Sechs Punkte zur Kommunalwahl 2021

erstellt von DGB Frankfurt/Main — zuletzt geändert 2020-09-02T14:41:33+02:00
Kommunale Aufträge nur an Betriebe mit Guter Arbeit! // Wirtschafts- und Wohnungsförderung zum Wohle der Stadtgesellschaft und der Region! // Gute Arbeit für Beschäftigte im öffentlichen und privatisierten Sektor! // Gute Ausstattung von Kindertagesstätten und (Berufs-)Schulen! // Frankfurt ist kein Platz für Rassismus und Sozialchauvinismus! // Frankfurt muss mehr für die Gleichstellung der Geschlechter tun!

1. Kommunale Aufträge nur an Betriebe mit Guter Arbeit!
Die besten Betriebe vor Ort müssen die kommunalen Aufträge bekommen – nicht die billigsten. Eine kluge Vergabe öffentlicher Aufträge sorgt dafür, dass nur die Betriebe zum Zug kommen, die sich an geltende Gesetze, Tarifverträge oder Mindestlöhne halten, ausbilden und für gute Arbeits-, Ausbildungs- und Wirtschaftsbedingungen sorgen. Das stärkt auch die regionale Wirtschaft. Die billigsten Anbieter verweigern ihren Beschäftigten meist einen fairen Lohn und gute Arbeitsbedingungen oder Umweltstandards.
• Die Stadt Frankfurt sollte die Möglichkeiten des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz voll ausnutzen, um städtische Vergaben an Betriebe mit guter Arbeit und nachhaltigem Wirtschaften zu maximieren. Sie sollte sich gegenüber der Landesregierung dafür einsetzen, dass diese Möglichkeiten erweitert werden, insbesondere in Bezug auf Lohndumping.
• Die neu geschaffene Stelle im Vergabeamt („Vergabekontrolle“) bedarf eines besonderen Fokus. Sie soll kontrollieren, ob sich Auftragnehmer städtischer und stadtnaher Vergaben an geltendes Recht halten (insb. Arbeitszeiten, Lohn, Sozialabgaben) und ahndet Verstöße zugunsten der Stadtkasse.
Die Beratungsstelle für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den mittel- und osteuropäischen EU-Staaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt, das DGB-Projekt „Faire Mobilität“, sollte mit ihrer jahrelangen Erfahrung und muttersprachlichen Beraterinnen und Beratern eine wichtige Partnerin sein.
2. Wirtschafts- und Wohnungsförderung zum Wohle der Stadtgesellschaft und der Region!
• Die Stadt Frankfurt ist mit dem Baulandbeschluss einen wegweisenden Schritt in die richtige Richtung gegangen: Diesen gilt es nun strikt umzusetzen.
• Auszubildende haben im angespannten Wohnungsmarkt besonders schlechte Chancen. Auch hier wurden zuletzt gute erste Lösungen gefunden (z.B. Kooperation mit dem Studentenwerk am Rohmerplatz, Konzeptvergabe der ehemaligen EAdA). Zur Deckung des Bedarfs muss die Anzahl der Plätze allerdings noch deutlich erhöht werden.
• Eine Entwicklungsgesellschaft würde der Stadt mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der Besiedlung von Gewerbegrundstücken geben. In Kooperation mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding könnte sie Boden und Wohnungsbestände ankaufen, sie so dem privaten Markt entziehen, und im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung nutzen (z.B. Konzeptvergaben, Erbpacht).
• Frankfurt und die umliegenden Kommunen der Region können wichtige Themen nur gemeinsam voranbringen, insbesondere beim Wohnungsbau und dem Ausbau des Personenverkehrs. Die Kooperation auf Augenhöhe sollte diesbezüglich fortgesetzt und ausgebaut werden.

3. Gute Arbeit für Beschäftigte im öffentlichen und privatisierten Sektor!
• Unbefristete Festeinstellungen sollten bei der Stadt Frankfurt und ihren Betrieben die Regel sein. Insbesondere bei den Sicherheits- und Kassendiensten städtischer Einrichtungen müssen Werksverträge und Leiharbeit ein Ende haben.
• Zentrale Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge müssen kommunal erbracht werden: Privatisierungen und Outsourcing führen oft zu Verschlechterung der Dienstleistung und der Arbeitsbedingungen.
• Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen oder privatisierten Sektors (z.B. Polizei, Rettungskräfte, Feuerwehr, Ordnungsämter, Jobcenter, Verkehrsbetriebe, Entsorgungsbetriebe) bedarf eines besonderen Fokus. Wir brauchen Zahlen, Daten und Fakten, Personalaufbau und angemessene Ausstattung, Schulungen für Beschäftigte, Sensibilisierung von Führungskräften und einen öffentlichen Bewusstseinswandel.
Öffentliche Investitionen in Infrastruktur und Verwaltung führen zu größerer Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger, die sich auch positiv auf die Sicherheit der Beschäftigten auswirkt. Investitionsstaus bei Schulen, Bibliotheken, Schwimmbädern, Bürger- und Jugendämtern, Polizeidienststellen, etc. müssen nachdrücklich angegangen werden.
• Stadtpolizei und Verkehrsüberwachung benötigen mehr Personal, die Aufgaben können derzeit nur in einem Teil des Stadtgebiets erledigt werden. Die Nutzung von Leiharbeit oder Werkverträgen darf auch hier keine Lösung sein.

4. Gute Ausstattung von Kindertagesstätten und (Berufs-)Schulen!
Ausbau und Instandhaltung der zahlreichen Bildungseinrichtungen in Frankfurt sind Mammutaufgaben, und an vielen Stellen geht es gut voran. Der Zustand einiger Schulen und Berufsschulen ist allerdings unzumutbar. Kitas, Horte und (Berufs-)Schulen müssen personell und räumlich gut ausgestattet sein und benötigen qualifiziertes und entsprechend bezahltes Personal.

5. Frankfurt ist kein Platz für Rassismus und Sozialchauvinismus!
Der von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene „Aktionsplan gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ ist ein guter Schritt in die richtige Richtung: Ausbau von Beratungs- und Präventionsprogrammen gegen Rassismus und Extremismus sowie Ausbau politischer Bildung. Er muss nun langfristig und breitflächig umgesetzt und dauerhaft ausreichend finanziert werden.

6. Frankfurt muss mehr für die Gleichstellung der Geschlechter tun!
• Der Anteil der weiblichen Führungskräfte bei der Stadt Frankfurt liegt im Städtevergleich im unteren Drittel. Der Anteil weiblicher Beschäftigten insgesamt liegt aktuell unter einem Drittel. Diese Anteile müssen erhöht werden.
• Instrumente zum Aufspüren von mittelbarer Diskriminierung, wie zum Beispiel dem Entgeltgleichheit- und Gleichbehandlungs-Check der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, sollten zukünftig standardmäßig genutzt werden.
• Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* verhindert eine gleichgestellte Gesellschaft. In der seit 2018 rechtskräftigen Istanbul-Konvention des Europarates werden auch die Kommunen dazu verpflichtet, sowohl eine Koordinierungsstelle (zur Sammlung der Daten der vielfältigen Gewaltarten) als auch eine unabhängig arbeitende Monitoring-Stelle (zur Evaluierung der Daten, zur Erforschung und zur Beurteilung der Maßnahmen gegen Gewalt unter Beteiligung der NRO) einzurichten. Dieser Pflicht sollte die Stadt Frankfurt – unabhängig des Fortschritts auf Bundesebene – nachkommen.

Deutscher Gewerkschaftsbund Frankfurt am Main, Pressemitteilung, 1. September 2020