Rückblick auf Proteste im Dezember

erstellt von Aufstehen gegen Rassismus RheinMain — zuletzt geändert 2020-12-23T13:37:22+02:00
Solidarisches Engagement von positiven zivilgesellschaftlichen Akteuren auch zukünftig nötig

Ein turbulentes, politisches Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu – und Corona-Pandemie hat uns alle weiterhin fest im Griff. Besonders gefährdet das Virus weltweit die Schwachen und Armen, die zudem oftmals die Opfer von rassistischen und ausgrenzenden Übergriffen sind. Wir alle brauchen gerade in diesen Zeiten den sozialrechtlich gesicherten Zugang zu Versorgungs- und Gesundheitssystemen. Dafür und vieles mehr ist das solidarische Engagement von positiven zivilgesellschaftlichen Akteuren auch zukünftig nötig.

Viele von uns waren in diesem Jahr gegen die so genannte "Querdenken"-Szene aktiv, die sich zusehends als neue, rechte Straßenbewegung entpuppte. Die Tatsache, dass bis zu einem Drittel der Teilnehmenden als rechtsextrem eingeschätzt wird, lässt keinen anderen Schluss zu.

12.12.2020 | 10 - 12 Uhr | Frankfurt (Paulskirche/Berliner Str., Nähe Mahnmal)
Mahnwache

Wir von AgR RheinMain hatten diese Örtlichkeit bei der Paulskirche (Nähe Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus) als innerstädtischen Treffpunkt gewählt und zusammen mit den anmeldenden Naturfreunden Frankfurt für diese Kundgebung geworben. Für interessante Beiträge zum gegebenen Anlass sorgten die Redner*innen von DGB, VVN-BdA, Naturfreunde Hessen, Omas gegen Rechts und SPD Frankfurt (Annette Ludwig). Auch Ulli Nissen (MdB, SPD) war wieder anwesend und unterstützte unseren Protest tatkräftig mit einem spontanen Kurzbeitrag. Kulturbeiträge eines vom Corona-Lockdown betroffenen Solo-Selbstständigen rundeten die Veranstaltung musikalisch ab. Zusammen mit ca. 40 Teilnehmenden konnten wir an dieser geschichtsträchtigen Stelle in der Frankfurter Kernstadt ein bewusstes, starkes Zeichen gegen eine rechte Besetzung/Neuschreibung von demokratischen Errungenschaften setzen. Unsere ursprüngliche Idee, die Paulskirche symbolkräftig per Menschenkette vor Angriffen durch Demokratiefeinde zu schützen, war uns leider verwehrt worden.

12.12.2020 | 11 - 18 Uhr | Frankfurt (Steinweg, Nähe Goetheplatz/Rathenauplatz)
AgR RheinMain Infostand: Aufklärung & Gegenprotest

Wie bereits im November hatte ein Aktiver von AgR RheinMain im Namen der VVN-BdA diese Stelle beim Ordnungsamt angemeldet, um im öffentlichen Raum mit AgR-Transparenten sichtbar zu sein, Materialien zu verteilen und unseren Protest gegen die "Querdenken"-Bewegung zum Ausdruck zu bringen. Unser Ziel war, diesen verqueren Falschdenkern, die das Gesellschaftsmodell einer offenen Mehrheit bedrohen, entgegenzutreten und Betroffenen der Pandemie unsere Solidarität anzubieten. Daher war es sehr gut und wichtig, an neuralgischen Punkten in der Innenstadt präsent, sicht- und ansprechbar zu sein. Daher bedanken wir uns auch hier explizit bei der VVN-BdA, die diesen Stand von 11:00 bis 16:15 Uhr mitbetreute.
Generell waren viele Polizeikräfte auszumachen, obwohl die Plätze zum Zeitpunkt des Aufbaus leer waren. An der Hauptwache war ein enormes Polizeiaufgebot (mitsamt Wasserwerfer) unterwegs. Es gab regelmäßige Durchsagen der Polizei an versprengte Querdenker-Grüppchen, die Abstände einzuhalten, mit der Ankündigung, dass ansonsten die Ansammlung mit Gewalteinsatz aufgelöst werden müsste. Insgesamt war es dort phasenweise sehr unübersichtlich, weil Querdenker und Gegendemonstranten nicht klar voneinander getrennt waren.

