Nachttanzdemo 2008: Klage verhandelt // Teilerfolg der Organisator_innen // Ordnungsdezernent Stein schürt Eskalation // Angebot an die Stadt bzgl. der Wagenverantwortlichen

Gestern entschied das Frankfurter Verwaltungsgericht (VG) über die Klage der Organisator_innen der Nachttanzdemo 2008 gegen den vom Ordnungsamt verhängten Auflagenbescheid. Dabei wurde mit Bestätigung der angemeldeten Route einer wichtigen Forderung der Veranstalter_innen entsprochen. »Es ist ein Erfolg für unsere Argumentation, dass die Route durch die Innenstadt genehmigt wurde. Das Urteil zeigt, dass man sich nicht mit den Auflagenbescheiden eines offensichtlich im falschen Beruf arbeitenden Ordnungsdezernenten abfinden muss.

Offensichtlich handelte es sich bei der Routen-Auflage des Ordnungsamts nicht um den ‚Schutz der Rechte Dritter‘, sondern um eine politische Entscheidung der Stadt Frankfurt«, so Matthias Schneider, Sprecher des Vorbereitungsbündnisses der diesjährigen Nachttanzdemo.

Bezüglich der Benennung von Verantwortlichen für die einzelnen Wägen betonte das Ordnungsamt schon vor dem Urteil des VG, dass es dabei ausdrücklich nicht – wie befürchtet – um die Sammlung von Daten, sondern ausschließlich um die Einhaltung von Lärmschutzauflagen gehe und die Daten deshalb nur bei Verstößen an die Polizei weitergereicht würden. Das VG bestätigte diese Ergänzung der Auflagen. Zwar wurde nicht auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen eingegangen; das Gericht machte jedoch klar, dass es nur um die Einhaltung der Lärmbegrenzung gehe.

In Widerspruch zum Kontakt des Vorbereitungsbündnisses mit seiner Behörde und dem Urteil des Gerichtes bestätigte Ordnungsdezernent Stein in der FAZ vom 30.9. leider die Befürchtungen des Bündnisses nach denen es eben doch um die präventive Sammlung von Daten – auch für den Fall eventueller »Auseinandersetzungen« (Stein) – gehe. »Anstatt seinem Beruf entsprechend Versammlungsrechte zu gewährleisten, kümmert sich Stein mit präventiver Datensammlung lieber um die Vorfeldarbeit von Polizei und Verfassungsschutz«, so Schneider weiter.

Das Nachttanzdemo-Bündnis machte dem Ordnungsamt heute trotzdem das Angebot, dem Amt im Vorhinein verbindliche telefonische Kontakte zu den einzelnen Wägen zukommen zu lassen, damit bei Überschreitungen der Lärmgrenzen eine direkte Kommunikation möglich ist. Bei einem Ordnungsdezernent, der Demonstrationen im Sinne des Versammlungsrechts als »Zumutung« begreift, seien Daten und Informationen über die Organisator_innen sicherlich nicht besser aufgehoben als bei der Polizei.
Anmelder Sören Steffe begründete den Vorschlag damit, dass in diesem Konzept die Anliegen beider Seiten berücksichtigt würden. Er sagte: »Wir hoffen, dass die Stadt auf unser Entgegenkommen eingeht und den unterbreiteten Vorschlag akzeptiert.«
Mit diesem Schritt würde das Ordnungsamt – unabhängig von seinem Chef – das Interesse der Organisator_innen an einem vernünftigen Ablauf der Veranstaltung konstruktiv unterstützen. Zudem erwarten die Veranstalter_innen Zurückhaltung der Polizei während der Demonstration, damit eine Eskalation wie im letzten Jahr vermieden werden kann.

Empört reagierten die Organisator_innen auf die Äußerungen des Ordnungsdezernenten in FR und FAZ: »Dieser Ordnungsdezernent, der offensichtlich weder das Urteil gelesen, noch das Anliegen der Demonstration verstanden hat und diese zudem als alkoholisierte Krawallmacher diskreditiert, ist eine Zumutung für jeden Menschen, der sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen möchte. Das Kriterium der ‚Zumutbarkeit‘ einer Demo, das Szenario von ‚Auseinandersetzungen‘ und die Sorge um ‚seinen‘ Theatertunnel sind absurd. Die Angst eines paranoiden und weltfremden Ordnungsdezernenten sind jedenfalls kein Maßstab für die Legitimität einer Demonstration«, so Schneider.

Abschließend ging der Sprecher des Bündnisses auf die heutige Pressemitteilung des Ordnungsdezernenten ein: »Wir empfehlen dem Ordnungsdezernenten zudem, zur Kenntnis zur nehmen, dass bereits das Bundesverfassungsgericht 2007 feststellte, dass Veranstaltungen wie die Berliner ‚Fuckparade‘ als Demonstration gewertet werden (Vgl. Urteil Bundesverwaltungsgericht vom 16. Mai 2007 im Hauptverfahren, BVerwG 6 C 23.06).. Die politischen Inhalte der Nachttanzdemo kann Herr Stein ansonsten gerne in der 16-seitigen Zeitung zur Demonstration nachlesen; auch wenn er scheinbar lieber auf die Anstrengung des Lesens verzichtet.«

Die Nachttanzdemo startet jedenfalls am Donnerstag, den 2. Oktober um 21 Uhr am Frankfurter Südbahnhof.

Vorbereitungsbündnis der Nachttanzdemo

Pressemitteilung - 30.09.2008

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Repression