»Arisierung« von Wohneigentum durch die Stadt Frankfurt am Main zwischen 1933 und 1945

erstellt von Fritz Bauer Institut — zuletzt geändert 2018-01-24T12:34:09+02:00
Workshop des Fritz Bauer Instituts. Es nehmen ausgewiesene Expertinnen und Experten der NS-Geschichte teil, die sich zu einer Reihe von Großstädten mit dem Thema »Arisierung« intensiv beschäftigt haben und mit Publikationen dazu hervorgetreten sind. Der Workshop endet mit einer öffentlichen Diskussion.
  • Wann 05.02.2018 von 11:00 bis 15:00 (Europe/Berlin / UTC100)
  • Wo Campus Westend, Seminarhaus, Raum 5.104
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Im Jahr 1947 erstellte die Stadt Frankfurt am Main eine Übersicht über das von ihr in der Zeit des Nationalsozialismus »arisierte« Wohneigentum. Erarbeitet wurde sie von Adolf Miersch, der bereits in der Weimarer Zeit Dienststellenleiter der Abteilung Wohnungsbauförderung und Obermagistratsrat im Liegenschaftsamt war und diese Funktion auch im »Dritten Reich« behielt. Im September 1945 wurde Miersch, der sich am Aufkauf von Wohnungen aus jüdischem Besitz selbst beteiligt hatte, zum hauptamtlichen Beigeordneten (Stadtrat) ernannt und war seitdem Dezernent für das Tiefbauamt, ab 1954 auch für das Hochbauamt.

Auf der »Miersch-Liste«, die zu Zwecken der Restitution gedacht war, sind ca. 170 Liegenschaften genannt, die von der Stadt im Rahmen der »Arisierung« übernommen wurden, also der ideologisch motivierten und rigoros umgesetzten systematischen Enteignung und Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung. Die Liste ist Ausgangspunkt eines vom Fritz Bauer Institut und vom Förderverein Fritz Bauer Institut e.V. veranstalteten Workshops zur Erforschung der »Arisierung« von Wohneigentum in Frankfurt am Main im Nationalsozialismus.

Was lässt sich über Zuständigkeiten und Abläufe im städtischen Vorgehen sagen, welche Akteure der Stadtverwaltung standen im Vordergrund, in welchem Umfang wurde »arisiert« und worin lagen gegebenenfalls Besonderheiten, die Frankfurt von anderen Städten unterscheiden? Untersucht wurde der Immobilienraub jüngst von Dieter Wesp, der der Geschichte der Villa Kennedy nachging, einem um die Wende zum 20. Jahrhundert erbauten Wohnhaus einer jüdischen Bankiersfamilie, das die Stadt in der NS-Zeit in ihren Besitz brachte, im Jahr 2000 für eine zweistellige Millionensumme verkaufte und das heute ein Luxus-Hotel ist.

Mit: Prof. Dr. Christiane Kuller (Universität Erfurt) hat zu München gearbeitet, Prof. Dr. Frank Bajohr (Zentrum für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte, München/Berlin) zu Hamburg, Beate Schreiber (Berlin) zu Berlin und Dr. Christiane Fritsche (Wetzlar) zu Mannheim. Dieter Wesp, der in Frankfurt auf die »Miersch-Liste« gestoßen ist, nimmt ebenfalls teil, eingeladen ist auch Doris Eizenhöfer (Hanau), die an einer Dissertation zum Immobilienraub in Frankfurt am Main arbeitet. Auch das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt ist angefragt.

Ziel des Workshops ist es, anhand der verschiedenen kommunalen Beispiele, zu denen Impulsvorträge gehalten werden, den Forschungsstand zu diskutieren und zu überlegen, wie in Bezug auf Frankfurt die Quellensituation einzuschätzen ist und welche weiterführenden, neuen Fragestellungen sich gegebenenfalls entwickeln lassen.

Der Workshop endet mit einer öffentlichen Diskussion, in der die Ergebnisse vorgestellt werden und die Gelegenheit bietet, darüber nachzudenken, wie die Stadt Frankfurt heute mit ihrer Rolle als Akteur und Profiteur der »Arisierung« umgehen sollte.

Workshop-Programm
11:00–11:15 Uhr, Begrüßung: Jutta Ebeling (Förderverein), Prof. Dr. Sybille Steinbacher (Fritz Bauer Institut)
11:15–11:35 Uhr, Prof. Dr. Christiane Kuller (Erfurt): Das Beispiel München
11.35–11:55 Uhr, Prof. Dr. Frank Bajohr (München): Das Beispiel Hamburg
11:55–12:15 Uhr, Beate Schreiber (Berlin): Das Beispiel Berlin
12:15–12:35 Uhr, Dr. Christiane Fritsche (Wetzlar): Das Beispiel Mannheim
12:35–12:55 Uhr, Dieter Wesp (Frankfurt am Main): Das Beispiel Frankfurt am Main
13:00–13:30 Uhr, Weitere Aspekte und Diskussion der Ergebnisse
13:30–14:00 Uhr, Pause
14:00–15:00 Uhr, Öffentliche Podiumsdiskussion

Teilnahme am Workshop nur nach bestätigter Anmeldung per E-Mail: sekretariat.steinbacher@fritz-bauer-institut.de

Für die öffentliche Diskussion (ab 14:00 Uhr) ist keine Anmeldung erforderlich.