Institut für vergleichende Irrelevanz ist verkauft – Stellungnahme der Nutzer_innen / Offener Brief

erstellt von institut f. vergleichende irrelevanz (ivi) — zuletzt geändert 2012-02-26T22:34:12+02:00
Bei der Senatssitzung am vergangen Mittwoch hat das Präsidium der Goethe-Universität Frankfurt auf Nachfrage des AStA den Verkauf des Gebäudes des Instituts für vergleichende Irrelevanz (im Folgenden: IvI) im Kettenhofweg 130 angekündigt. Die Nutzer_innen des 2003 im Rahmen der Studierendenproteste besetzten Gebäudes zeigten sich irritiert. Nachdem die Universitätsleitung die Arbeit des Instituts seit über acht Jahren geduldet hat, sind die Nutzer_innen davon ausgegangen, dass sie über Pläne zur Zukunft des Gebäudes als erste informiert werden.

„Auch wenn uns das Vorgehen der Universitätsleitung nicht überrascht, sind wir wütend, ein weiteres Mal vollkommen übergangen worden zu sein“ sagt Sabine Winter, eine der Mitbegründer_innen des Instituts. „Das Ivi ist ein zentraler Bestandteil der studentischen Selbstorganisation und Kultur in Frankfurt geworden. Gerade jetzt, wo für studentische Initiativen kaum noch Raum vorgesehen ist, ist das Ivi unverzichtbar.“ Mit dem Umzug der Universität gehe der öffentliche Charakter, der den Campus Bockenheim prägte, verloren.
 
Durch die kontinuierliche Arbeit hat sich das IvI zu einem Ort der Verbindung von Wissenschaft, studentischer Kultur und städtischer Öffentlichkeit entwickelt. Eine Vielzahl an Gruppen und Initiativen nutzt das IvI für Konzerte und Ausstellungen, Lesekreise und Vorträge, Kongresse und Parties. Die offene und demokratische Organisation des Projekts korrespondiert dabei mit der Idee der demokratischen Architektur Ferdinand Kramers, die für Transparenz und den Abbau von Hierarchien steht. Das Gebäude, das durch den Umzug der Geisteswissenschaften auf den IG Farben Campus mehrere Jahre leer stand, wurde und wird durch die Besetzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Die Teilnahme im IvI ist prinzipell offen und nicht an Status und soziale Herkunft gebunden. Das klingt vielleicht etwas altbacken, aber das ist nicht selbstverständlich“, so Benjamin Walter, ein Schüler, der seit kurzem im Institut aktiv ist.
 
Die Planungen für Programm 2012 seien im vollen Gange. Krista Herns, die Pressesprecherin des Instituts, teilte mit: „Unsere Arbeit ist langfristig angelegt. Deshalb fordern wir, dass die Zukunft des Instituts nicht über unsere Köpfen hinweg entschieden wird. Die Universität und die Stadt Frankfurt sollten endlich zur Kenntnis nehmen, wie wichtig das Projekt Ivi für städtisches und studentisches Leben in Frankfurt ist. Das IvI muss dauerhaft erhalten werden!“
 
Kritisches Denken braucht – und nimmt sich – Zeit und Raum.


OFFENER BRIEF: Institut für vergleichende Irrelevanz (IvI) fordert sofortigen Stopp der Verkaufsverhandlungen

Institut für vergleichende Irrelevanz
Kettenhofweg 130
60325 Frankfurt a.M.
 
Sehr geehrte Frau Kühne-Hörmann,
sehr geehrter Herr Dr. Schäfer,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller-Esterl, 
 
wir, die Mitarbeiter_innen des Instituts für vergleichende Irrelevanz (IvI), Kettenhofweg 130 in
Frankfurt am Main, haben in der letzten Woche durch eine Pressemitteilung des Präsidiums
der Frankfurter Goethe Universität von Verhandlungen der Universität über den geplanten
Verkauf des Gebäudes erfahren. In einem Anschreiben wurden wir vom
Immobilienmanagement der Universität dazu aufgefordert, eine Kontaktperson für
Verhandlungen mit dem zukünftigen Eigentümer zu benennen.
 
Wir wenden uns entschieden gegen diese Form der Kommunikation. Wir fordern Sie dazu
auf, den Verkaufsprozess unverzüglich zu stoppen und eine demokratische und transparente
Diskussion um die Zukunft des Instituts zu ermöglichen. Sie scheinen sich zu keiner Zeit mit
der Arbeit des Instituts auseinandergesetzt zu haben, sonst hätten sie den Verkauf nicht so
leichtfertig beschlossen. Es ist widersinnig, den Verkaufserlös auf Forschung und Lehre zu
verwenden und gleichzeitig ein ganzes Institut faktisch zu zerstören.
 
Das IvI ist das Versuchslabor einer Verbindung von Wissenschaft, Kultur und Alltag, das
nicht nur einer universitären Öffentlichkeit zugänglich ist. In den acht Jahren seines
Bestehens hat das IvI ein Programm mit zahlreichen Seminaren und Kongressen,
Lektürekursen und Forschungswerkstätten, Konzerten, Ausstellungen und
Theateraufführungen ermöglicht. Begleitet wurde dieses Programm durch regelmäßigen
Cafébetrieb, Barabende und gemeinsame Essen. Inhaltliche Auseinandersetzungen,
praktische Organisation des Institutsbetriebs und formlose Zugänge greifen ineinander und
befördern einen trans- und interdisziplinären Prozess. Sämtliche Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Instituts sind ehrenamtlich tätig, die Veranstaltungen erfolgen zum
Selbstkostenpreis.
 
Der Verkauf und damit die Privatisierung dieses öffentlichen und durch das IvI wieder der
Öffentlichkeit zugänglich gemachten Gebäudes bedeutet das Ende des Projekts in seiner
jetzigen Form. Dies würde sowohl für die Universität wie für die Stadt Frankfurt eine Lücke in
Kultur und Wissenschaft hinterlassen.
 
Wir laden Sie dazu ein, sich über uns zu informieren und sich persönlich vor Ort einen
Eindruck von unserem Projekt zu verschaffen. Im Anhang finden Sie dazu erste
Informationen. Im Sinne der Transparenz fordern wir Sie auf, den Verhandlungsverlauf offen
zu legen und den potentiellen Käufer zu benennen. 
 
Mit freundlichen Grüßen,
 
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für vergleichende Irrelevanz

  
institut f. vergleichende irrelevanz (ivi), uni campus bockenheim, kettenhofweg 130, 60325 frankfurt a/main.
http://ivi.copyriot.com