Schluss mit Beteiligungssimulation – Zeit für die Demokratisierung der ABG!

erstellt von Kampagne "Eine Stadt für Alle! Wem gehört die ABG?" — zuletzt geändert 2016-07-10T18:16:25+02:00
Ein Erfahrungsbericht von der Präsentation der Nachverdichtungspläne in der Ginnheimer Platensiedlung durch ABG-Chef Junker in der gestrigen Sitzung des Ortsbeirates 9

Am gestrigen Abend (7. Juli 2016) stellte ABG-Chef Frank Junker in der Ortsbeiratssitzung des Ortsbeirates 9 die Pläne zur Nachverdichtung in der Ginnheimer Platensiedlung vor. Im Folgenden dokumentieren wir den Erfahrungsbericht anwesender Mitglieder der Kampagne "Eine Stadt für Alle! Wem gehört die ABG?".


Die Mieter und Mieterinnen aus der Ginnheimer Platensiedlung fordern seit einem Jahr vergeblich, an den einschneidenden Nachverdichtungsplänen in ihrer Siedlung beteiligt zu werden. Nun bekommen sie die fertigen Pläne vorgelegt: 700 neue Wohnungen – darunter keine einzige echte Sozialwohnung – sollen entstehen, wo heutzutage 350 Wohnungen und viele Grünflächen zu finden sind.


Auch der heutige Abend bringt in Bezug auf die Forderungen nach Mitbestimmung nicht den erwünschten offenen Dialog. Herr Junker und der geladene Architekt Herr Forster reden 30 Minuten auf den vollbesetzten Saal ein, in dem die Mieter und Mieterinnen jedes Detail der bevorstehenden Änderungen mit immer größeren Fragezeichen zur Kenntnis nehmen. Viele Anwesenden machen ihrem Ärger in Wortmeldungen Luft.


Die fertigen Hochglanz-Baupläne waren tags zuvor bereits der Presse präsentiert worden. Kein Wunder also, dass Herr Junker im Modus des Marketing-Chefs auf Werbeshow für seine ganz persönlichen Vorstellungen wirbt, die die Qualität der Wohnumgebung erhöhen sollen. Junker betont gern, dass er unternehmerisch denkt. Kein Wunder also, dass er überzeugt ist, die marktgerechten Bedürfnisse seiner Kunden und Kundinnen zielgruppengerecht erahnen zu können. Keine einzige Frage hat der ABG-Chef für die anwesenden Mieter und Mieterinnen mitgebracht, er präsentiert nur und verspricht auch gern jederzeit für eine weitere Werbeshow wiederzukommen.


Zur Erinnerung: Wir befinden uns in der Bürgerfragestunde einer Ortsbeiratssitzung, alle Ortsbeiratsmitglieder sind anwesend. Sie hören lediglich aufmerksam zu, wenn der Unternehmenschef Junker sein zweifelhaftes Politikverständnis zum Ausdruck bringt und verkündet, er sehe mit seinem Erscheinen in der Ortsbeiratssitzung der demokratischen Mitbestimmung zur Stadtteilentwicklung genüge getan. Die anwesenden Politikvertreter_innen liefern keine Alternative zu dieser kommunikativen Einbahnstraße und lassen damit die unmissverständliche Forderung der wütenden Bewohner_innen nach Mitbestimmung über ihr Lebensumfeld ins Leere laufen.


Zwanzig Jahre lang hat die ABG die Platensiedlung baulich sich selbst überlassen und nun, da endlich die überfällige Modernisierung der Siedlung eingeleitet wird, ist für die Bewohner_innen nur ein Platz auf den Zuschauerrängen angedacht. Keine Bürgerbeteiligungsplattform und kein noch so eloquent moderierter Ideenflashmarkt des aktuellen Stadtentwicklungskonzepts „Frankfurt 2030“ können noch verschleiern, dass in Ginnheim und anderen Stadtteilen offensichtlich der politische Wille fehlt, Bewohner_innen als Entscheider_innen und Mitentwickler_innen ihres eigenes Stadtteils ernst zu nehmen.


Herr Junker hatte seinen Auftritt, Stararchitekt Forster die Gelegenheit, seine gestylte Power-Point-Präsentation zu zeigen – statt Beteiligungssimulationen wäre es jetzt an der Zeit, Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit den Bewohner_innen auf die Beine zu stellen! Die ABG muss demokratisiert werden, im Wohnalltag und insbesondere, wenn derart massive Umbaumaßnahmen geplant sind wie derzeit in den Nachverdichtungsgebieten. Jeder Haushalt, jeder Wohnblock und jeder Straßenzug muss die Zeit und den Raum bekommen, um über die Zukunft des eigenen Wohnumfelds mitzubestimmen!


Kampagne "Eine Stadt für Alle! Wem gehört die ABG?", Pressemitteilung Frankfurt, 8. Juli 2016

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