Wiesbadener Bündnis gegen Rechts sieht in Drohbrief “Attacke auf Zivilgesellschaft”

erstellt von Wiesbadener Bündnis gegen Rechts — zuletzt geändert 2019-03-23T11:49:47+02:00
Zwei Kulturzentren erhalten Drohschreiben. Das „Wiesbadener Bündnis gegen Rechts“ sieht eine neue Dimension der Bedrohung. Und geht in die Offensive.

Zwei linke Kulturzentren, eines in Wiesbaden und eines in Mainz, haben einen gleichlautenden Drohbrief erhalten. Abgeschickt in Mainz, Absender unbekannt, Aussage deutlich: „Ein einfach zu merkender Satz: Agiert weiter so, sterben Asylanten … Wir drücken ab, aber ihr spannt den Hahn.“ Eine DIN-A4-Seite ist in Großbuchstaben vollgeschrieben mit hasserfüllten Beleidigungen, Beschimpfungen und Androhungen einer „gnadenlosen Jagd“.

Das „Wiesbadener Bündnis gegen Rechts“, ein loser Zusammenschluss aus rund 25 ganz unterschiedlichen Einrichtungen, Gruppen, Parteien und Organisationen, hat Strafanzeige bei der Wiesbadener Staatsanwaltschaft erstattet und sucht bewusst die Öffentlichkeit. Bei einer Freiluft-Pressekonferenz im Kulturpark erklärte heute Rechtsanwalt Matthias Paessler, der im Bündnis aktiv ist, warum sie in die Offensive gehen: „Diese Schreiben weisen eine neue Qualität und Dimension der Bedrohung von Rechtsaußen auf.  Es werden nicht nur die Adressaten der Briefe bedroht, die Bedrohung bezieht ganze gesellschaftliche Gruppierungen mit ein und nimmt diese in Mithaftung.“

„Attacken auf die Zivilgesellschaft“

Das Schreiben bedroht nicht explizit die Empfänger der Briefe, sondern fordert diese – und viele andere, von Parteien und Hilfsorganisationen bis hin zu Menschen, die ihre Wohnungen an Flüchtlinge vermieten – auf, ihr Engagement für Geflüchtete, Zugewanderte und Asylanten aufzugeben. Ansonsten würden Menschen angegriffen und getötet werden und jene, die sich für sie engagieren, zu „Mittätern“ werden. „Angegriffen werden somit nicht nur dezidiert linke Zentren und Personen“, erklären die Bündnis-Aktiven die aus ihrer Erfahung bisher nicht gekannte Qualität des Drohschreibens: „Es sind Attacken auf die Zivilgesellschaft, auf das Miteinander, die Mitmenschlichkeit“.

Der ebenfalls im Bündnis aktive Wiesbadener Arzt Michael Wilk interpretiert das Schreiben zwar als rein verbalen Einschüchterungsversuch und leitet daraus keine konkrete und schon gar keine akute Gefährdung Einzelner ab. Aber er beobachtet, dass die rechte Szene wachse und sich radikalisiere: „Dieser menschenverachtenden Propaganda müssen wir alle entschlossen gemeinsam die Stirn bieten. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich diese ausbreitet“. Das Bündnis stellt fest: “In Wiesbaden haben sich Gruppen gebildet, die unter dem Deckmantel, soziale Forderungen zu erheben, Hass und Rassismus schüren. Einzelpersonen erhalten Drohungen, und der rechte Mob zeigt sich offen auf der Straße.” Die “Grenze des Hinnehmbaren” sei längst überschritten.

“Wir lassen uns nicht einschüchtern”

Auf den Brief könne es nur eine Antwort geben, stellten die Bündnis-Vertreter bei der Pressekonferenz klar: „Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir machen weiter und halten zusammen.“ Es gelte für alle Wiesbadener*innen, „Verantwortung zu übernehmen, aktiv zu werden gegen die Verbreitung menschenverachtender Ideologien, in der Nachbarschaft genauso wie in den Parlamenten.“

sensor, 21. März 2019