Zu den Antisemitismusvorwürfen Uwe Beckers zu unserer Veranstaltung:

"Apartheid auch in Israel – nicht nur in den besetzten Gebieten?“. Diskussionsveranstaltung zum Bericht von Amnesty-International mit Prof. Moshe Zuckermann (Tel Aviv) am 9.6.2022 in der Saalbau Südbahnhof, Frankfurt

In einer Pressemitteilung der hessischen Staatskanzlei vom 31.5. werden Äußerungen des hessischen Antisemitismus-Beauftragten Uwe Becker zitiert, die unsere Veranstaltung in den Kontext (aus Sicht Beckers) antisemitischer Manifestationen in Deutschland stellen. Da Herr Becker über ein in der Zukunft liegendes Ereignis redet und kein einziges Argument in der Sache vorträgt, schließen wir: Für ihn ist die Thematisierung von Apartheid im Zusammenhang mit den Herrschaftspraktiken Israels an und für sich Ausdruck von Antisemitismus und Judenfeindlichkeit.

Dazu ist zunächst zu bemerken: Im Laufe des letzten Jahres haben insgesamt sechs renommierte Organisationen Berichte zu Apartheid in den von Israel beherrschten Gebieten vorgelegt. Diese sehen den Tatbestand der Apartheid erfüllt, entweder für Israel-Palästina insgesamt (BTselem und Amnesty International) oder beschränkt auf die besetzten Gebiete (Human Rights Watch, Yesh Din, der UN-Menschenrechtsrat und die IHRC Harvard Law School). Der auf unserer Veranstaltung diskutierte Bericht von Amnesty International (AI) im Januar dieses Jahres war der Fünfte in dieser Serie. Im Februar kam die Studie der Harvard Law School dazu.

Apartheid ist ein Rechtsbegriff des Völkerrechts. Die Gültigkeit der von Amnesty und in den anderen Berichten dargelegten Befunde ist an dem Maßstab zu messen, der sich aus den relevanten Rechtsquellen ergibt: Der Rassendiskriminierungskonvention von 1965, der Anti-Apartheidkonvention von 1974 und aus Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) von 1998.

Die bisherigen Stellungnahmen der Bundesregierung , wie die Auslassungen Beckers und die meisten Darstellungen in den Medien sind sachlich unbegründet, weil sie jeden Bezug auf die Definitionen des Völkerrechts vermissen lassen. Insbesondere der Einwand, der AI-Bericht leiste dem Antisemitismus „unfreiwillig Vorschub“ ist abwegig. Wenn schon, dann leisten die Menschenrechtsverletzungen der Kategorie „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ dem Antisemitismus Vorschub und nicht wissenschaftliche Berichte darüber. Als ein solches ordnet das Völkerrecht Apartheid ein.

Ziel der Veranstaltung am 9.6. ist es, den Bericht von Amnesty auf sachlicher, d.h. völkerrechtlicher Grundlage zu diskutieren.

Die Veranstaltung findet statt in den Räumlichkeiten der städtischen FRANKFURTER SAALBAU. Es ist die erste Veranstaltung in städtischen Räumen nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das die mit BDS-Beschlüssen begründete Praxis von Veranstaltungsverboten in städtischen Räumlichkeiten für verfassungswidrig erklärte. Uwe Becker hat als zuständiger Dezernent über einen Zeitraum von vier Jahren die Rechtmäßigkeit des Frankfurter BDS-Beschlusses nicht begründet. Das Schwerwiegendste dabei ist nicht, dass Becker in diesem Kontext einmal beweisbar klar und ein anderes Mal mutmaßlich gelogen hat (vgl. dazu die Dokumentation „Der kommunale BDS-Beschluss in Frankfurt – Chronik eines Verfassungsbruchs“). Schwerwiegender ist, was der rechtspolitische Sprecher der Frankfurter Stadtverordneten-Fraktion Dr. Uwe Schulz in einem Brief an den Oberbürgermeister Feldmann im Januar 2021 zum Ausdruck brachte: „Die von der Stadt ausgeübte Praxis, die insbesondere von Herrn Bürgermeister Becker politisch vorangetrieben wird, stellt eine gezielte Missachtung unseres Grundgesetzes und der Justiz dar. Die Verwaltung, so auch der Magistrat, ist an Recht und Gesetz gebunden.“

An Beckers Haltung, Verfassung und Rechtsprechung zu missachten, hat sich scheinbar nichts geändert. Dies belegt sein Artikel in der Jüdischen Allgemeinen, in dem der gelernte Bankkaufmann das höchste deutsche Verwaltungsgericht in Oberlehrermanier meint belehren zu sollen. Dies belegen seine Auslassungen zu unserer Veranstaltung. Herr Becker bietet offensichtlich nicht die Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitlich demokratische Ordnung einzutreten. Ebendies hat man einst Postboten abverlangt. Herr Becker aber ist Staatssekretär.

Für die Veranstalter:

Dr. Detlev Griesche, Arbeitskreis Nahost Bremen

Helmut Suttor, Laubestr. 6, 60594 Frankfurt (verantwortlich i.S. des Presserechts)

Stellungnahme der Veranstalter/2, 01.06.2022