Rechtsstaatlichkeit an Europas Grenzen wiederherstellen!

erstellt von PRO ASYL — zuletzt geändert 2021-10-09T09:22:34+02:00
Anlässlich des Treffens der EU-Innenminister*innen fordert PRO ASYL, entschieden Druck auszuüben auf die polnische Regierung, die illegalen Zurückweisungen und das Leid von Schutzsuchenden an der Grenze zu Belarus zu beenden. Polen und Kroatien verletzen mit ihren Pushback-Aktionen grundlegende Menschenrechte. Das darf die EU nicht länger tolerieren!

Seit Wochen harren Menschen im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus aus – und werden vom EU-Mitglied Polen nicht ins Land gelassen, sondern stattdessen in illegalen Pushback-Aktionen zurückgedrängt. Mindestens sechs Personen sind bereits im Grenzgebiet gestorben. „Das menschenverachtende Machtspiel zwischen dem belarussischen Diktatur und den sich abschottenden EU-Staaten darf nicht auf dem Rücken Schutzsuchender ausgetragen werden", sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL, anlässlich des heute stattfindenden EU-Innenministertreffens. „Die Rechtsstaatlichkeit an der polnisch-belarussischen Außengrenze muss wiederhergestellt werden – ebenso wie die an den Außengrenzen Griechenlands sowie in Kroatien."

Vor wenigen Tagen hat das polnische Parlament den Ausnahmezustand an der Grenze um weitere 60 Tage verlängert. Polen verwehrt Geflüchteten trotz  Aufforderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) medizinische und humanitäre Hilfe. „Mit der Missachtung der Anordnungen des Menschenrechtsgerichthofes durch Polen ist eine neue, erschreckende Dimension erreicht", erklärt Kopp.

Die EU ist Komplizin

„Die EU hat viel zu spät und viel zu zögerlich reagiert", kritisiert Kopp. „Es spricht Bände, dass selbst EU-Innenkommissarin Ylva Johansson nach eigenen Angaben nicht weiß, was an der polnischen EU-Außengrenze eigentlich vor sich geht." Denn die polnische Regierung hat das Grenzgebiet zur Sperrzone erklärt, niemand hat Zutritt, nicht einmal Hilfsorganisationen. Der Eindruck drängt sich auf, dass die EU es gar nicht so genau wissen will. Wer bei schweren Menschenrechtsverletzungen nur weiterhin „auf Dialog" setze, wie Johansson es in einem Interview mit der ZEIT erklärte, macht sich mitschuldig an der Missachtung des Völkerrechts, beklagt PRO ASYL.

PRO ASYL kritisiert Verrohung der Sprache

Die Menschenrechtsorganisation kritisiert darüber hinaus die Verrohung der Sprache, in der sowohl Medien als auch Politiker*innen über die Situation berichten, etwa: „Flüchtlinge werden als Waffe genutzt, um die EU anzugreifen". So ist mit Blick auf Schutzsuchende im EU-Jargon immer wieder die Rede von „hybriden Bedrohungen". „Geflüchtete als ‚hybride Bedrohung' darzustellen, spricht ihnen die Menschlichkeit ab – eine zutiefst beunruhigende Entwicklung, die den Nährboden bereitet für Vorurteile, Hass und Gewalt", sagt Kopp.

PRO ASYL fordert von der EU und ihren Mitgliedsländern:

·        Ein Ende der rechtswidrigen Push-backs – sei es in Griechenland, Kroatien oder Polen
·        Die unbedingte Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts
·        Eine internationale Untersuchung der Todesfälle an der polnisch-belarussischen Grenze
·        Die Entsendung unabhängiger Menschenrechtsbeobachter*innen an die EU-Grenzen von Polen und den baltischen
         Staaten zu Belarus.

·        Die Gewährleistung des Zugangs zu einem fairen Asylverfahren
·        Die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Polen wegen Missachtung der Menschenrechte

Presseerklärung 8.10.2021