antifa Erzählcafé: Die Scherer und die Alker

erstellt von VVN-BdA Frankfurt — zuletzt geändert 2020-02-10T12:11:30+02:00
Eine Familie von Nazis und Antifaschisten. Erzählt von Peter Scherer
  • Wann 13.02.2020 ab 18:00 Uhr (Europe/Berlin / UTC100)
  • Wo IG Metall, Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77, Vorraum der Zentralbibliothek, EG
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Der Familienforschung geht der Ruf der Enge und Provinzialität voraus. Doch die Scherer und die Alker sind von Spanien bis Stalingrad und von Rom bis Warnemünde unterwegs: Nazis und Antifaschisten, Ingenieure und Flieger, Künstler, Fotografen. Karl Alker baut die Tram in Genau. Sein Sohn Max fliegt und filmt an der Ostfront. Tochter Irma wird von einem Torpedoboot vor den Haien gerettet.

Sie leben und lieben, als gäbe es kein Morgen. Sie kämpfen um das nackte Dasein. Sie suchen Anerkennung und Sicherheit. Was sie erfahren, ist nacktes Entsetzen. Die, die überlebt haben, drehen und wenden ihre Erinnerungen.

Selten kommen sie alle so zusammen. Die Mutter, die nichts wegwerfen kann, eine Familie, die schreiben kann und schließlich Peter Scherer selbst, der alles ausgräbt.

In seinen Jugendjahren, so erzählt er, war er von einer Art "Postfaschismus" umgeben, der in Gestalt der beliebten Landser-Heftchen und anderer Hinterlassenschaften des Reiches so manchen Vormittag gefüllt hat. Wenn er dann seinen Vater auf langen Spaziergängen mit seinen neuesten Fronterlebnissen nervte, so spürt er heute noch den Widerstand und Widerwillen, den er ihm entgegensetzte. Er hat nicht nur die Nazis gehasst, sondern Nationalismus und Imperialismus in jeder ihrer Ausprägungen.

Am Tag der Befreiung saß er mit seiner Tochter vor dme Radio. Karla sah ihn fragend an und er sagte mit tiefem Aufatmen: "Deutschland hat den Krieg verloren, Gott sei Dank."

Als auch Peter einmal mit ihm vor dem Radio saß (das war Ende der 50er-Jahre), da wollte er mit ihm auf ein gutes Gelingen der Ernte in der Sowjetunion anstoßen. Er hat Peter mit jenem liebevollen Zweifel angesehen, der für ihn so typisch war:
"Meinst Du wirklich, dass von dort das Heil kommt?"

In Kooperation mit IG Metall Frankfurt