Unterstützung der von Bordell-Schließung betroffenen Sexarbeiter/innen

Forderung nach einem Sechs-Punkte-Sofortprogramm

 In einem ‚Offenen Brief‘ an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sowie an die Leiter/innen und Mitarbeiter/innen der Gesundheitsämter fordert Doña Carmen e.V., Verein für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten, die umgehende Einleitung von Sofortmaßnahmen zur Unterstützung der von Bordell-Schließungen betroffenen Sexarbeiter/innen.

 Im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie hat eine Reihe von Bundesländern und Städten die Schließung von Prostitutionsstätten bzw. das vollständige Verbot der Ausübung von Prostitution verfügt. Dazu gehören nach gegenwärtigem Stand die Bundesländer Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein sowie die Städte Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Baden-Baden und Kassel.

 Für die von diesen drastischen Maßnahmen betroffenen Sexarbeiter/innen bedeutet das eine massive Gefährdung ihrer materiellen und sozialen Existenz. Sie bringen Verunsicherung und haben großes persönliches Leid zur Folge.

 Doña Carmen e.V. erwartet, dass die politisch Verantwortlichen nicht die Augen davor verschließen und alles unterlassen, was auf eine Entsolidarisierung mit den betroffenen Sexarbeiter/innen hinausläuft. Es sei grundfalsch, Prostitutionsbetriebe einfach zu schließen und die davon massiv betroffenen Sexarbeiter/innen einfach sich selbst zu überlassen. Insbesondere sollte an bisherigen Regelungen und Zwangsmaßnahmen gegenüber Sexarbeiter/innen im Zusammenhang ihrer Registrierung nach Prostituiertenschutzgesetz nicht länger festgehalten werden, da sie das gerade jetzt gebotene Vertrauensverhältnis zwischen Gesundheitsbehörden und Sexarbeiter/innen untergraben.

 Im Interesse einer effektiven und erfolgreichen Bekämpfung der Corona-Pandemie und im Interesse der von Betriebsschließungen massiv betroffenen Sexarbeiter/innen fordert Doña Carmen e.V. die Umsetzung eines sechs Punkte umfassenden Sofortprogramms zur Unterstützung der betroffenen Sexarbeiter/innen. Dazu gehören folgende Maßnahmen:

 1. Unbürokratische Entschädigungszahlungen an Sexarbeiter/innen!

2. Sofortige Einstellung des „Düsseldorfer Verfahrens“ & Stundung der Steuer-Vorauszahlungen bei selbständiger Sexarbeit!

3. Sofortige Aufhebung des Zwangs zum persönlichen Erscheinen bei Gesundheits- und Ordnungsbehörden!

4. Keine Stigmatisierung von Sexarbeit durch Zwangsberatungen in der Verantwortlichkeit eines ‚Sozialpsychiatrischen Dienstes“!

5. Ausbau der freiwilligen, anonymen, kostenlosen Gesundheitsberatung nach § 19 Infektionsschutzgesetz – Jetzt!

6. Abschaffung sämtlicher Gebühren- und Strafzahlungen im Zusammenhang der Zwangsregistrierung von Sexarbeiter/innen

 Doña Carmen e.V. erwartet von Gesundheitsminister Spahn eine wohlwollende Prüfung der vorgetragenen Forderungen sowie eine schnelle, unbürokratische Umsetzung der unterbreiteten Vorschläge. Landesregierungen, Kommunen und Kreise sollten alles Notwendige veranlassen, dass Sexarbeiter/innen diesbezüglich mehrsprachig informiert werden, sodass sie nicht nur hinsichtlich ihrer Pflichten, sondern auch hinsichtlich ihrer Rechte im Bilde sind.

https://www.donacarmen.de/offener-brief-an-bundesgesundheitsminister-jens-spahn/

 
Dona Carmen e.V., Pressemitteilung, 16. März 2020