Wie ernst ist es der Stadt Frankfurt mit dem Klimaschutz?

erstellt von Solarverein Frankfurt e.V. — zuletzt geändert 2022-06-19T19:27:06+01:00
Wie ernst es der Stadt Frankfurt mit Klimaschutz ist, zeigt eine kürzlich eingereichte Klage der 100% städtischen ABG/Wohnheim GmbH gegen den Mieter Mielke. Dieser installierte 2020 zwei Solarmodule auf seinem gemieteten Balkon und wird nun von der ABG auf Entfernung eben dieser verklagt.

Innerhalb der Stadt ist Solarenergie die einzige regenerative Energie, die sich problemlos nutzen lässt. Die Solarmodule, auf einem Balkon aufgestellt, produzieren ca. 500 kWh jährlich. Das sind einige Euro Kosteneinsparungen pro Jahr und noch wichtiger: über 300 kg CO2-Einsparung! Einfach den Stecker in die Steckdose gesteckt, kann jeder Haushalt für etwa 8 ct/kwh seinen Strom selbst produzieren.

Handelsübliche Stecker-Solargeräte sind ungefähr 1,60 x 1,00 Meter groß und haben eine Leistung von 300 Watt. Sie werden für etwa 500 EUR mit einer Garantie von 25 Jahren angeboten.

„Solarmodule für Balkone sind für die Realisierung des 2015 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Masterplans für 100% Klimaschutz von essentieller Bedeutung.", erklärt Michael Brod vom Frankfurter Solarverein. „Um das im Masterplan errechnete Potential zu erreichen, ist der Einsatz von 5-6 Modulen pro Frankfurter*in notwendig. Ein Drittel davon an Fassaden.", so rechnet er vor. „An Balkonen, als Teil der Fassade, ist die Anbringung mit soliden Heimwerkerkenntnissen relativ unproblematisch. Diese Möglichkeit sollte initiativ durch Bürger*innen genutzt werden." Für das Voranschreiten der Energiewende ein wesentlicher, wichtiger Schritt.

Doch die Initiative des Mieters wurde und wird behindert: Zunächst monierte die ABG, dass sich die Module vor dem Balkon außerhalb des gemieteten Bereiches befanden. Herr Mielke bot an, diese Fläche mit zu mieten. Die ABG lehnte ab und bestand auf Entfernung. Herr Mielke stellte die beiden Solarmodule vollständig auf seinen Balkon. Von der Vermieterin ABG, die sich wiederholt öffentlich ihrer Solarinstallationen zusammen mit Mainova rühmt, wurde der Mieter daraufhin aufgefordert, diese von seinem Balkon umgehend zu entfernen.

Nachdem er den Aufforderungen nicht nachkam, reichte die ABG/Wohnheim GmbH Klage gegen den Mieter ein, statt sich um eine noch stärkere Nutzung ihres großen Flächenpotentials der ca. 54.000 Wohnungen zu bemühen.Der Geschäftsführer der stadteigenen ABG ist in seiner rückständigen Denkweise den klimapolitischen Herausforderungen nicht gewachsen.

Das widersprüchliche Verhalten der ABG macht eins dabei ganz deutlich: „Ja" zum Klimaschutz als profitable Imagepflege und eine klare Absage an diejenigen, die tatsächlich Klimaschutz und Kosteneinsparungen im Sinn haben.In einem vorliegenden Antwortschreiben* von Frank Junker, dem vorsitzenden Geschäftsführer der ABG steht: „Wir bitten um Verständnis dafür, dass einzelne Photovoltaikpaneele, die Mieterinnen und Mieter an den Fassaden oder wo auch immer anbringen, auch aus gestalterischer und insbesondere auch aus verkehrssicherungsrechtlichen Problemlagen heraus nicht zugelassen werden können."

Auf der Dachterrasse ist jedenfalls weit und breit kein Verkehr zu sehen und die beiden Module haben seit über 2 Jahren allen Stürmen standgehalten, was bei der Rauchabzugskuppel desselben Hauses nicht der Fall war: sie wurde im Februar vom Sturm aufgeklappt und bis heute noch nicht wieder in Gang gesetzt. Dafür wird jetzt gegen zwei unliebsame PV-Module geklagt: Der Prozess wird am 23.06.2022 am Amtsgericht Frankfurt öffentlich verhandelt. Umweltgruppen und der Verein Mieter helfen Mieter kündigten bereits jetzt schon eine Aktion um fünf nach zwölf an.

„Das kaum genutzte Potential, Strom auf dem Balkon zu produzieren, sollte staatlich gefördert und keinesfalls durch bürokratische Auflagen verhindert werden - mit dieser Klage wird effektiver Klimaschutz in Frankfurt weiter ausgebremst!" kritisiert Andrea Siebold von der Gruppe KlimAttac.

Auch die Initiator*innen des Frankfurter Klimaentscheids, deren Forderungen für die Stadt Frankfurt auf Klimaneutralität und gleichzeitigem Lebenskomfort abzielen, sind über das rigorose Vorgehen der ABG Holding entsetzt. „Mit Solaranlagen auf den Dächern Frankfurts könnten wir unabhängig von der Marktentwicklung etwa die Hälfte unseres Energiebedarfs mit günstigem Strom lokal decken.", bestätigt Detlef Schäfer. „Das schließt natürlich auch individuelle Klimaschutzmaßnahmen mit ein."

Quellen:
https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0417/mini-fotovoltaikanlagen-energiewende-auf-dem-balkon-041721.htmhttps://efahrer.chip.de/solaranlagen/gericht-stellt-klar-photovoltaik-balkonmodule-leisten-einen-wichtigen-beitrag_105905
https://www.pvplug.de/

*vorliegendes Schreiben der ABG vom 15.10.2020

Pressemitteilung 19.6.2022