Rechenzentren-Wildwuchs schadet der Stadt

erstellt von DGB Frankfurt — zuletzt geändert 2022-05-31T13:31:39+01:00
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Frankfurt reagiert gelassen auf die Drohung der German Datacenter Association (GDA), dass sie ins Umland abwandern wollen, falls die Stadt die Ansiedlung von Rechenzentren auf ausgewählte Gebiete einschränken will. „Das ist genau unsere Forderung", so der Frankfurter DGB-Vorsitzende, Philipp Jacks, „denn wir haben bereits einen enormen Flächenmangel in Frankfurt.

Rechenzentren zahlen fast jeden Preis für die Grundstücke, das wird den Flächenmangel für Industrie, Handel, Wohnraum, Schulen und viele weitere dringende Bedarfe weiter anheizen. Es gibt auch kaum technische Gründe für die massenhaften Ansiedlungen am Internet-Knotenpunkt DE-CIX, das beweist nicht zuletzt der Bau eines neuen Interxion-Rechenzentrums in Hattersheim. Den Betreibern geht es vor allem um die gute Frankfurter Adresse." Neben der Flächenkonkurrenz stelle der derzeitige rapide Zuwachs an Rechenzentren die Stadt auch vor weitere Herausforderungen: zum Beispiel seien auch Kapazitätsengpässe bei der Stromversorgung abzusehen. „Wenn keine neuen Stromtrassen durch die Stadt gebaut werden, führt das außerdem neben der Flächenkonkurrenz auch zu einer Stromkonkurrenz zwischen Rechenzentren und Industrie,", so Jacks.

Michael Erhardt, der Erste Bevollmächtigte der Frankfurter IG Metall, die auch für die IT-Branche zuständig ist, warnt ebenfalls vor unkontrollierter Ansiedlung von Rechenzentren: „Die Argumentation, dass Rechenzentren für Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen sorgen, ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall: gemessen am Platzverbrauch werden sehr wenige Arbeitsplätze geschaffen, und die Gewerbesteuerabgaben sind daran gemessen ein Witz. Die aktuelle Wildwest-Mentalität mit Recht des Stärksten bzw. Meistbietenden schadet der Stadt massiv und verdrängt sogar Arbeitsplätze und Lohnabhängige aus der Stadt – wie das Beispiel von Günther & Co in Rödelheim beweist."

Ralf Erkens, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE), bittet die Stadtpolitik um Weitsicht: „Wir müssen Strukturpolitik als Metropol-Region denken. Frankfurt platzt ohnehin aus allen Nähten. Natürlich sollte die Abwärme von Rechenzentren zum Heizen genutzt werden, aber die ganze Stadt mit Rechenzentren zu bebauen, um zu heizen, ist ökologischer Irrsinn und konterkariert die Klimaziele der Stadt Frankfurt."

Dr. Thomas Müller, der bei ver.di Hessen für die Internet- und Kommunikationstechnik-Branche zuständig ist, unterstützt diese Perspektive: „Wir haben die IKT-Branche im Rhein-Main-Gebiet schon immer unter einem regionalen Gesichtspunkt betrachtet - für uns reicht IKT von Friedberg bis Darmstadt. Insofern läuft die Drohung der GDA ins Leere."

Pressemitteilung 31.05.2022