12.12.2020 | 11:30 - 16:00 Uhr | Frankfurt (Bockenheimer Warte, Rothschildpark)
AgR-Infostand & Demonstration von "Solidarisch durch die Krise" und "Aufklärung statt Verschwörungsideologie"

Das Bündnis "Solidarisch durch die Krise" und die Initiative "Aufklärung statt Verschwörungsideologien" hatten trotz des finalen Verbots der "Querdenken"-Demonstration gemeinsam zu Protesten aufgerufen. Daher waren an der Bockenheimer Warte an diesem Samstag (ab 11:30 Uhr) etwa 400 Personen zu einer Auftaktkundgebung zusammengekommen, um Redebeiträge (DIDF-Jugend, Fridays For Future, VVN-BdA) öffentlich kundzutun. Ein Aktiver hatte vor Ort einen Infostand mit AgR-Materialien aufgebaut. Danach zog der angemeldete Demonstrationszug zur Abschlusskundgebung (ab 14:00 Uhr) im Rothschildpark, wo ebenfalls ein AgR-Infostand unsere Materialien verteilte. Es war das zentrale Anliegen der Macher*innen, ihre Kritik gegen die Corona-Politik auf die Straße zu tragen und darauf hinzuweisen, dass die Corona-Krise vor allem die Schwachen/Armen dieser Gesellschaft trifft. An "Querdenken" wurde ihrer Meinung nach deutlich, wie der Antisemitismus als Tragfläche für Verschwörungsglauben und damit als Bindeglied für diese heterogen zusammengesetzte Gruppierung der Corona-Leugner fungiert. Eine sozialere Corona-Politik, die konsequente Bekämpfung von rechtem/antisemitischem Gedankengut und das Eintreten für eine Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt stehen, wurden als Forderungen an die Politik formuliert.

Zusammenfassung
Für die "Querdenken"-Bewegung war dieser Tag ein klarer Misserfolg. Obwohl ihre Unterstützer*innen nach dem Verbot der Demonstration offensives Auftreten angekündigt hatten, waren sie in der Stadt kaum organisiert wahrzunehmen. Eine der seltenen größeren Ansammlungen von ca. 50 Personen wurde am späten Nachmittag am Römerberg ausgemacht. Sie wurde anfänglich von einem großen AgR-Transparent sowie weiteren Transparenten eingegrenzt und anschließend von der Polizei aufgelöst.

20.12.2020 | 13 - 17 Uhr | Frankfurt (Paul-Arnsberg-Platz, Weseler Werft)
Mahnwache auf Iniative von AgR und VVN-BdA im Frankfurter Ostend & Schweigemarsch von "Querdenken 69" durch Frankfurt

Eine Woche nach der verbotenen bundesweiten "Querdenken"-Demo in Frankfurt hatte diese neue Aktionsgruppe der "Corona-Verschwurbeler" zu einem schweigenden Spaziergang ab dem Ostend eingeladen. Auf Initiative von AgR RheinMain und VVN-BdA Frankfurt engagierte sich die Nachbarschaft um den Paul-Arnsberg-Platz im Frankfurter Ostend für eine Mahnwache, indem sie Transparente und A3-Plakate von AgR und VVN-BdA öffentlichkeitswirksam präsentierte. Gegen 14 Uhr wurde außerdem das Transparent "Stoppt die Superspreader von Gewalt, Antisemitismus und rechter Hetze" mainaufwärts zeigend seitlich an der Flößerbrücke unweit der Weseler Werft (Startpunkts des Schweigemarsches) platziert. Da die ca. 150 "Schweigenden" ab 14:30 Uhr die Brücke automatisch auf ihrer Wegstrecke unterqueren mussten, war gewährleistet, dass sie unsere AgR-Message auch an diesem Sonntag erhalten haben.
Unsere Bewertung: Das Interesse an den Schweigemärschen scheint abzuflauen, denn die Querdenker konnten an diesem Sonntag – im Vergleich zum ersten Schweigemarsch vom 22. November! – nur weniger Leute mobilisieren. Der interne Zwist zwischen den Gruppierungen "5G/Widerstand 4.0" und "der-schweigemarsch.de" zeitigt offensichtlich seine Auswirkungen auf die Mobilisierungsfähigkeit. Wir von AgR sagen: Gut so, für uns und für 2021!