„Prostituiertenschutzgesetz“

erstellt von Doña Carmen — zuletzt geändert 2018-12-19T12:36:34+01:00
Desaster für Bundesregierung: Nur 30.000 Sexarbeiterinnen bisher registriert!

Seit nunmehr anderthalb Jahre ist das so genannte ‚Prostituiertenschutzgesetz‘ in Kraft. Aus diesem Anlass hat Doña Carmen e.V., Verein für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten, eine Zwischenbilanz des umstrittenen Gesetzes vorgelegt. Das Ergebnis:

Nach anderthalb Jahren Prostituiertenschutzgesetz sind bundesweit maximal rund 30.000 Sexarbeiter/innen registriert. Bezogen auf die von der Bundesregierung angenommenen 200.000 Sexarbeiter/innen sind das gerade einmal 15 % aller in Deutschland tätigen Prostituierten.

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass hierzulande nur die Hälfte der von der Bundesregierung angenommenen Zahl von Sexarbeiter/innen tätig wäre, so würde das bedeuten, dass infolge des Prostituiertenschutzgesetzes gegenwärtig rund 70 % der hierzulande tätigen Sexarbeiter/innen illegalisiert und somit letztendlich kriminalisiert worden wären.

Da die Zahl der von den Ordnungsbehörden ausgegebenen Hurenpässe erfahrungsgemäß weit unter der Zahl der bei den Gesundheitsbehörden registrierten Sexarbeiter/innen liegt, dürften in Deutschland gegenwärtig bestenfalls 24.000 Frauen im Besitz eines Hurenpasses sein und damit legal der Ausübung der Prostitution nachgehen.

Doña Carmen e.V. sieht darin eine Abstimmung mit den Füßen, ein untrügliches Zeichen für die nicht vorhandene Akzeptanz des Prostituiertenschutzgesetzes unter den Betroffenen. Das mit großem bürokratischen Aufwand ausgeführte Gesetz erweist sich damit als Desaster für die Bundesregierung, als grandiose Fehlleistung auf ganzer Linie.

Das einzige, was das Gesetz für Regierung und Behörden attraktiv macht, ist die Tatsache, dass es sich als effektives Mittel zum Schließen von Prostitutionsbetrieben erweist. In seiner Auswertung kommt Doña Carmen e.V. zu dem Schluss, dass gut ein Drittel der Betriebe schon im Vorfeld einer Konzessionierung an Bestimmungen der Sperrgebietsverordnungen sowie des Baurecht scheitern – unabhängig davon, ob die Betriebe schlechte oder hervorragende Arbeitsbedingungen haben. Die vielfach geäußerte Behauptung, es werde weniger Betriebe, dafür aber bessere Arbeitsbedingungen in den dann verbleibenden Betrieben geben, bewertet Doña Carmen e.V. daher als kalkulierte Desinformation.

Ein weiteres Drittel der Prostitutionsbetriebe könnte – sollten Probleme mit dem Sperrgebiet und der baurechtlichen Lage des Prostitutionsbetriebs nicht bestehen – anschließend an den Anforderungen und dem Vorgehen der Behörden im Zuge des Konzessionierungs-Verfahrens scheitern. Bei den Behörden heißt das Stichwort inzwischen „Marktbereinigung“.

Unter dem Bruch von Grundrechten der Betroffenen wäre damit eine massive Existenz- und Arbeitsplatzvernichtung die Folge des Prostituiertenschutzgesetzes. Die schleichend erfolgende Zerstörung der Infrastruktur des Prostitutionsgewerbes hätte für die Sexarbeiter/innen eine fatale Vereinzelung in Form von „1-Frau-Prostitutionsbetriebe“ zur Folge. Diese Entwicklung komplettiert die desaströsen Tendenzen einer Illegalisierung und Kriminalisierung von Sexarbeit im Zuge der Registrierung.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung initiiert Dona Carmen e. V. zurzeit eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Hier der Link zur Analyse „Stand der Umsetzung des ProstSchG Ende 2018“:

https://www.donacarmen.de/wp-content/uploads/Umsetzung-Prostituiertenschutzgesetz-Ende-2018.pdf

 

Am 1.7.2017 begann mit dem Inkrafttreten des ‚Prostituiertenschutzgesetzes‘ eine neue Ära der Entrechtung, der Gängelung und Schikane von Sexarbeiter/innen. Das Doña-Carmen-Handbuch beleuchtet das Gesetz aus der Sicht von Sexarbeiter/innen. In übersichtlich gegliederter Frage-Antwort-Form verbindet es Information mit einer Parteinahme für die Rechte von Sexarbeiter/innen. Es ist genau diese Kombination, die das Buch hilfreich und nützlich macht.   

Doña Carmen’s Handbuch für die Alltagspraxis“ ist erhältlich in Deutsch, Spanisch, Rumänisch und Englisch im Buchhandel, über den Verlag DVS oder direkt bei Doña Carmen e.V.: donacarmen@t-online.de;  Infos: www.donacarmen.de

 

Doña Carmen e.V., Pressemitteilung, 18.12.1018