Mietenwahnsinn stoppen, in Frankfurt und bundesweit!

Die SPD ist kein Teil der Lösung der Wohnungsfrage.

Im Rahmen der bundesweiten Aktionstage „Mietenwahnsinn stoppen“ unterbrechen Aktivist*innen mit einer Protestaktion am 8.06. die Selbstbeweihräucherung von SPD-Wohnungspolitiker_innen

Der Titel hörte sich gut an – er konnte fast von Kritiker*innen der herrschenden Wohnungspolitik stammen: „Wohnungsbau – Luxusgut oder Recht auf Wohnen?“ Aber angesichts der Realpolitik in Frankfurt klang das auch reichlich zynisch, was die Frankfurter SPD da im Angebot hatte. Denn seit wann ist die SPD die Vorkämpferin eines „Rechts auf Wohnen“? Als Regierungspartei untergräbt sie es, egal ob auf Kommunal- oder auf Bundesebene. Die wenig glanzvolle Realität gerade in Frankfurt heißt auch unter einem SPD-Stadtentwicklungsdezernent: Bauen findet hier nahezu ausschließlich im hochpreisigen Segment statt – Menschen ohne dicke Brieftasche haben in der Finanzmetropole nichts verloren.

Und so war es nur konsequent, dass Aktive aus der Kampagne „Stadt für alle“ und aus Mieterinitiativen im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages „Mietenwahnsinn stoppen!“ die SPD-Veranstaltung mit lautstarken Parolen besuchten und unterbrachen. Die Referent*innenschar auf dem Podium, darunter SPD-Dezernent Josef, die Bundestagsabgeordnete Nissen und ABG-Chef Junker, größter Player auf dem Frankfurter Wohnungsmarkt, wurden sichtlich überrascht, als eine Sprecherin der Initiativen sich das Wort nahm, ohne vorher um Erlaubnis zu fragen.

Sie stellte klar: Seit die SPD im Frankfurter Magistrat in Person von Herrn Josef Verantwortung für Stadtentwicklung und Wohnungsbau übernommen hat, werde nicht mehr diskutiert sondern exekutiert – auf dem ehem. Campus Bockenheim sind die mageren Quoten für geförderten Wohnraum dank der Verkaufsgeschicks der ABG an Luxus-Projektentwickler in Gefahr.

Im geplanten sog. „Innovationsquartier“ ist bisher nur das Verschwinden von großflächiger Grünfläche gesichert und dringend nötige Ansätze zur Durchsetzung des „Rechts auf Wohnen“, wie die Realisierung des „Project Shelter“ wurden unter SPD-Führung komplett von der Tagesordnung gestrichen.

Bundespolitisch hat die SPD in Regierungsverantwortung nachweislich lediglich eine wirkungslose „Mietpreisbremse“ zu Stande gebracht und kündigt für die kommende Legislatur höhere Eigentumsförderungen an.

Bravo! Soziale Wohnraumversorgung sieht anders aus!

Konsequenterweise verließen die Beteiligten die Veranstaltung unter lauten Protestparolen, ohne sich auf ein diskursives Ping-Pong mit dem Podium einzulassen. Die SPD ist nicht Teil der Lösung, weder in Frankfurt noch auf Bundesebene, sondern Teil des Problems. Sie ist wesentlich mitverantwortlich für eine Politik, die Kapitalgewinne vor die Bedürfnisse einer Stadt für alle stellt und eine

investorengetriebene Stadtentwicklung nicht in Frage stellt. Sie ist mitverantwortlich für eine unsoziale Mietenpolitik, die verdrängt und spaltet. Und sie ist beteiligt an rassistischer Ausgrenzung.

Klar ist auch: Die herrschende Politik in Frankfurt wird auch in Zukunft nicht in Ruhe gelassen. Wir werden keine „Anliegen“ vorbringen – wir stellen Forderungen.

Frankfurter Gruppe #Mietenwahnsinn_stoppen, Frankfurt am Main 09.06.2017

https://mietenwahnsinn-stoppen.de/

Aufruf
Mietenwahnsinn stoppen! Bezahlbare gute Wohnungen für alle!

Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt sind unübersehbar: In den meisten Stadtregionen steigen die Mieten unaufhörlich; Verdrängungen durch Modernisierungsmaßnahmen sind alltäglich. Zwangsräumungen haben stark zugenommen. Renditeorientierte Vermieter*innen lassen ihre Wohnungen verkommen. Vermietungskonzerne erfinden immer neue Kostentricks. Rassistische Diskriminierung und Hartz IV-freie Innenstädte sind Normalität.

