Mieterinnen und Mieter im Reuterweg 75 wehren sich gegen Modernisierungsmieterhöhung von über 100%

erstellt von Mieter helfen Mietern — zuletzt geändert 2017-05-25T10:32:51+01:00
Vor der Haustür an der Ecke Reuterweg/Grüneburgweg rauscht der Verkehr vorbei. Am Haus und in den Wänden des Treppenhauses zeigen sich Risse, die Fassade ist schadhaft und in den Wohnungen unterm Dach gab es Wasserschäden.

„Wir haben nichts gegen notwendige Sanierungen und Mängelbeseitigungen.“, erklärt eine Mieterin, die hier seit über 20 Jahren lebt. Aber die nun angekündigte Modernisierung enthält Maßnahmen, die für die Mieter/innen keine Verbesserung bedeuten, wie isolierverglaste Fenster für das Treppenhaus oder der Austausch der bestehenden und funktionierenden Isolierglasfenster gegen neuere Fenster in den Wohnungen. Exorbitante Mietsteigerungen von 115 bis 150 % soll diese Modernisierung lt. Ankündigung der zuständigen Immobilienverwaltung Laubenstein Immobilien Management nach sich ziehen.

Ab Juli sollen die Baumaßnahmen beginnen. Nach Fertigstellung der Maßnahmen soll die Miete in der 71 qm-Wohnung einer Mieterin um 577,14€ auf 1078,21 € steigen. Eine 91-jährige Mieterin soll monat-lich 463,34 € mehr Miete aufbringen für ihre 57qm-Wohnung, genauso wie ihr Nachbar. Die Quadratmeterpreise würden von durchschnittlich 6,20 € auf 14,25 € steigen. Überbleibsel von günstigen Woh-nungen in der Innenstadt verschwinden auf diese Weise und viele der jetzigen Mieter/innen können die Mietsteigerungen schlicht nicht finanzieren.

„Ich kann maximal 50 € mehr Miete im Monat zahlen.“, berichtet ein Mieter, „Das ist meine absolute Belastungsgrenze.“ Wegziehen, etwa in eine von Vermieterseite vage in Aussicht gestellte Ersatzwohnung in Griesheim kommt für keine der Mietparteien in Frage. Einige von ihnen sind gesundheitlich eingeschränkt oder im Rentenalter. Daher haben die Mieter/innen den angekündigten Mieterhöhungen auch aus gesetzlichen Härtegründen widersprochen.

Laut Gesetz dürfen 11% der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete der Mietparteien umgelegt werden. Die im Reuterweg 75 zuständige Immobilienverwaltung beziffert die Gesamtkosten der angekündigten energetischen Modernisierungsmaßnahmen auf 534.967 Euro, eine für nächstes Jahr geplante Erneuerung der Heizung ist da noch nicht inbegriffen. Nach geltender Rechtsprechung hält MIETER HELFEN MIETERN die Modernisierungsmieterhöhungen dennoch für überhöht und entsprechend unwirksam. Der Mietrechtsexperte Jürgen Lutz erläutert: „Die Kosten für ohnehin fällige Instandset-zungsarbeiten oder gar für Dachausbauarbeiten, die im Zuge der Modernisierung vorgenommen werden, dürfen den Mieterinnen und Mietern nicht in Rechnung gestellt werden, denn Reparaturen der Mietsache sind grundsätzlich von der Vermieterseite zu zahlen.“ Außerdem ist fraglich, ob wirklich alle Maßnahmen eine tatsächliche „Wohnwertverbesserung“ für die Mietparteien bringen. Nur dann stellen sie umlagefähige Modernisierungsmaßnahmen dar.

Die Mieter/innen gehen nun mit Unterstützung von Mieter helfen Mietern gegen die Mietsteigerungen vor. Zunächst haben sie der Vermieterin nachgewiesen, dass sie die Erhöhung nicht bezahlen können.

Conny Petzold und Jürgen Lutz (MIETER HELFEN MIETERN)