicht und unterstützt den Appell und fordert die Bundesregierung auf, gefährdete Einzelpersonen aus Afghanistan sofort aufzunehmen und die Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag sofort zu realisieren.

PRO ASYL ist in Sorge, dass die Taliban die weltweite Aufmerksamkeit für den Krieg in der Ukraine nutzen, um die Menschen in Afghanistan immer heftiger zu verfolgen, zu foltern und zu töten. Die Berichte über Ausreiseverbote, Hausdurchsuchungen,  Einschüchterungen, Verhaftungen und  Brutalität gegen Frauen häufen sich.  Deshalb betont PRO ASYL: Vergesst Afghanistan nicht! Und fordert die sofortige Realisierung des Koalitionsvertrages.

Bedrohte Menschen sofort aufnehmen!

Seit Monaten gibt es kaum eine Chance für Afghan*innen, in Deutschland aufgenommen zu werden. Auch nicht für Menschen, die für deutsche Institutionen gearbeitet haben, oder sich als Journalist*innen, Anwält*innen oder Menschenrechtsaktivist*innen für Demokratie und Menschenrechte stark machten. Individuelle Anträge auf Aufnahme nach §22 Aufenthaltsgesetz werden mit dem Argument nicht bewilligt, dies sei kein singuläres Einzelschicksal, das sich ganz erheblich von der Gefährdungssituation anderer Personen in Afghanistan unterscheide. Zudem müsse der Fall von besonderer Bedeutung für die politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland sein.

Das alles gilt am 8. März besonders auch für die noch in Afghanistan verbliebenen 33 Frauen der Gruppe „United Voice of Women for Peace", die mit dem damaligen Friedensministerium zusammenarbeiteten. Sie appellieren an die deutsche Bundesregierung: „Holt uns hier raus! Bringt uns und unsere Familien in Sicherheit! Wartet nicht länger, jeder Tag zählt!"

Keine Institution reagiert auf Hilferufe

„Hunderte von Frauen, die gegen die Taliban protestiert haben, wurden verhaftet und eingesperrt und vegetieren unter schlimmsten Bedingungen in den Gefängnissen. Viele von ihnen wurden im Gefängnis vergewaltigt", schreibt eine der Frauen. Sie ist nach Pakistan geflohen, lebt dort aber ohne gültige Papiere unter erbärmlichen Bedingungen und hofft, dass sie nach Deutschland ausreisen kann, wo Verwandte von ihr leben.

„Die Taliban bedrohten uns und suchten auf alle möglichen Weisen nach uns, wir konnten unser Haus in unserer  Provinz nicht mehr verlassen, waren dort eingesperrt und bedroht", schildert sie. „Auf dem Höhepunkt von Angst und Verzweiflung mussten wir schließlich fliehen." Nun ist sie in Pakistan, doch: „Seit mehr als drei Monaten reagiert keine Institution in Deutschland auf unsere Hilferufe. Unser Aufenthaltsvisum ist  abgelaufen, und es ist nicht klar, was mit uns passieren wird."

Mutiges Engagement von  afghanischen Frauen

Als Frauen- und Menschenrechtlerinnen haben sie sich mutig für das engagiert, was die Taliban verachten und bekämpfen: gleiche Rechte für Frauen und Männer, eine demokratische Verfassung, Frieden und Freiheit. Nun müssen sie sich verstecken und bekommen Drohungen per SMS und Brief.

Und die Frauen richten Forderungen für alle Frauen in Afghanistan an die internationale Gesellschaft:  Die Staaten müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um das Leben von Frauen in Afghanistan zu schützen und ihnen ihre Rechte zurückzugeben. Denn Frauen werden unter dem Regime der Taliban  bedroht, geschlagen  und mit dem Tode bestraft. Und sie werden entrechtet,  dürfen nicht am öffentlichen und politischen Leben teilnehmen und nur sehr eingeschränkt zur Schule gehen, studieren und arbeiten.

Koalitionsvertrag umsetzen

PRO ASYL fordert,  den  Koalitionsvertrag sofort umzusetzen. Dort wurde versprochen, diejenigen besonders zu schützen, „die Deutschland als Partner zur Seite standen und sich für Demokratie und gesellschaftliche Weiterentwicklung eingesetzt haben". Es wurden unter anderem verabredet:  „humanitäre Visa für gefährdete Personen",  eine Reform des Ortskräfteverfahrens, ein Bundesaufnahmeprogramm sowie eine Beschleunigung des Familiennachzugs.

Auf der Website www.proasyl.de finden Sie neben dem Appell einen Text zur Situation von Frauen in Afghanistan und zwei Kurzinterviews mit zwei Frauen der Gruppe „United Voice of Women for Peace"

Pressemitteilung 7.3.2022