Motorrad-Demo: "Gefährdung der öffentlichen Ordnung"

erstellt von Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V. — zuletzt geändert 2020-04-16T19:35:24+02:00
Zum Verbot der Motorraddemo des MC Kuhle Wampe am Ostermontag 2020

Am 2.4. wurde von Ulrich Wilken für den Motorradclub Kuhle Wampe eine Biker-Demo am Ostermontag angemeldet. Das ursprüngliche Thema "Ostermarsch" wurde nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt abgeändert in: "Abrüsten statt Aufrüsten" Die Biker-Demo sollte ausgehend vom US-Konsulat (einem der traditionellen Auftakt-Orte für die jährlichen Ostermärsche) über eine Innenstadtroute auf den Römerberg führen, wo eine Kundgebung vorgesehen war. (Die FR berichtete darüber am 7.4.)

Angemeldet waren 20 Motorräder (teilweise doppelt besetzt) und ein Begleit-Pkw. Vermerkt war in der Anmeldung:
"In Bewusstsein der Kontaktbeschränkungen werden wir am Beginn- wie am Zielort die Motorräder in min. 2 Meter Abstand parken. Zur Verständigung nutzen wir ein mobiles Lautsprechersystem/Megaphon."

Ulrich Wilken war auch derjenige, der am 8.4. für die Landtagsfraktion Die LINKE ankündigte, das Vorgehen der Polizei gegen die "Seebrücke"-Demonstration am vorausgegangenen Wochenende zum Thema im Landtag zu machen. Ulrich Wilken wörtlich: „Es besteht die Gefahr, dass es einen Überbietungswettbewerb um die strengsten Verbote gibt“.

Diese klare Positionierung wurde ihm auch in dem Verbots-Bescheid der Biker-Demo mit Verfügung des Ordnungsamtes vom 9.4. angekreidet.

Darin heißt es zunächst:
"Dieses Verbot gilt zugleich für jede andere Versammlung unter freiem Himmel, die an diesem Tag an einem anderen als dem angemeldeten Orten im Stadtgebiet von Frankfurt am Main oder an den gleichen Orten zu anderen Stunden (Ersatzveranstaltung) von Ihnen durchgeführt werden sollte, wenn dabei eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und/oder Ordnung zu erwarten bzw. absehbar ist."

Folgende Gründe führte das Ordnungsamt in seinem 8-Seiten-Bescheid u.a. auf:

Die Veranstalter hätten aktiv dafür geworben, dass sich weitere Teilnehmer entlang der Strecke als 2-er-Gruppen mit Transparenten, Fahnen und Aktionsutensilien beteiligen sollten.

Neben dem Kreisverband Frankfurt des MC Kuhle Wampe war auf der Internetseite des "Frankfurter Info" auch von den KV Kassel und Göttingen die Rede. Dazu heißt es in dem Bescheid: "Auch aus diesem Grund kann eine höhere Teilnehmerzahl, als die von Ihnen in der Anmeldung angegebenen Zahl von 20 (teilweise doppelt besetzt), angenommen werden.

Weiterhin sei "demnach vielmehr zu erwarten", dass alle Teilnehmer am Rande der Demonstrationsroute und besonders am Start- und Zielpunkt "dichter zusammenstellen, um beispielsweise gemeinsam ihre Meinung zu verkünden oder zu kommunizieren".

Da auch einzelne Teilnehmer mit dem Corona-Virus infiziert sein könnten, "besteht zumindest eine Gefahr der Ansteckung mit dem SARS-CoV-2 Virus und damit eine Gefahr für Gesundheit, Leib und Leben und körperliche Unversehrtheit für alle Menschen".

Weiter: "Überdies wird das Zusammenkommen von der Mehrheit der Frankfurter Bevölkerung, die sich zu einem ganz überwiegenden Teil an die Corona-Verordnungen des Landes Hessen halten, als Provokation empfunden".

Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass Zuwiderhandlungen mit Gefängnisstrafen bis zu einem Jahr belegt werden können.

Fazit: Mit Mutmaßungen und Unterstellungen wurde vom Ordnungsamt eine „höchstwahrscheinliche“ Gefährdung der öffentlichen Ordnung konstruiert. Keine Mutmaßung ist es hingegen, wenn man den Bescheid auch als Gegenschlag zu Ulrich Wilkens Protest gegen die gewaltsame Auflösung der vorausgegangenen „Seebrücke“-Demo ansieht. Polizei und Ordnungsamt in Frankfurt stehen deshalb exemplarisch für das, was in den nächsten Monaten als gewaltige, gemeinsame Aufgabe aller sozialen Bewegungen zu sehen ist: Der Kampf gegen den Abbau demokratischer Rechte und fadenscheinig formulierten Repressionsmaßnahmen.

von Karl-Heinz Peil, Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V., 13. April 2020