Gleichzeitig wehren sich immer mehr Mieter*innen in Initiativen und Mieter*innenvereinen. Sie protestieren und konfrontieren die Politik und Wohnungsunternehmen mit ihrer Situation. Auch die meisten Politiker*innen bezweifeln diesen Zustand nicht.

Es sollte daher längst etwas Wirksames geschehen sein. Dem ist aber nicht so. In der letzten schwarz-roten Bundesregierung gab es eine Reihe von Änderungen, die angeblich das Los der Mieter*innen und Wohnungssuchenden erleichtern sollten:

Die Mietpreisbremse wirkt jedoch nicht. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bietet keine Antwort auf den extremen Mangel an preisgünstigen Wohnraum. Sie sichert die Gewinne der privaten Wohnungsunternehmen. In einigen Kommunen konnten Proteste Zugeständnisse durchsetzen. Aber ein Richtungswechsel hin zu einem grundlegenden Wandel der Wohnungspolitik ist nicht zu erkennen.

Wir stellen fest: Das ist viel zu wenig. Uns reicht es. Wir verlangen eine Wohnungspolitik, die an den Bedürfnissen der Bewohner*innen orientiert ist. Wohnen ist ein Menschenrecht. Unser (langfristiges) Ziel ist die Vergesellschaftung von Wohnraum – ein erster Schritt dahin ist die Schaffung eines nicht marktförmigen, nicht profitorientierten Wohnungssektors.

Wir – Mietervereine, Mieter*inneninitiativen, „Recht auf Stadt“-Netzwerke und weitere soziale Organisationen – starten am 1. Juni eine wohnungspolitische Offensive.

Wir fordern:

1. Neue Wohnungsgemeinnützigkeit

Wir fordern die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit als Alternative zur renditeorientierten Wohnungswirtschaft. Die soziale Zweckbindung dieser Wohnungen muss dauerhaft sein und soll durch steuerliche Förderung, Privilegien bei der Grundstückvergabe, öffentliche Zuschüsse und Kredite gefördert werden.

2. Mietenanstieg stoppen!

Wir fordern eine wirksame, flächendeckende Begrenzung des Mietenanstiegs
durch rechtlich verbindlich Mietspiegel, die das tatsächliche Mietenniveau aller Wohnungen abbilden
durch eine verschärfte und flächendeckende Mietpreisbremse ohne Ausnahmen
durch eine bundesweite Begrenzung von Mieterhöhungen auf den Inflationsausgleich
durch konsequente Ahndung von unzulässigen Mietpreisüberhöhungen und Mietwucher nach § 5Wirtschaftsstrafgesetz und § 291 Strafgesetzbuch.

3. Keine Verdrängung durch Modernisierung!

Die Umlage der Modernisierungskosten auf die Miete (§559 BGB) muss abgeschafft werden.

4. Zwangsräumungen verhindern! Kündigungsschutz verbessern!
Wir fordern einen wirksamen Kündigungs- und Räumungsschutz für Mieter*innen, der die Aufweichung von Mieter*innenrechten zurücknimmt und soziale Notlagen berücksichtigt.

5. Leerstände beenden!

Wir fordern, dass die Vermietung von spekulativem Leerstand erzwungen werden kann. Instandbesetzungen müssen legalisiert werden

6. Neuausrichtung der Bodenpolitik

Wir fordern, dass der Ausverkauf öffentlicher Liegenschaften und Wohnungsbestände gestoppt und umgekehrt wird. Öffentliche Liegenschaften müssen für Wohnen und soziale Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden.

7. Wohnungsunternehmen demokratisieren! Kollektive Mieter*innenrechte schaffen!

Wir fordern kollektive Mieter*innenrechte in allen Wohnungsunternehmen und echte Mieter*innen-Mitbestimmung im öffentlichen und gemeinnützigen Wohnungssektor.
Wir werden in unseren Wohnvierteln, auf der Straße, vor den Parlamenten wie den Zentralen der Wohnungsunternehmen und auf Fachveranstaltungen gemeinsam für diese Forderungen eintreten.

Nur politischer Druck von unten kann konkrete Verbesserungen für Mieter*innen und eine grundlegend neue Wohnungspolitik durchsetzen.

https://mietenwahnsinn-stoppen.de/aufruf/