Tag der Menschenrechte: 100-Tage-Programm zur Umsetzung des Koalitionsvertrags

erstellt von PRO ASYL — zuletzt geändert 2021-12-09T21:04:52+02:00
Zum heutigen Tag der Menschenrechte veröffentlicht PRO ASYL Vorschläge, wie die flüchtlingspolitischen Zusagen aus dem Koalitionsvertrag zügig umgesetzt werden können.

PRO ASYL begrüßt gemeinsam mit dem Forum Menschenrechte, einem bundesweiten Netzwerk von mehr als fünfzig Menschenrechtsorganisationen, dass der Schutz der Menschenrechte unter der neuen Bundesregierung gestärkt werden soll. Im Koalitionsvertrag finden sich hierzu eine Reihe von Zusagen und Ankündigungen. Diese müssen nun unverzüglich in die Praxis umgesetzt werden, denn es geht um Menschenleben!

„Es ist fundamental wichtig, dass die neue Bundesregierung auch in der Europäischen Union wirkungsvoll für die Achtung des Zugangs zum Recht auf Asyl, die Beendigung von Pushbacks, die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit wie auch die Wiederherstellung der Pressefreiheit in der ganzen EU – auch an Polens Ostgrenze – eintritt", fordert Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL und Mitglied des Koordinierungskreises im Forum Menschenrechte.

PRO ASYL fordert von der neuen Bundesregierung ein 100-Tage-Programm zur Umsetzung der wichtigsten flüchtlingspolitischen Anliegen aus dem Koalitionsvertrag. In einem solchen Fahrplan enthalten sein muss die Weiterführung der Aufnahme besonders gefährdeter Afghan*innen, die Beschleunigung des Familiennachzugs sowie die Aufnahme von schutzsuchenden Menschen, die vor den Toren Europas in der Kälte ausharren, etwa an der polnischen Grenze.

PRO ASYL hat zum Schutz gefährdeter Afghan*innen und ihrer Familien konkrete Vorschläge erarbeitet. Vier Punkte sind essentiell:

1.)    Die Ausreise aus Afghanistan und den Nachbarstaaten nach Deutschland muss von der Bundesregierung schnell und unkompliziert ermöglicht werden, etwa durch Charterflüge.

2.)    Die Liste im Auswärtigen Amt, über die Menschenrechtsverteidiger*innen und andere besonders gefährdete Personen eine Aufnahmezusage erhalten haben und die trotz eines viel größeren Bedarfs Ende August willkürlich geschlossen wurde, muss fortgeführt werden.

3.)    Ein humanitäres Aufnahmeprogramm des Bundes muss sofort aufgesetzt werden.

4.)    Das Ortskräfteverfahren muss durch mehr Transparenz und eine der Realität angemessene Definition von „Ortskräften", die etwa auch Subunternehmer erfasst, reformiert werden.

Darüber hinaus muss es oberste Priorität haben, dass Geflüchtete wieder Zugang zu Asyl an den Außengrenzen Europas erhalten. Ob in Polen, Griechenland oder Kroatien: In den vergangenen Jahren ist dieses international verbriefte Recht sukzessive von europäischen Mitgliedsstaaten ausgehöhlt worden. Die Folge ist, dass in Europa Kinder erfrieren, Frauen verhungern und Männer ertrinken. Die neue Bundesregierung muss sich innerhalb der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die Menschenwürde wieder zählt und die Rechtsstaatlichkeit, auf der Europa gründet, ausnahmslos wiederhergestellt wird.

Des Weiteren erwartet PRO ASYL von der neuen Bundesregierung die Beschleunigung des Familiennachzugs. Unter der Großen Koalition waren zahlreiche Familien für viele Jahre auseinandergerissen, weil die gesetzlichen und bürokratischen Hürden vonseiten der Bundesrepublik enorm hoch sind. Der Koalitionsvertrag enthält wichtige und positive Regelungen, um diese Hürden abzubauen. Jedoch sind einige wichtige Punkte bislang unangetastet, etwa, welche Dokumente für den Familiennachzug erforderlich sind. Hier braucht es dringend eine Überarbeitung. „Das muss sofort in Angriff genommen werden, damit die alleinerziehende Mutter aus Eritrea, die seit fünf Jahren von ihren Kindern getrennt ist, nicht länger warten muss und der minderjährige Afghane, der hier Asyl erhalten hat, endlich mit seinen Eltern und Geschwistern zusammen leben darf", erklärt Günter Burkhardt.

Pressemitteilung 10.12.2021