Mietnomaden sind – gesellschaftlich betrachtet – ein Randphänomen; Große Schäden entstehen vielmehr durch massenhafte Unterschlagungen der Mietkautionen

erstellt von MIETER HELFEN MIETERN Frankfurt e.V. — zuletzt geändert 2010-12-28T23:52:49+01:00
Haus & Grund Frankfurt hat kürzlich auf die Gefahr hingewiesen, die von Mietnomaden ausgeht und schärfere Gesetze bei Kündigungen wegen Zahlungsrückstand gefordert. Abgesehen davon, dass in den uns bekannten Veröffentlichungen von Haus & Grund Frankfurt für den Raum Frankfurt und Umgebung kein Fall von Mietnomadentum benannt wurde, hat nun das Bundesbauministerium auch bundesweit Entwarnung gegeben: Etwa 200 Mietnomadenfälle in 5 Jahren bundesweit. Aufgrund des Frankfurter Wohnungsmarkts und der damit verbundenen Auswahl an Mietinteressenten schätzen wir für Frankfurt am Main weniger als einen Fall in den letzten 5 Jahren. Die Wahrscheinlichkeit für einen Frankfurter Vermieter, im Verkehr zu umzukommen, ist um ein Vielfaches höher.

Dieses Thema wird von Haus & Grund trotzdem gerne hochgespielt, weil ein so existentiell bedrohliches Feindbild die eigene Organisation stärkt und weil es zurzeit um Verschärfungen des Mietrechts bei Kündigungen wegen Mietrückstand geht.
Wir wollen an dieser Stelle natürlich nicht leugnen, dass den in der Regel in strukturschwachen Gebieten lebenden Einzelvermietern, die von Mietnomadenfällen betroffen sind, geholfen werden sollte. Hierbei könnte zunächst so etwas wie ein Verspätungsausgleich durch die Gerichtsbarkeit in Frage kommen. Nicht die Gesetze, sondern vor allem die durch Unterbesetzung zu langsamen Gerichte treiben den Schaden in die Höhe.
Große Vermieter leiden hingegen nicht unter dem Problem von Mietausfällen. In die Miete ist - ökonomisch betrachtet - bereits ein Betrag für zu erwartende Mietausfälle einkalkuliert. Anschaulich wird dies im Sozialen Wohnungsbau, wo in der Grundmiete ein Aufschlag von 2% für ein so genanntes Mietausfallwagnis enthalten ist. Dieser Ausgleich dürfte am Frankfurter Wohnungsmarkt völlig ausreichen, so dass die Masse der Mieter die Kosten einzelner Ausfälle trägt (wobei es sich nicht um Mietnomadentum, sondern um „normale“ Mietrückstände handelt, welche angesichts der größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich weiterhin vorkommen.).

Ein in Mietverhältnissen leider weit verbreitetes Phänomen ist die Unterschlagung der Mietkaution durch den Vermieter. Wenn man Großvermieter ausklammert, schätzen wir den Anteil unzulässiger Kautionseinbehalte bei unseren Mitgliedern (organisierte Mieter sind sicher nicht 100-prozentig repräsentativ) auf 20%.
Die Bandbreite der Fallkonstellationen reicht dabei von Fällen, in denen die Kaution von Anfang an nicht getrennt vom Vermögen des Vermieters angelegt war und in denen dieser einfach schweigt und wartet, ob er verklagt wird, bis zu Fällen, in denen der Vermieter seiner Phantasie freien Lauf lässt, um die Kaution mit Gegenforderungen zu verrechnen und um seinerseits mit Klage zu drohen, damit der Mieter letztendlich froh ist, dass es nicht zum Prozess gekommen ist, und lieber die Kaution abschreibt.
Wir haben zwar den Eindruck, dass die Gerichte diesen Trend erkannt haben, und die jeweiligen Vermieter schnell durchschauen. Die meisten Prozesse werden relativ einfach gewonnen.

Doch der Schaden für die Mieter als gesellschaftliche Gruppe entsteht dadurch, dass nur ein kleiner Teil der Mieter vor Gericht zieht. Die Vermieter wissen: „Wenn ich die Kaution unterschlage, wird mir in höchstens einem von fünf Fällen eine Zivilklage drohen. Und ein Strafverfahren ist so gut wie ausgeschlossen.“ (In Süddeutschland waren allerdings kürzlich Strafverfolgungen bekannt geworden.)
Für Vermieter, die auf der Basis von mehreren Mietverhältnissen kalkulieren, ist daher der unzulässige Einbehalt der Kaution eine wirtschaftlich lohnende Strategie.

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